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China: Drei Standards für die dritte Mobilfunkgeneration

In China werden Netze für TD-SCDMA, W-CDMA und CDMA-2000 aufgebaut
Von dpa / Marie-Anne Winter

China, mit fast 400 Millionen Handynutzern schon heute der größte Mobilfunkmarkt der Welt, geht bei der nächsten Mobilfunk-Generation einen Sonderweg. Das Ministerium für Informationsindustrie (MII [Link entfernt] ) machte die in China in Kooperation mit Siemens entwickelte TD-SCDMA-Technologie zum nationalen Standard. Es war höchste Zeit, denn die Lizenzen müssen dieses Jahr vergeben werden, wenn zu den Olympischen Spielen 2008 in Peking ein ausgereiftes mobiles Hochgeschwindigkeitsnetz zur Verfügung stehen soll.

Es wird erwartet, dass China am Ende das einzige Land sein wird, dass gleichzeitig drei Standards der neuen Generation pflegen wird: Sein eigenes TD-SCDMA (Time Division Synchronous Code Division Multiple Access), den heutigen weltweiten Standard W-CDMA (Wideband Code Division Multiple Access), der in Deutschland als UMTS bekannt ist, sowie in geringerem Maße das heute vor allem in den USA und Japan benutzte CDMA-2000.

Der eigene Standard wird besonders gefördert

Die dritte Mobilfunk-Generation dürfte in dem schnell wachsenden chinesischen Markt Investitionen in Milliardenhöhe auslösen. Zwar ist Chinas neuer Standard noch lange nicht so ausgereift wie die anderen, wird aber staatlich kräftig gefördert und bekommt einen Vorsprung. Weltweit gibt es bereits 160 Netze der dritten Generation, die zu 80 Prozent mit W-CDMA laufen. Indem in China erst Lizenzen für TD-SCDMA vergeben werden, können die Betreiber die Infrastruktur aufbauen und nötige Erfahrungen im kommerziellen Betrieb sammeln. "Das wird die Schwächen einer unvollständigen industriellen TD-SCDMA-Kette und den Mangel an erprobten Projekten für die Reifung der Technologie ausgleichen", glaubt der Branchendienst Analysys.

Die Technologie war entwickelt worden, um nicht von ausländischen Unternehmen abhängig zu sein oder sich nicht "versklaven" zu lassen, wie ein chinesischer Kommentator schrieb. Nicht ohne Nationalstolz wird TD-SCDMA jetzt als "historischer Durchbruch" gefeiert. An der Entwicklung mit Datang Telecom [Link entfernt] und der Akademie für Telekommunikation hatte der deutsche Siemens-Konzern seit Ende der 90er Jahre großen Anteil. Doch liegen wichtige Patente in chinesischen Händen.

Technisch zeichnet sich das Verfahren vor allem dadurch aus, dass es beim Senden und Empfangen mit einer variablen Bandbreite und damit unterm Strich effizienter arbeitet. Nach kleineren, erfolgreichen Versuchen werden jetzt im Frühjahr in drei oder vier Städten große TD-SCDMA-Netze aufgebaut und die Funktionstüchtigkeit mit anderen Netzen für ein paar Monate im Alltag getestet.

Wer bekommt die Lizenz?

Wer die Lizenz bekommt, wird heftig diskutiert. Doch deutet vieles darauf hin, dass die beiden großen Festnetzbetreiber China Telecom oder China Netcom [Link entfernt] zum Zuge kommen werden, wobei die Telecom die besten Karten zu haben scheint. Die beiden großen Mobilfunkanbieter China Mobile und China Unicom dürften nicht völlig neue technologische Standards einführen wollen. Es wird erwartet, dass China Mobile, der dem europäischen GSM-Standard nutzt, den weltweiten W-CDMA-Standard weiterverfolgen wird und China Unicom vom heutigen CDMA-Netz zu CDMA-2000 übergeht.

Die großen Handy-Hersteller wie Nokia und Sony Ericsson stehen bereit für den neuen Standard. Eine im Jahr 2000 gegründete TD-SCDMA-Allianz zählt 420 Mitglieder. In der ersten Phase dürften TD-SCDMA-Handys mit GSM kompatibel sein, im nächsten Schritt auch mit W-CDMA. Wegen der verschiedenen Standards müssten am Ende zwangsläufig Multi-Mode-Handys her. Wenn sich das nationale TD-SCDMA-Hochgeschwindigkeitsnetz in China erfolgreich entwickeln und groß werden sollte, dürfte die chinesische Technologie auch international an Einfluss gewinnen und exportiert werden - zunächst wohl aber erst in andere Schwellenländer in Asien.