Digital Radio

Medienexperten fordern Neustart für Digital Radio in 2009

Konzertierter Big Bang soll digitalem Radio endlich zum Durchbruch verhelfen
Von

Annähernd 40 Referenten und mehr als 200 Teilnehmer sind der Einladung der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) zur zweitägigen Veranstaltung "Quo Vadis Digital Radio?" am 9. und 10. Oktober in das Audi Forum nach Ingolstadt gefolgt. Während der erste Tag von den Erfahrungen mit digitalem Radio im Ausland geprägt war, stand der zweite Tag ganz im Zeichen der deutschen Entwicklung. Dabei waren sich die anwesenden Experten aus Medienpolitik, öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk, Netzbetrieb, Geräteindustrie und Medienforschung weitgehend einig, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, um im zweiten Versuch einen erfolgreichen Marktstart von Digital Radio in Deutschland realisieren zu können.

Einigkeit besteht darüber, dass Radio einen eigenen primären Verbreitungsweg braucht, der je nach Bedarf DAB+ oder DMB sein kann. Ein Abschalten von UKW im Jahr 2015 sei unrealistisch, deshalb müssten die neuen Endgeräte multistandardfähig sein. Der Neustart von Digital Radio sollte im Laufe des Jahres 2009 erfolgen, um das vorhandene Frequenzspektrum im Band III auf Dauer für das Medium Radio zu sichern.

Wichtig seien neue innovative und attraktive Angebote, die vor allem die jungen Zielgruppen begeistern. Alle Marktteilnehmer müssten an einem Strang ziehen, die Konkurrenz zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk sollte ausschließlich auf programmlichem Gebiet ausgetragen werden. Das Image von Digital Radio muss bei Werbetreibenden und Agenturen gestärkt werden und es muss einen "Big Bang" geben, das heißt einen gemeinsamen Start von öffentlich-rechtlichen und privaten Programmen, der von gemeinsamen Marketinganstrengungen der Programmanbieter, aber auch der Geräteindustrie und der Netzbetreiber flankiert wird.

Privatsender sehen sich benachteiligt

Kritik gab es vor allem von Seiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der Landesmedienanstalten an der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF), die die Anmeldung der Projektmittel für DAB der öffentlich-rechtlichen Anstalten abgelehnt hat. "Die KEF macht auf diese Weise Technologiepolitik. Dies liegt nicht in ihrer Kompetenz", kommentierte BLM-Präsident Ring den Vorgang.

Sowohl die privaten Anbieter als auch die Landesmedienanstalten zeigten sich unzufrieden mit den bisher geplanten Vorgaben für Plattformen im Entwurf zum 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Nach dem derzeitigen Vorschlag seien die privaten Hörfunkunternehmen im Nachteil sowohl gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk als auch gegenüber den Plattformbetreibern, so Hans-Dieter Hillmoth, Vizepräsident Radio und Audio des Verbands Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT). Sowohl der Hörfunkbeauftragte der DLM, Dr. Gerd Bauer, als auch BLM-Präsident Ring teilten grundsätzlich die Kritik von Hillmoth, sahen darin aber keinen zwingenden Grund, den Start von DAB+ zu verschieben.

Automobilindustrie gegen neuen DAB-Standard

Eine abweichende Position zum Zeithorizont nahm der Vertreter der Audi AG, Dr. Schmidt-Clausen ein, der betonte, nicht nur für Audi sondern für die gesamte deutsche Autoindustrie zu sprechen. Schmidt-Clausen verwies auf die Planungs- und Entwicklungszeiten der Autoindustrie, die bei etwa fünf Jahren liegen würden. Die deutschen Automobilhersteller würden gerade jetzt vermehrt DAB-Geräte in die Wagen des oberen Preissegments einbauen und bräuchten deshalb eine Garantie, dass der alte DAB-Standard noch bis ins Jahr 2020 verfügbar sei. Die neuen DAB+ Geräte könne man frühestens ab 2012 in die Autos einbauen. Die Markteinführung von DAB+ aus diesem Grund zu verschieben, wurde jedoch von allen anderen Beteiligten abgelehnt.

Wie ein roter Faden zog sich durch die Veranstaltung die Auffassung, dass es für lokale Veranstalter unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten schwierig wird, Programme in DAB+ anzubieten. Diese Auffassung vertrat auch Willi Schreiner, Vorsitzender des Verbands Bayerischer Lokalrundfunk (VBL). Er glaube nicht, dass alle Gesellschafter bereit seien, Geld für Digitalradio auszugeben, so das Fazit von Schreiner.