Hintergrund

Usenet und Newsgroups - eine eigene Welt im Internet

Diskussion-Gruppen bieten eine riesige Wissendatenbank
Von dpa / Thorsten Neuhetzki

Wer sich unter dem Internet nur das World Wide Web vorstellt, der hat etwas verpasst: Neben dem WWW gibt es schon seit der Entstehung des Internets eine andere Webwelt, dessen Kommunikationsnetz die Anwender in Eigenregie aufgebaut haben - das Usenet mit seinen Newsgroups. In Tausenden von Foren tauschen sich Nutzer hier zu jedem erdenklichen Thema aus und helfen sich gegenseitig bei Problemen. Das Usenet stellt so eine Servicestation von Anwendern für Anwender dar, 24 Stunden offen und mit kostenloser Beratung.

Anfänger sollten sich zunächst gut einlesen, denn im Usenet gelten strenge Verhaltensregeln. Wer bereit ist Geld zu zahlen, findet zudem spezielle Dienste mit einem reichhaltigen Angebot an Downloads. Doch das System der virtuellen Gesprächsrunden hat auch seine Schattenseiten: Unseriöse Werbefirmen nutzen Beiträge, um Kundenprofile zu erstellen und E-Mail-Adressen zu sammeln. Zudem missbrauchen Kriminelle das Informationsnetz, um illegales Material wie Kinderpornos zu tauschen.

Die Usenet-Software hat fast jeder auf seinem Rechner

"In Newsgroups finden Anwender schnell und einfach Expertentipps und Gleichgesinnte für Diskussionen", sagt Irene Nadler, Sprecherin von Microsoft Deutschland. Dabei gebe es wohl kaum eine Frage, die in dem 1979 in den USA entwickelten Usenet nicht schon gestellt wurde: Von Strickanleitungen bis zu PC-Problemen reiche die Themen-Palette.

Um am Usenet teilzunehmen, benötigten Anwender zunächst eine spezielle Software als Newsreader - diese ist in vielen E-Mail-Programmen bereits enthalten. Am meisten verbreitet, wenn auch zugleich bei den Freaks am meisten verpönt, ist Outlook Express. Hier muss der Nutzer einen Newsserver eintragen, der die Newsgroups bereitstellt: Viele nutzen hierfür denselben Anbieter, von dem sie auch ihren Internetzugang erhalten. Kostenfrei, äußerst umfangreich und von jedem Provider aus nutzbar ist der Newsserver news.individual.de von der Freien Universität Berlin. Aber auch viele Internetprovider bieten ihren Kunden Newsserver an. Im Newsreader kann der Anwender dann Gruppen abonnieren und die Inhalte bei Bedarf herunterladen, um sie auch offline zu lesen.

Wer nur selten das Usenet nutzt, könne dies auch mit dem Internetbrowser tun, sagt der Informatikstudent Michael Jendryschik aus Dortmund, der im Internet unter www.jendryschik.de eine Usenet-Einführung gibt. Viele Newsgroups würden mittlerweile auch im WWW abgebildet und könnten so über Anbieter wie Google genutzt werden.

Praktisch ist dies vor allem, um mittels der Stichwortsuche eine passende Gruppe für das eigene Thema zu finden - denn wer kommt schon darauf, dass eine Newsgroup zum Thema Kochrezepte ".de.rec.mampf" heißt? Einen Anhaltspunkt geben die Abkürzungen der Newsgroups, denn diese sind thematisch und nach Ländern geordnet. So kennzeichnet das Kürzel ".de" ein deutschsprachiges Forum, auf technische Themen weist die Abkürzung ".comp" hin. Auch als Alternative zur Internet-Tauschbörse werden Newsgroups genutzt: Bilder, MP3-Musikstücke oder Filme können in speziellen Gruppen als Binär-Daten angeboten werden. Aufgrund der umfangreichen Daten sind diese Server allerdings meist kostenpflichtig.

Mit der Netiquette regeln die User ihr Verhalten selber

Die so genannte Netiquette [Link entfernt] legt Verhaltenregeln im Usenet fest. Verpönt ist es zum Beispiel, Newsgroups für Werbezwecke zu missbrauchen und unter falschem oder gar keinem Namen aufzutreten. Außerdem sollten Einsteiger keine Fragen stellen, die schon längst beantwortet wurden. Besser sollten Neuleser in einer Gruppe erst einige Tage mitlesen, bevor sie das Posten anfangen. Für Neulinge, im Internetjargon "newbies", gibt es spezielle Newsgroups, in denen häufige Fragen erläutert werden. Einsteiger sollten sich für das Usenet zudem eine eigene E-Mail-Adresse mit Spam-Filter beschaffen, denn unseriöse Firmen können E-Mail-Adressen aus Newsgroups für Werbe-Mails sammeln und aus den Beiträgen Kundenprofile erstellen.

An die selbst aufgestellten Regeln der Usenet-Nutzer halten sich aber längst nicht alle Teilnehmer. "Leider nutzen auch Kriminelle das Usenet zum Beispiel zum Austauschen von Kinderpornografie", sagt Dirk Büchner, Sprecher des Bundeskriminalamtes in Wiesbaden, das seit 1999 eine eigene Abteilung zur Ermittlung derartiger Straftaten im Internet eingerichtet hat. Diese habe in den vergangenen Jahren im Usenet die meisten Verdachtsfälle im Bereich der Internetkriminalität gefunden.

Newsgroups eigneten sich als Treffpunkt für dunkle Gestalten besonders, da sie sich dort von außen abschotten und via E-Mail eine direkte Kommunikation aufbauen können. Anwender sollten im Usenet darauf achten, dass ihnen keinesfalls verbotene Inhalte in die Hände fallen und weder aus Neugierde noch um Detektiv zu spielen dubios klingende Newsgroups betreten. Bei Kinderpornografie könne schon das Betrachten im Browser strafbar sein, da hier temporäre Dateien herunter geladen werden.

Bei ihrem ersten Besuch sollten Nutzer außerdem nicht erschrecken, wenn sie zunächst durch den Slang im Usenet kein Wort verstehen, sagt Jendryschik. So handele es sich beispielsweise bei der Floskel "AFAIK" nicht um einen Tippfehler, sondern um die Abkürzung für "as far as I know" - zu deutsch "soweit ich weiß".