ergonomisch

Schneller und einfacher SMS-Schreiben

Wissenschaftler arbeiten an SMS-Bibliothek
Von ddp / Marie-Anne Winter

Oliver Jokisch schreibt kaum SMS. Gelesen hat er in den vergangenen Monaten aber Hunderte der Handy-Nachrichten. Beruflich bedingt - denn Jokisch leitet ein Forschungsprojekt der GWT-TUD GmbH, Dresden, die für die Technische Universität (TU) Wissen an die Wirtschaft vermarktet. Der 37-jährige Projektleiter legt gemeinsam mit seinem Team eine SMS-Bibliothek an. 1,2 Millionen Wörter sind bereits eingegeben. Mit ihrer Hilfe entwickelt Jokischs Team Technologien, die die künftige Handy-Generation benutzerfreundlicher für das Nachrichtentippen machen soll.

Das Projekt solle die Ergonomie der Mobiltelefone verbessern, erläutert Jokisch. Praxisnah formuliert er das so: "Sie verbiegen sich ihre Finger weniger und sind im Idealfall schneller". Unter anderem arbeiteten die Forscher an einer "intelligenten Textergänzung", die ganze Satzteile automatisch einfüge, verrät der Projektleiter. Dafür müssen die Wissenschaftler SMS-Sätze inhaltlich erfassen, die Satzstellung in den Textnachrichten analysieren und häufige Wortfolgen untersuchen.

Die Arbeit an einem reinen Textprojekt ist ziemliches Neuland für Jokischs Abteilung. Mit den Forschungsergebnissen wollen sich die Wissenschaftler in der Telekommunikationsbranche neu positionieren. In den vergangenen Jahren haben sie vor allem Technologien rund um Sprachcomputer entwickelt. Ein wichtiger Partner der GWT war die Siemens-Handysparte. Deren Verkauf an BenQ Mobile und die folgende Pleite markierte das Ende der Partnerschaft. Die Forscher wollen nun mit neuen Entwicklungen an neue Kunden herantreten. Das Geld aus dem Verkauf ihrer Technologien kommt am Ende der TU Dresden zugute.

Bisher geringes Interesse der SMS-Schreiber

Für das SMS-Projekt [Link entfernt] braucht das Team mehr als 100 000 alltagsgetreue Kurznachrichten von Teilnehmern zwischen 15 und 60 Jahren, um repräsentative Statistiken zu erstellen. Bislang ist die Beteiligung mau. Rund 500 Teilnehmer hätten ihre Nachrichten auf der Internetseite eingegeben, schätzt Jokisch. Nötig seien doppelt so viele. Zweimal wurde das Projekt bereits verlängert. Der Leiter weiß, dass die Teilnahmeprämie von zehn Euro vor allem für Ältere kein großer Anreiz ist. Das Projekt jedoch markiert einen Schritt in eine neue Forschungsrichtung. Es gibt noch kein Unternehmen als finanzstarken Auftraggeber und daher kein üppiges Honorarbudget.

Teilnehmer Robert Lange findet die zehn Euro völlig in Ordnung. Der 25-jährige Student saß rund anderthalb Stunden vor dem Computer, um die verlangten 110 Kurznachrichten zu verschiedenen Themen einzutippen. "Wenn man mal angefangen hat, dann ist der Wille groß", berichtet Lange. Er kam nicht auf die Idee, mittendrin abzubrechen. Viele andere Teilnehmer tun das. Jokischs Team indes kann nur komplette Angaben verwerten.

Der Projektleiter ist dennoch optimistisch, dass die SMS-Bibliothek noch im Sommer fertig wird. Aus dem Projekt hat er nicht nur technologisch neue Erkenntnisse gezogen, sondern auch was über die Menschen gelernt. So sei das am häufigsten getippte Wort "ich", gefolgt von fordernden Redewendungen, berichtet er. "Wir sind doch sehr stark individualistisch geprägt", interpretiert Jokisch. "Und wir wollen immer viel von anderen, sagen aber selten danke."