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21.02.2024 16:51 - Gestartet von hg99
Wir hatten doch schon mal 4 Netzbetreiber.
Dann wurden ePlus und ViagIntercom irgendwann zusammengelegt, weil in Deutschland kein Platz für 4 Netzbetreiber sei.
Was hat sich seitdem geändert?
Oder täuscht mich meine Erinnerung?
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[1] wolfbln antwortet auf hg99
21.02.2024 17:18
Benutzer hg99 schrieb:
Wir hatten doch schon mal 4 Netzbetreiber. Dann wurden ePlus und ViagIntercom irgendwann zusammengelegt, weil in Deutschland kein Platz für 4 Netzbetreiber sei.
Was hat sich seitdem geändert?
Oder täuscht mich meine Erinnerung?

Das wurde damals so argumentiert und war umstritten. Das Bundeskartellamt hätte die Zusammenlegung von o2 und eplus nicht erlaubt, die EU zog das Verfahren an sich und hat es dann doch genehmigt.

Danach hat sich Deutschland preislich ganz anders als Frankreich, England, Spanien oder Italien entwickelt, sodass die EU in diesen Ländern entweder 4->3 Merger untersagte oder mit hohen Auflagen versah, so dass ein neuer 4. Netzanbieter entstehen musste.

Generell ist man weiter der Meinung, dass in großen EU-Ländern 4 Netzanbieter besser als 3 für den Wettbewerb sind, da in MNO4-Ländern die Preise nur ein Bruchteil von MNO3-Ländern sind.

Mit 4G und jetzt den 5G-Ausbau kommen jedoch hohe Kosten auf die Betreiber zu und es ist fraglich, ob wirklich 3- oder 4-mal das Land abgedeckt werden sollte.

Die Studie ist jetzt vom angesehenen ex-Verfassungsrichter Di Blasio und bestätigt die Rechtsauffassung, dass 1&1 die Möglichkeit haben muss, Lowband-Frequenzen zu bekommen. Würde nur Fortgeschrieben, wäre das eine riesige Subvention für die etablierten Betreiber und 1&1 ginge leer aus.

Dommermuth hat heute ein Interview dem Tagesspiegel gegeben, indem er nochmal darauf hinwies, dass diese Frequenzen am 31.12.25 an die Bundesrepublik zurückgehen, sie also niemanden gehören und ab dem 1.1.26 neu vergeben werden. Er deutete aber Kompromisslinien an, z.B. Frequenztausch oder Kooperationen.

Jetzt hat die BNetzA den Schlamassel. Vergeben wie Telekom, Vodafone und o2 wollen geht nicht einfach. Dann würde 1&1 klagen und hätte gute Aussichten. Versteigern könnte sehr teuer werden und 2 Anbieter gingen mit 5 MHz im Band 20 heraus, was ihnen nicht reichen kann. Also was machen?
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[1.1] websgeisti antwortet auf wolfbln
21.02.2024 17:27
Benutzer wolfbln schrieb:

Dommermuth hat heute ein Interview dem Tagesspiegel gegeben, indem er nochmal darauf hinwies, dass diese Frequenzen am 31.12.25 an die Bundesrepublik zurückgehen, sie also niemanden gehören und ab dem 1.1.26 neu vergeben werden. Er deutete aber Kompromisslinien an, z.B. Frequenztausch oder Kooperationen.

Jetzt hat die BNetzA den Schlamassel. Vergeben wie Telekom, Vodafone und o2 wollen geht nicht einfach. Dann würde 1&1 klagen und hätte gute Aussichten. Versteigern könnte sehr teuer werden und 2 Anbieter gingen mit 5 MHz im Band 20 heraus, was ihnen nicht reichen kann. Also was machen?

Diensteanbietervereinbarung und verpflichtendes National Roaming (Roaming muss teurer sein als selbst bauen), dann sollte es aus Wettbewerbsicht und für den Kunden deutlich besser sein (Netzabdeckung).

