Probleme

Vistas Kinderkrankheiten: Fehlende Treiber und Lücken im System

T-Online-Software nicht lauffähig
Von dpa / Ralf Trautmann

Ein modernes Betriebssystem enthält Millionen Zeilen Code. Das gilt auch für Windows Vista. Tausende Menschen haben Jahre damit zugebracht, das neueste Produkt von Microsoft zu entwickeln - viel Potenzial für Fehler. Obwohl Vista nun schon einige Wochen auf dem Markt ist, halten sich schlechte Nachrichten darüber zwar in Grenzen. Ein paar Macken hat Vista aber.

Stress mit Vista haben zum Beispiel T-Online-Kunden, die die Internet-Software des Providers nutzen möchten: Die läuft unter Vista nicht. Das Problem soll in den kommenden Wochen behoben werden. Bis dahin kommen T-Online-Nutzer ins Internet, in dem sie die Verbindung manuell unter "Verbindung einstellen" zu Stande bringen.

"Das größte Problem sind fehlende Treiber", sagt Axel Vahldiek von der in Hannover erscheinenden Zeitschrift c't. Ohne diese Treiber, die in der Regel von den Hardware-Herstellern zur Verfügung gestellt werden, laufen die Geräte nicht oder nur eingeschränkt. Betroffen ist keineswegs nur ältere und exotische Hardware: Der Grafikchip GeForce 8800 zum Beispiel ist auf schnellen, hochwertigen Grafikkarten zu finden. Und er unterstützt die unter Vista verwendete Grafikschnittstelle DirectX 10. Nur hatte es Nvidia bis Ende Februar nicht geschafft, einen fertigen Treiber bereitzustellen.

Auf der Website des Marktführers in Sachen Grafikchips war längere Zeit nur eine Beta-Version, also eine Vorab-Variante, des Treibers zu finden. Axel Vahldiek rät jedoch davon ab, solche Beta-Treiber zu nutzen: "Die arbeiten keinesfalls fehlerfrei." Ihre Verwendung könne zum Verlust von Daten führen.

Vista mit einzelnen Sicherheitsproblemen

Ein anderes Problem betrifft die Sicherheit von Vista: Aus Sicht des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in Bonn ist die aktuelle Diskussion um Vistas Benutzerkontensteuerung, User Account Control (UAC), besonders spannend, sagt Thomas Caspers, Experte für Betriebssystemsicherheit. Angestoßen worden sei die Diskussion durch die polnische Sicherheitsexpertin Joanna Rutkowska, die auf eine Lücke im System aufmerksam gemacht hat.

Die Benutzerkontensteuerung ist so gestaltet, dass sie für die Installation neuer Software nach Administratoren verlangt. Das erhöht zunächst die Sicherheit. Es bedeutet Rutkowska zufolge aber auch, dass zum Beispiel für die Installation eines aus dem Internet heruntergeladenen Spiels die vollen Rechte verlangt werden. Technisch wäre das gar nicht notwendig. Wenn sich nun in diesem Spiel ein Schädling versteckt, könnte es den Rechner angreifen.

Passwörter können nicht mehr, als neugierigen Laien den Blick auf den Rechner zu verwehren. Wer auch nur ein bisschen Willen hat, knackt auch die Zugangspasswörter von Windows Vista. Das russische Unternehmen Elcomsoft zum Beispiel bietet eine entsprechende Software an - für Anwender, die ihr Passwort vergessen haben. Wer eine Vista-Version mit dem Verschlüsselungsprogramm BitLocker hat, sollte sie nutzen. Denn Dateien, die mit BitLocker verschlüsselt worden sind, bleiben auch unlesbar, wenn sich jemand mit Hilfe des Elcomsoft-Programms Zugang zum Rechner verschafft hat.

Experte: Keine größeren Probleme mit dem neuen Betriebssystem

Ein potenzielles Sicherheitsleck stellt das Spracherkennungssystem von Windows Vista dar. Es lässt sich theoretisch dazu verwenden, über das Internet Befehle an fremde Rechner zu schicken. Es bleibt laut Thomas Caspers vom BSI aber abschließend zu klären, ob die sprechende Malware eher als eine amüsante Geschichte oder in bestimmten Szenarien doch als ernste Bedrohung betrachtet werden muss. Das BSI gehe eher nicht von einer ernsthaften Bedrohung aus.

So sind es vor allem "Kinderkrankheiten", mit denen sich Vista-Nutzer jetzt herumschlagen müssen. Zum Beispiel erhalten manche Anti-Viren-Programm unter Vista nicht standardmäßig Rechte, um auf alle Ordner zugreifen zu können, erklärt Axel Vahldiek. Doch wenn ein Virenscanner bestimmte Bereiche ausspart, in denen sich dann vielleicht Schädlinge verstecken, wird deren Arbeit hinfällig. In solchen Fällen ist eine manuelle Konfiguration notwendig.

Große Probleme macht Vista bisher nicht. Peter Knaak, Computerexperte der Stiftung Warentest in Berlin, geht jedoch davon aus, dass Vista in den kommenden Wochen und Monaten noch einige Schwachstellen offenbaren wird. Er rät deshalb, mit einem Umstieg auf Vista zu warten, bis Microsoft das Servicepack 1, eine Sammlung von Updates zum Flicken des Systems, herausgibt. Einen Termin für die Veröffentlichung des Service Pack ein gebe es noch nicht, sagt Microsoft-Sprecherin Irene Nadler in München. Sicher sei aber, dass Microsoft sicherheitskritische Updates wie bisher auch regelmäßig über die Update-Funktion von Windows verteilt.