Informationsbedarf

Mit den Eltern im Internet

Wie Erwachsene für die Medienerziehung ihrer Kinder fit gemacht werden
Von dpa / Janko Weßlowsky

Der Sprössling tippt in Windeseile eine SMS in sein Handy, chattet in verschiedenen Internet-Blogs und spielt mit Freunden auf LAN-Partys Computerspiele. Viele Eltern dagegen sind froh, wenn sie überhaupt wissen, was LAN-Partys sind. "Sie sind sich unsicher, was sie ihren Kindern erlauben dürfen und was nicht", sagt die Regionalbeauftragte für den bayerischen "Elterntalk", Marion Heß-Eberhardinger. Bei den von ihr mitorganisierten Elterngesprächen diskutieren Mütter und Väter über die Themen Fernsehen, Computer, Internet oder Handy und tauschen Erfahrungen aus.

Der Informationsbedarf von Seiten der Eltern wächst: Die niedersächsische Stadt Celle hat deswegen jüngst Erwachsene zum Computerspielen eingeladen. Rund 120 Mütter und Väter konnten an 30 vernetzten Computern bei der laut Veranstalter bundesweit bislang ersten LAN-Party für Eltern einen Einblick in die Erlebniswelt ihrer Kinder bekommen. Besonders über die so genannten Killerspiele ist bundesweit längst eine Debatte entbrannt. Einige Politiker sprechen sich für ein Verbot aus. Wissenschaftler konnten den Zusammenhang zwischen Gewaltspielen und dem Aggressionsverhalten Jugendlicher dagegen nicht zweifelsfrei nachweisen. Bei Eltern bleibt das große Fragezeichen.

Diese Unsicherheit will eine neue Initiative der Landesanstalt für Medien in Nordrhein-Westfalen und des Adolf-Grimme-Instituts beseitigen. Unter dem Namen "Eltern+Medien" soll das im Juni gestartete Projekt Müttern und Vätern bei der Medienerziehung ihrer Kinder helfen. Der Beratungs- und Aufklärungsbedarf bei Eltern wachse, sagt Projektleiter Wolfgang Zielinski. Dementsprechend "überwältigend" war die Resonanz auf das Projekt. Rund 300 Veranstaltungen plant die Initiative für dieses Jahr. Gemeinsam mit Medienpädagogen sollen dort Eltern fragen und diskutieren können.

Keine Patentlösung vorhanden

Auch andere Eltern-Angebote in ganz Deutschland reagieren auf das gestiegene Informationsbedürfnis zu den Themen Handy, Computer und Internet. "Genauso wie ich meinem Kind Verkehrserziehung beibringe und dass es nicht bei Rot über die Straße gehen soll, so muss ich das mit dem Internet machen", sagt Gaby Becker vom "Internet-ABC". Auf der gleichnamigen Internetseite bietet der Verein Informationen rund um das Internet an. Unter den Punkten Chatten, Hausaufgaben im Netz, Kaufen im Internet, Podcast oder Blogging informieren sich zunehmend mehr Mütter und Väter über die bislang für sie unbekannten Welten des Internets. "Wenn die Eltern selbst nicht so fit sind, können sie sich das auch von ihren Kindern erklären lassen", rät Becker.

Die Firma Turtle Entertainment betreibt die "Electronic Sports League" (ESL), die Liga für Sport-Computerspiele. Zu ihren Computer-Turnieren begleiten Eltern ihre Kinder nach Erfahrung von Sprecher Ibrahim Mazari nur selten. "Computerspiele sind in der Lebenswelt der Jugendlichen Alltag, für die Eltern aber nicht." Damit sich das ändert, will Turtle Entertainment fortan auch Lehrer und Eltern gezielt zu seinen Computerspiel-Turnieren einladen. "Das Thema sorgt noch für Unsicherheit, Grund ist der Mangel an "Know-how"", sagt Mazari.

Das fehlende Wissen lasse bei einigen Eltern gar ein schlechtes Gewissen aufkommen, sagt Zielinski von der Initiative Eltern+Medien. "Viele Eltern denken offensichtlich, sie machen sehr viel falsch." Eine "Patentlösung" für Handy-, Computer- oder Internetnutzung gebe es aber nicht. "Es gibt nicht "die zehn goldenen Regeln", die die Eltern gerne hätten." Gaby Becker vom "Internet-ABC" rät, Grenzen zusammen zu erarbeiten. "Eltern können sich Internetseiten oder Computerspiele erstmal gemeinsam mit den Kindern anschauen." Das bringe oft auch ungeahnte Pluspunkte, sagt Heß-Eberhardinger vom "Elterntalk": "Da sind die Kinder dann auch stolz auf ihre Eltern, wenn diese sich auf dem Laufenden halten."