Urteil

BGH fordert "effektive Barriere" bei Porno-Internetseiten

Kontrollen wie Ausweisnummer und Kreditkarte reichen nicht
Von ddp / Thorsten Neuhetzki

Alterskontrollen bei Pornoseiten im Internet müssen den Zugang Jugendlicher wirkungsvoll verhindern. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Entsprechende Kontrollsysteme müssten eine "effektive Barriere" für den Zugang von Minderjährigen bilden, heißt es einem heute veröffentlichten Beschluss. Einfache und naheliegende Umgehungsmöglichkeiten müssten ausgeschlossen sein. (AZ: I ZR 102/05)

Der BGH urteilte in einem wettbewerbsrechtlichen Streit zwischen zwei Anbietern von Kontrollsystemen zur Feststellung des nötigen Mindestalters von 18 Jahren. Diese Altersverifikationssysteme (AVS) werden an Betreiber von Porno-Webseiten mit der Altersfreigabe "FSK 18" verkauft.

Personalausweisnummer und Kontobewegungen reichen nicht

Laut BGH genügt es den jugendschutzrechtlichen Anforderungen nicht, wenn pornografische Internet-Angebote den Nutzern nach der Eingabe einer Personal- oder Reisepassnummer zugänglich gemacht würden. Auch wenn zusätzlich eine Kontobewegung erforderlich ist oder eine Postleitzahl abgefragt wird, genüge ein solches System den gesetzlichen Anforderungen nicht.

Es bestünden zahlreiche Möglichkeiten, ein Altersverifikationssystem zuverlässig auszugestalten. Erforderlich sei eine einmalige persönliche Identifizierung der Nutzer etwa durch einen Postzusteller und eine persönliche Bestätigung bei jedem Abruf von Inhalten - zum Beispiel durch einen USB-Stick in Verbindung mit einer PIN-Nummer. Auch eine Identifizierung mit technischen Mitteln - etwa eine Gesichtskontrolle über einen Webcam-Check oder durch biometrische Merkmale - sei nicht ausgeschlossen.

Der BGH gab nun der klagenden Firma recht, die ein AVS mit hohen Zugangshürden vertreibt und befürchtete, dass Kunden zum Konkurrenten mit den angeblich lascheren Kontrollen abspringen.

Die klagende Firma machte geltend, das System des Konkurrenten stelle nicht sicher, dass Minderjährigen Pornografie unzugänglich sei. Dieses - nun auch vom BGH beanstandete - AVS sah vor, dass vor der Zugangsgewährung zu Porno-Internetseiten eine Personal- oder Reisepassnummer angegeben werden muss. Zusätzlich war entweder die Postleitzahl des Ausstellungsortes der Zugangsberechtigung oder ein Name, eine Adresse, eine Kreditkartennummer oder eine Bankverbindung nötig.

Überlistung durch Ausweispapiere der Eltern

Aus Sicht der Klage-Firma und des BGH können Jugendliche das System überlisten, indem sie sich die Ausweispapiere ihrer Eltern oder erwachsener Freunde beschaffen und ein eigenes Konto angeben. Demgegenüber sieht das System der Klage-Firma eine "Gesichtskontrolle" des Nutzers im sogenannten Post-Ident-Verfahren vor.

Der BGH wies auch das Argument des beklagten AVS-Anbieters zurück, dass deutsche Anbieter pornografischer Inhalte durch die Jugendschutzbestimmungen gegenüber ausländischen Anbietern diskriminiert würden. Die Zugangsbeschränkungen des deutschen Rechts für pornografische Inhalte im Internet erfassten "grundsätzlich auch ausländische Angebote, die im Inland aufgerufen werden" könnten. Der Anwalt der beklagten Firma hatte darauf verwiesen, dass inzwischen schätzungsweise rund eine Milliarde Internetseiten mit pornografischen Inhalten von Deutschland aus abgerufen werden könnten. Im Jahr 2005 seien es noch 260 Millionen Seiten gewesen.