Benutzer holtfreter schrieb:
Du hast KEINE AHNUNG, wie weit die Meinungsfreiheit lt. Grundgesetz reicht und wo das Hausrecht endet.
Du, ich habe das sogar mal lernen müssen. Da ist Dein Beitrag ein schönes Beispiel: "Du hast keine Ahnung" ist Deine Meinung, wir können es aber auch ziemlich unsachlich nennen und ganz nebenbei streift er Artikel 1 des Grundgesetzes (Die Würde des Menschen ist unantastbar, aber Du kennst es mit Sicherheit auswendig). ;) Mit fachlichem Background würdest Du wissen, dass es im deutschen Recht stets und ständig Korrellationen gibt und wäre es wirklich so eindeutig, wann welches Recht ein anderes begrenzt oder bricht, bräuchten wir überhaupt keine Richter und deren freie Entscheidungsfindung.
...und nicht dort, wo Politiker, Facebook oder du das wünschen. Unsere Rest-Freiheit beruht auf dieser Meinungsfreiheit.
Nun drehe aber mal nicht völlig frei! ;) Genau dafür wurde unser Rechtssystem installiert, weil es konkret eben nicht um Wünsche und Befindlichkeiten geht, sondern um Sachverhalte, die es auf Grundlage unserer Gesetze zu prüfen und im Zweifel zu entscheiden gilt. Das ist die Aufgabe unserer Judikative festzustellen, ob geltendes Recht verletzt oder eigene Rechte eingeschränkt sind. Weil sich die Realität aber nicht umfassend theoretisch abbilden lässt, müssen Gesetze immer wieder nachgeschärft werden, nicht aber unser Grundgesetz, das nicht grundlos eine Sonderstellung einnimmt. Übrigens auch interessant, dass AfD-Verantwortliche immer mit diesem fuchtelnd unterwegs sind, während der extrem rechte Flügel das Grundgesetz als verfassungswidrig wissen will. Einfaches Prinzip: Nur wenn einem der eigene Schwachsinn um die Ohren fliegt, kommt man mit Artikel 1, finde ich einerseits ziemlich lustig, andererseits sehr bedenklich und gefährlich. Das dürfte Deiner Kritik entsprechen, wenn Menschen das Recht an ihre eigenen Ziele anpassen zu versuchen und sich umgekehrt nicht anpassen wollen. Anderswo geht das und auch im dritten Reich hat man sich dieser Methodik bedient, das wird hier (hoffentlich) nie wieder so funktionieren. Die Hürden für Grundgesetzänderungen sind doch ziemlich hoch und das ist gut und richtig so.
Unabhängig davon oder gerade deshalb hast auch Du zu respektieren, dass Menschen andere Meinungen haben und äußern. Mehr oder weniger fundiert, aber gedeckt von der Meinungsfreiheit. Schwierig wird es mit Pauschalisierungen, Ansichten gerichtet gegen Frauen oder Minderheiten (Überbegriff Antisemitismus) und auch gegen Politiker. Hier lässt sich schön beschreiben, wie sich Meinungsfreiheit auslegen lässt und was sie anrichten kann, wenn Rechtsextreme Wahlplakate gegen Grüne aufstellen und Gerichte sagen, sie müssten nur einen Mindestabstand haben. Oder wenn Frau Künast und man kann von ihr halten was man will, öffentlich als Ökoschl***e beschrieben wird oder man Politikermodelle öffentlich hinrichten lässt. Da sagen Gerichte allen Ernstes, Personen im öffentlichen Leben müssen das aushalten und Polizeistationen empfehlen sogar, keine Strafanzeige zu erstatten. Das sind Dinge, die mir Angst machen und deren Fundament in sozialen Medien bzw. dem, was Leute dort äußern und wie sie sich im Untergrund verhalten (Telegram gehört auch dazu). Das ist ganz klar Volksverhetzung und irgendwann kommt einer, der ist nicht mehr nur so flachflapsig, sondern fühlt sich berufen, Dinge in die Tat umzusetzen (Kasse, Hanau, Idar-Oberstein). Das aber können wir gemeinsam verhindern, wenn wir endlich wieder lernen, respektvoll miteinander umzugehen. Würde das funktionieren, wären Kontensperrungen obsolet, dann gäbe es im Einzelfall halt Mails von Moderatoren, die einen ermahnen. Aber so idealistisch denke ich nicht und daher oben mein Beitrag. Wie sagte es mir ein Kriminalbeamter vor einigen Jahren: "Das Internet ist der wilde Westen" und das ist unser heutiges Problem.
