lukrativ

Mobilfunkfirmen setzen auf das Handy als Werbeplattform

Reklame gegen Freiminuten
Von ddp / Ralf Trautmann

Fernseher, Radio und Computer sind bei den meisten Menschen nur ein paar Stunden am Tag eingeschaltet - das Handy dagegen rund um die Uhr. 24-Stunden-Erreichbarkeit von Kunden ist der Traum aller Werbeleute, trotzdem wird das Mobiltelefon als Werbeträger bislang wenig genutzt. Das wollen die Mobilfunkkonzerne in Zukunft ändern. Egal ob mit SMS-Texten, Internetanzeigen auf dem Handy oder mit interaktiven Werbeaktionen - die großen Mobilfunkfirmen kündigen geschlossen an, dass sie verstärkt auf Werbebotschaften auf dem Handy setzen wollen. Während die Unternehmen auf einen lukrativen Werbemarkt hoffen, stellen sich Verbraucherschützer auf eine Beschwerdewelle von entnervten Handynutzern ein.

In England und den USA bieten einzelne Mobilfunkkonzerne bereits Tarife für junge Leute an, die komplett durch Werbung finanziert werden: Die jungen Handybesitzer bekommen Werbebotschaften per SMS und kassieren im Gegenzug Frei-SMS und Freiminuten zum Abtelefonieren. Dafür geben sie ein ausführliches Nutzerprofil an, das die Mobilfunkanbieter brauchen, um die Werbung auf die individuellen Interessen zuzuschneiden.

In Deutschland stehen die Unternehmen noch am Anfang. E-Plus und T-Mobile wollen noch in diesem Jahr ihre Pläne für umfangreiche Werbekonzepte auf dem Handy vorstellen. Vodafone richtet derzeit eine ganze Abteilung ein, die sich ausschließlich mit neuen Werbeformen auf dem Handy beschäftigen soll.

Personalisierte Werbung soll Schlüssel zum Erfolg sein

Neben Werbebotschaften per SMS denken die Firmen an Sprachbotschaften und Werbespots auf dem Handy. Außerdem wollen sie die Internetwerbung auf dem Mobiltelefon vorantreiben und die Handynutzer selbst aktiv werden lassen. Schon jetzt werben Firmen auf Getränkedosen oder Plakaten mit Codes für Handydownloads und locken die Kunden damit auf ihre Internetseiten. Dazu kommen Handyportale mit kostenlosen Spiele- oder Musikdownloads, die Kunden anziehen und dadurch zu vielversprechenden Werbeflächen werden.

"Das Handy ist neben Schlüssel und Portemonnaie immer dabei", sagt T-Mobile-Sprecherin Ramona Stahl. Das biete für die Werbung großes Potenzial. Die ständige Erreichbarkeit habe aber auch ihre Tücken, meint E-Plus-Sprecher Guido Heitmann: "Man muss aufpassen, dass man den Kunden nicht belästigt." Eine Welle von Werbe-SMS oder störende Sprachbotschaften zum falschen Zeitpunkt könnten Kunden schnell vergraulen.

Der Schlüssel sei personalisierte Werbung - und dafür bräuchten die Mobilfunkanbieter möglichst viele Informationen über ihre Nutzer, sagt Heitmann. In Zukunft sei vieles denkbar, meint er: Ein Kunde spaziert durch die Stadt, kommt an einem Musikgeschäft vorbei und erhält eine SMS, dass seine Lieblings-CD in dem Laden im Angebot ist. Handy-Ortung und ein paar Daten, die der Kunde selbst abliefert, könnten solche Szenarien möglich machen.

Verbraucherschützer: Konsumenten sind leichtsinnig

Die deutschen Verbraucherschützer sind misstrauisch. "Verbraucher sind oft sehr leichtsinnig darin, ihre Daten weiterzugeben", warnt Patrick von Braunmühl vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv [Link entfernt] ). Oft gäben sie Informationen schon gegen eine kleine Belohnung weiter - für ein paar Freiminuten oder einen kostenlosen Musikdownload. "Und nachher wundern sich viele, welche Ausmaße das annimmt", sagt Braunmühl.

Der Verbraucherschützer befürchtet, dass die Werbung auf dem Handy eine ähnliche Beschwerdewelle lostreten könnte wie Spam-Mails im Internet. "Da haben wir millionenfach Beschwerden bekommen", erzählt er. Schon jetzt klagten Verbraucher immer wieder über unerwünschte Werbe-SMS. "Rechtlich ist das eine Grauzone", sagt Braunmühl. Kunden müssten einwilligen, Werbebotschaften zu empfangen, und jederzeit die Möglichkeit zum Widerruf haben - ansonsten sei diese Form der Werbung unzulässig. Genaue Regeln fehlten jedoch.

Noch ist das Geschäft so unbedeutend, dass es in den Werbe-Statistiken nicht auftaucht. US-amerikanische Marktforscher schätzen jedoch, dass der Weltmarkt für Werbung auf dem Handy bis 2011 auf sieben bis zehn Milliarden Euro wachsen könnte.

"Ich denke, dass der Markt für mobile Werbung in Deutschland so groß werden kann wie der Online-Werbemarkt von heute", sagt Ralf Schengber, Leiter des Instituts für Mobile Marketing in Münster. Das sind nach Angaben des Zentralverbandes der deutschen Werbewirtschaft bislang knapp drei Prozent des deutschen Werbemarktes. Noch fühle sich ein Großteil der Kunden durch Marketing über das Handy gestört, sagt Schengber. Das zu überwinden, sei aber nur eine Frage der Zeit: "Bei uns braucht der Nutzer immer eine Weile, bis er mit etwas warm wird."