Hallo,
Benutzer Matthias123 schrieb:
ich habe gerade meine Telefonrechnung gesehen und die Dritte HanseStar UG hat mir für den September 315€ in Rechnung gestellt. Wir nutzen keine Service ohne Ansage und telefonieren sicher nicht für 2Euro/Minute. Habt ihr Empfehlungen was ich tun kann, das ist Abzocke/Wucher? Musterbrief an Telekom/Dritte Hanse Star oder gleich Rechtsanwalt? Vielen Dank, Matthias
Drei Fragen:
- Wie seid Ihr denn darauf gekommen, die 01010 zu nutzen?
Wolltet Ihr eigentlich die 010010 (zwei Nullen in der Mitte)
nutzen und habt die 01010 (eine Null in der Mitte) nur aus
Versehen gewählt? Oder habt Ihr die 01010 in gedruckten
Tariflisten in Zeitungen oder Online-Tarifdatenbanken gefunden?
Im Sommer hatte die 01010 teilweise und zeitweise günstige
Tarife zu bestimmten Zielen.
- Welcher Zeitraum ist für die Gespräche auf der Rechnung bzw.
im Einzelverbindungsnachweis (sofern Ihr einen habt) angegeben?
Seit 1. August 2012 gibt es die Tarifansagepflicht für Call-by-
Call-Verbindungen.
- Habt Ihr keine Tarifansage gehört? War die Ansage evtl.
schwer verständlich? Die 01010 verwendete zeitweise eine Ansage
nach dem Motto "1,99 pro Minute. Preisangabe in Euro", bei der
die Einheit (Euro) vom numerischen Wert (1,99) getrennt
angesagt wurde.
Ich weiß nicht, wie gut Du Dich mit dem Call-by-Call-Markt
auskennst, deshalb muß ich etwas weiter ausholen:
In den vergangenen Monaten gab es im wesentlichen zwei
Gründe, warum Nutzer plötzlich zu deutlich höheren Tarifen
telefoniert haben, als ursprünglich gedacht.
1.) 010xy und 0100xy verwechselt
Es gibt sowohl fünfstellige (010xy), als auch sechsstellige
(0100xy) CbC-Vorwahlen. Wenn man nun einen Anbieter mit
sechssteliger Vorwahl nutzen will, aber eine der beiden Nullen
in der Mitte wegläßt (aus Versehen oder weil man die Doppelnull
für einen Schreibfehler hält), landet man bei einem anderen
Anbieter (eben 010xy statt 0100xy) und telefoniert zu dessen
Konditionen. Das war vor allem in der Zeit vor Einführung
der Tarifansagepflicht ein Problem (da es bei diversen
Anbietern noch keine Ansage gab, die einen auf das Problem
hätte aufmerksam machen können).
Der Call-by-Call-Anbieter 010010 (zwei Nullen in der Mitte)
ist immer wieder zu verschiedenen Zielen relativ günstig. Wählt
man nun 01010 statt 010010, telefoniert man eben zu den Tarifen
der 01010.
Was tun, wenn man sich verwählt hat?
Rechtliche Empfehlungen kann ich hier im Forum nicht geben,
es gibt aber Nutzer, die in einer solchen Situation versuchen,
sich auf den Irrtumsparagraphen § 119 des BGB zu berufen.
Siehe hierzu zu Fällen wie 01011 <> 010011 und 01088 <>
010088 die Diskussionen unter http://forum.billiger-
telefonieren.de
2.) Schnelle, enorme Preisänderungen nicht bemerkt
01010 und 010040 haben vor einiger Zeit zu bestimmten Zielen
ziemlich günstige Tarife mit Tarifen von bis zu 1,99 EUR/Minute
abgewechselt. 01010 und 010040 sind zumindest personell
miteinander "verwandt" und haben offenbar ein ähnliches
Geschäftsmodell. Auch bei der 010040 wundern sich nun
viele Nutzer über höhere Telefonrechnungen als erwartet.
Deshalb verweise ich jetzt erstmal auf ein paar Beiträge zur
010040.
Siehe hierzu u.a. folgende Berichterstattung:
https://www.teltarif.de/010040-rechnung-...
http://www.verbraucherzentrale-niedersachsen.de/UNIQ135394951405794/link1810587A.html
http://www.vz-nrw.de/010040
http://www.spiegel.de/video/telefonanbieter-zocken-rentner-mit-call-by-call-nummern-ab-video-1234055.html
http://www.rp-online.de/wirtschaft/unternehmen/erste-strafanzeige-wegen-wucher-1.3066802
Die heftigen Preisänderungen der 010040 werden von
Verbraucherschützern mit dem Begriff Wucher in Verbindung
gebracht (vgl. u.a. die genannten Links). Dieses
Forum kann und soll aber keine Rechtsberatung leisten.
Was sich allgemein sagen läßt:
Rechtlich gesehen ist die Definition von Wucher nicht ganz
einfach. Ein Mißverhältnis von Preis und Leistung alleine
ist noch kein Wucher. Für Wucher muß auch noch eine Art
"Ausnutzen" des Vertragspartners hinzukommen.
Wucher ist nicht nur von vertragsrechtlicher Bedeutung (BGB),
sondern auch ein Straftatbestand.
Liegt kein Wucher vor, kann ein Rechtsgeschäft aber z.B.
sittenwidrig sein.
Wurde ein Vertragspartner getäuscht, kann arglistige Täuschung
vorliegen.
Diese rechtlichen Begriffe sind aber auch nicht einfach zu
definieren.
Du siehst, das ist alles nicht ganz einfach. Das waren jetzt
wahrscheinlich viele Infos. Bitte erstmal alles Lesen und
ggf. noch Fragen stellen. Evtl. auch an die zuständige
Verbraucherzentrale wenden, dort sind in der letzten Zeit
offenbar viele ähnliche Fälle aufgelaufen. Auf der Seite
der VZ NRW und verschiedener anderer Verbraucherzentralen
gibt es einen Musterbrief - dort taucht auch ein Absatz auf,
der das Fehlen einer Tarifansage bemängelt. Mit diesem
Vorwurf wäre ich aber vorsichtig, da mir kein solcher Fall
bekannt ist. Daher diesen Absatz ggf. besser streichen.
Bitte Vorsicht mit eigenmächtigen, spontanen Schritten und
dem Jonglieren mit rechtlichen Fachbegriffen.
cu talk