abhängig

Online-Sucht hat viele Gesichter

Alte, Junge, Männer, Frauen - es kann jeden treffen
Von dpa / Marie-Anne Winter

Was können Angehörige von Betroffenen gegen die Onlinesucht tun? Sprechen sie einen Abhängigen auf das Problem an, löst das laut Farke oft Aggressionen aus. "Wir raten Angehörigen, lieber ein Buch über das Thema hinzulegen oder mit Hilfe eines Links auf eine Selbsthilfeseite aufmerksam zu machen."

Nach Möglichkeit vermeiden müssen die Angehörigen "co-abhängiges" Verhalten, sagt Elvira Lorenzen: Sie dürfen das Suchtverhalten weder unterstützen noch entschuldigen. Das heißt in letzter Konsequenz, dass die Frau eines Onlinesex-Süchtigen eine angedrohte Trennung tatsächlich konsequent vollziehen muss.

Befürchten Eltern, das eigene Kind könne süchtig sein, sollten sie sein Surfverhalten genau beobachten. Das gelte spätestens dann, wenn die Leistungen in der Schule nachlassen und wenn sich die Schlaf- und Ernährungsgewohnheiten oder die Gefühlsäußerungen des Kindes verändern, rät Sabine Grüsser-Sinopoli.

Ganz egal ob Kind oder Erwachsener: Bedenklich ist die exzessive Netznutzung der Psychologin und Leiterin der Interdisziplinären Suchtforschungsgruppe an der Charité in Berlin zufolge dann, wenn sie zur "einzig wirksamen Stressverarbeitungsstrategie" geworden ist. "Bei einer Suchtentwicklung wird die Computernutzung für den Betroffenen zur einzig effektiven Methode, mit Emotionen umzugehen."

Ziel ist der normale Umgang mit dem Computer

Es gibt Therapien für Onlinesüchtige - etwa im Fachkrankenhaus Nordfriesland. Die Patienten müssen auf den Rechner als Arbeitsgerät nicht völlig verzichten: "Sie dürfen am Computer Briefe schreiben oder Zugverbindungen raussuchen", erläutert Elvira Lorenzen. Doch die Seiten, die die Sucht hervorgerufen haben, sind tabu. Ziel ist es, zu lernen, wieder normal mit dem Computer umzugehen. Schließlich ist komplette Abstinenz vom Netz kaum möglich: Spätestens am Arbeitsplatz kommen viele wieder damit in Kontakt.

Laut Farke können viele Abhängige sich das exzessive Surfen auch aus eigener Kraft abgewöhnen. Dabei hilft Software, die den Zugriff auf bestimmte Webseiten verhindert. "Auch vertraute Personen können eine Kontrollfunktion übernehmen." Weitere Unterstützung gebe es in Selbsthilfegruppen. Sinnvoll könne es auch sein, online ein Ausstiegs-Tagebuch zu führen. Elvira Lorenzen empfiehlt eine einfache, aber vielleicht umso wirksamere Methode: den Rechner an einen ungemütlichen Ort zu stellen, zum Beispiel in den Keller.