Was mir der Umgang im Netz auch häufig zeigt ist, dass Benimm, Anstand und vor Allem Respekt für manche weniger wichtig sind, als die eigene Meinung rauszuhauen (ich schreibe übrigens aus Erfahrung, ich war früher selbst so drauf). Heute frage ich mich allerdings, wie sich die aggressiven Schreiberlinge wohl in einer realen Diskussion verhalten würden, ob sie dann auch so schlagfertig sind oder das Gegenüber einfach verprügeln, weil sie können auch nicht zurückspulen, gesagt ist halt gesagt. Ich kenne leider so einige Fälle, da könnte man glauben, das wären die absoluten Antisemiten und Demokratiefeinde, was die so im Netz posten und teilen. Wenn man dann in der Realität auf sie trifft, kriegen sie ihre Zähne kaum auseinander und schaffen es nicht, flüssig fünf Sätze hintereinander konstruktiv zu füllen. Aber im Netz fühlt man sich groß und stark, weil da steht man ja alleine dar und keiner sieht's. Es gibt ja auch keine Kontrollinstanz, wie im Gegensatz bei uns im Amateurfunk. Das ist aufgrund der Nachrichtenflut unmöglich und auch richtig so, aber gerade deshalb müssen Nutzer mehr in die Schranken gewiesen werden. Beispielsweise müsste ein gemeldeter Beitrag sofort verschwinden, nach einer Prüfung kann er freigegeben werden, dann aber sollte kein Melden mehr möglich sein. Ein Miteinander klappte übrigens vor 30 Jahren im Usenet und in Foren wunderbar, da hätte sich kein Mitglied getraut zu sagen, dass seine Grundrechte verletzt würden, dann wäre der draußen und gut.
Diese demokratischen Prinzipien haben aufgrund der recht geringen Nutzeranzahl früher gut funktioniert, wurden aber im Lauf der Zeit immer schwieriger umzusetzen (Netiquette). Das OLG Hamburg hatte dies sogar Anfang der Nullerjahre von Forenbetreibern erwartet, Gott sei Dank ist das heute aufgeweicht, weil das war mir persönlich zu viel Verantwortung, man kann ja nicht alles überblicken. Je größer das Netz, umso schwieriger ist es, da beneide ich Facebook überhaupt nicht. Aber sie haben über Jahre nichts dagegen unternommen und auch nicht investiert, das passiert eigentlich erst die letzten Jahre, weil der öffentliche Druck immer größer wird, gilt genauso für YouTube. Telegram ist m. E. der einzige Laden, der sich da raus hält, weil damit gewinnt man auch viel Zulauf.
Dein törechter Begriff der Restfreiheit impliziert mir, dass Du der irrigen Annahme sein könntest, Du hast keine Freiheitsrechte. Die hast Du natürlich und das ist mehr als nur ein Rest, Du beleidigst mich und kannst doch sagen und schreiben, was Du denkst. Das geht auch mit aggressivem Unterton, denn Benimm, Anstand und vor Allem Respekt sind gesetzlich nicht vorgeschrieben und hier ist in der Tat wichtig, wass das Strafrecht damit anstellt, Zivilrecht ist dann wieder eine ganz andere Nummer (bewusst überspitzt natürlich). Man könnte auch überlegen, ob dieser mangelnde Respekt durchaus verantwortlich dafür sein könnte, dass sehr schnell Rechte Anderer beeinträchtigt werden, das hier ist ja eine Lachnummer, bei Drohungen im Netz sieht das durchaus anders aus. Mal als hinweis für den Platz hinter den Ohren: "Meinungsfreiheit bedeutet nicht, Alles wirklich Jedem absolut überall sagen zu dürfen". Wie weit die geht, zeigen die Urteile gegen Rechte, die auf Grüne öffentlich hetzen dürfen oder Politiker hängen wollen. Die sind Personen des öffentlichen Lebens und müssen sich, entgegen meiner Rechtsauffassung, deutlich mehr gefallen lassen als die Zivilgesellschaft, ein strategischer Fehler wie ich finde.
Das Hausrecht ist übrigens auch ein sehr hohes Gut und schützt im Übrigen die persönlichen Freiheitsrechte und die menschliche Würde, im Pribatbereich die Unverletzlichkeit der Wohnung, nur so nebenbei. Da gibt es auch ein schönes Beispiel, man stelle sich einen Supermarkt vor und einen blinden Besucher mit Führhund. Es wäre diskriminierend und nicht möglich, dass man als "Hundehasser" ihn seines Ladens aufgrund des Blindenführhundes verweist, hier stehen ebenfalls die Persönlichkeitsrechte entgegen, der Hund ist als Mobilitätshilfe am Körper ein Teil von ihm (vergleiche Rollstühle, Produktgruppe 07 Medizinproduktekatalog), es geht also um dessen Behinderung und das wäre klar eine Entscheidung gegen die Menschenwürde. Gleichwohl habe ich das Recht, auch ohne angabe von Gründen jemanden meines Ladens zu verweisen, weil es eben mein Schutzbereich ist. Strittig war mal ein Fall, dass ein Vermieter beispielsweise einen Besucher einer Privatwohnung Hausverbot erteilt hat, aber ist zu lange her. Übrigens ist es ein Unterschied, ob ein Taxifahrer oder Geschäftsinhaber das Hausrecht ausüben will, weil hier noch unterschieden wird, dass das Taxi als öffentliches Verkehrsmittel gilt, beim Mietwagen sieht das anders aus. Oder nimm einen Facharzt, der das Hausrecht ausübt und sich somit der unterlassenen Hilfeleistung möglicherweise schuldig macht. Widerstreit der Interessen ist das Stichwort und höchst komplex, auch im Zuge der Meinungsfreiheit. Aber es gibt so Leute, die glauben allen Ernstes, der § 433 BGB (Kaufvertrag) würde Händler darin verpflichten, eine Geschäftsbeziehung eingehen zu müssen, Recht haben und bekommen ist halt die Komplexität des Ganzen. ;)