Erklären

Komplexere Geräte erschweren die Verständlichkeit von Bedienungsanleitungen

Aus dem Alltag eines technischen Journalisten
Von dpa /

Gebrauchsanleitungen haben traditionell ein Imageproblem. Viele Verbraucher verbinden sie mit unfreiwilliger Komik. Als Klassiker dieser Art gilt das "Superman"-Kostüm für Kinder mit dem nützlichen Hinweis: "Das Tragen dieses Kleidungsstücks ermöglicht es nicht zu fliegen." Zahlreiche Leute verzweifeln auch an Passagen wie: "Indem Sie die Druckformatvorlage des Dokuments mit der Druckformatvorlage der Druckformatvorlage verbinden, können Sie die Druckformatvorlage der Dokumentenvorlage aktualisieren." Werner Rudolf ist an diesen Formulierungen unbeteiligt, obwohl er ganz nah am Thema ist. Er verfasst Gebrauchsanleitungen und ist über die Texte mancher Autorenkollegen selbst verwundert. "Diese neuen Videorecorder zum Beispiel sind schlimm. Das ist für mich ein Albtraum."

Vermutlich hatten Hunderttausende Bundesbürger schon einen Text des Rendsburgers in der Hand und suchten dort Hilfe, um schnurlose Telefone und DSL-Router der Deutschen Telekom zu verstehen. Da tauchen viele Fragen auf. Allein ein heutiges Durchschnitts-Telefon bietet beispielsweise etwa 40 bis 50 Funktionen. Unterstützung bei der Bedienung der oftmals komplizierten Geräte geben Sätze wie etwa auf Seite zehn einer von Rudolfs Anleitungen: "Falls das System nicht mehr korrekt antwortet, oder in irgendeiner Form aufhört zu arbeiten, können Sie einen Reboot (Neustart) durchführen. Ihre Einstellungen werden dabei nicht verändert." Höfliche Anweisungen wie diese entstehen nicht in der Bonner Zentrale der Telekom, sondern in einem kleinen Rendsburger Büro mit Zimmerpalme, mehreren Computern diverser Generationen aus den letzten 20 Jahren, zahllosen Telefonen und einem Ausblick auf einen Bahndamm und Werftkräne. 

Rudolf: "Verbraucher fordern immer Leistungsmerkmale und sind später dann überfordert"

Zwei bis drei Wochen feilt der gelernte Elektroniker im Schnitt an einem neuen Handbuch. Seit er sich nach einer langjährigen Tätigkeit beim Kieler Telefonhersteller Hagenuk selbstständig machte, ist er ein gefragter Experte. "Ich habe glücklicherweise außer meiner geleisteten Arbeit noch nie Werbung für mich machen müssen." Hochsaison ist für den 48-Jährigen vor allem vor der Computermesse CeBIT und vor dem Weihnachtsgeschäft. "Dann bringen die Hersteller viele neue Geräte auf den Markt." Als Quereinsteiger nennt er sich "technischer Journalist". Denn die Bezeichnung "technischer Redakteur" ist inzwischen nur noch Absolventen von neuen Studiengängen etwa in Hannover vorbehalten. Was er von den schlichten Zeichnungen etwa bei IKEA-Anleitungen hält? Eine Menge: "Wenn alles über Piktogramme abzuhandeln wäre, wäre es wunderbar. IKEA für alle!"

Aber so ist es eben nicht. Die Geräte werden immer komplexer, der Erklärungsbedarf immer größer. Dazu leisten die Verbraucher auch ihren Beitrag: "Wenn die Leute in ein Geschäft kommen, wollen sie ein Gerät mit möglichst vielen Leistungsmerkmalen. Egal, ob sie das später nutzen oder nicht. Das ist ihnen auch nicht vorzuwerfen." Doch der Trend ist klar: Die Handbücher werden immer dicker. Inzwischen werden dort oft nur noch wichtigste Funktionen erklärt, die alles umfassende Bedienungsanleitung auf eine CD verbannt oder im Internet zum Herunterladen angeboten.

Wenn Rudolf seine Texte für den einen oder anderen Zulieferer der Telekom schreibt, hat er im Regelfall nur das nackte Gerät, Schaltpläne und Computertabellen in der Hand. "Zum Teil greife ich noch in den Ablauf ein." Dann werden etwa Menüpunkte in ein besseres Deutsch geglättet. Dem Leser keine Befehle geben, lieber Infinitive als Imperative einsetzen, klar gliedern und den Benutzer nicht überfordern - das gehört zu den Eckpfeilern einer guten Anleitung, schildert Rudolf. Doch bei aller Mühe macht sich der Telefonexperte keine Illusionen: "Niemand liest eine Gebrauchsanweisung von vorne bis hinten. Es ist ja kein Krimi, der den Leser fesselt und bei dem man selbst rausfinden möchte, wer der Mörder ist."

Sicherlich haben auch Sie, lieber Leser, eine Menge Erfahrungen im Umgang mit Telefonen, Handys und anderer TK-Hardware und auch die ein oder andere Leidens- oder Erfolgsstory mit Bedienungsanleitungen. Teilen Sie diese doch mit uns und anderen Lesern und berichten Sie darüber in unserem Forum.