Es muss ja nicht sein, dass in einem Dorf mit 300 Einwohnern jeder Anbieter einen eigenen Masten aufstellen muss. Da würde es reichen wenn ein Anbieter vernünftig ausbaut und es den anderen bereitstellt.
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[2] Die Technik-Geschichte war ein bisschen anders
IMHO antwortet auf hg99
21.02.2024 18:56
Benutzer hg99 schrieb:
Wir hatten doch schon mal 4 Netzbetreiber. Dann wurden ePlus und ViagIntercom irgendwann zusammengelegt, weil in Deutschland kein Platz für 4 Netzbetreiber sei.
Was hat sich seitdem geändert?
Oder täuscht mich meine Erinnerung?

Man kann es so zusammenfassen, wie Du es gerade getan hast, aber:
Heutzutage geht es (mal wieder) darum den Sub-1-GHz-Bereich (700/800/900MHz) fair aufzuteilen. Daher sollte man die Geschichte mit der Versteigerung 2010 beginnen. Damals hat die BNetzA "nur" 6x5MHz auf 800MHz zur Versteigerung bereit gestellt. Die haben sich damals (noch unter Hohmann, glaube ich) kunstvoll in Worte gehüllt, dass eine Aufteilung erfolgen solle, mit "drei Mobilfunkbetreiber erhalten jeweils 10MHz und ein Betreiber soll sich auf die Versorgung von Großstädten konzentrieren, ohne 800MHz zu benutzen". Insbesondere die Behauptung, dass es ein solches Wettbewerbsmodell tatsächlich geben könne, wurde im weiteren Verlauf widerlegt.
E-Plus ging bei der 800MHz-Versteigerung 2010 leer aus und begann dann, irgendwann 2013/2014, kurz vor der Fusion mit Telefonica/O2 noch schnell ein paar LTE1800-Zellen aufzubauen und scheiterte dennoch. Das Ende vom Lied: Ohne Sub-1-GHz-Frequenz mit der sich große Flächen erschließen lassen, lässt sich nicht einmal in einer Großstadt ein Netz zu günstigen Preisen aufbauen. Anbieter wie O2 haben einfach von Anfang an mit ein paar 800MHz-Standorten ganze Großstädte "abgedeckt" und konnten dann sofort neue Kunden mit einem LTE-Versprechen anlocken (Sobald diese vorläufige LTE-Struktur überfordert war wurden 1800er-Zellen ergänzend aufgebaut und ständig war die aufgebaute Infrastruktur gut&gewinnbringend ausgelastet). - Diese Historie ist ein historisches Paradebeispiel warum es ohne Sub-1-GHz nicht einmal in Großstädten funktioniert.
Übrigens bei T-Mobile-US (TMUS) hat sich das ganze im Positiven wiederholt. Die etablierten US-Mobilfunker haben T-Mobile unterschätzt, während TMUS bei einer US-Versteigerung (Lizenzverkauf) konsequent auf 600MHz-Frequenzen geboten hat. Anschließend haben sie sich gewundert, dass der "Zwerg TMUS" wächst und ihnen gefährlich wird, dabei hatten sie erwartet, dass die anfangs unbedeutende T-Mobile-US niemals zu einer bedeutungsvollen Größe heranwachsen wird.
Dommermuth kann also vielfältig argumentieren, dass ein Mobilfunker die sogenannten "Flächenfrequenzen" unverzichtbar benötigt, um im Preis-Kosten-Wettbewerb bestehen zu können. Es geht nicht darum, ob man eine Region mit 1800MHz und 3500MHz technisch überhaupt versorgen kann, es geht darum, zu welchem Preis (mit welcher Kostenstruktur) eine solche Versorgung möglich ist.

Nun gibt es viele Ideen dazu, wie sich vier Mobilfunker drei Frequenzblöcke teilen können. Einfach nur zu behaupten, dann sollen die Konkurrenten halt zu einem National-Roaming gezwungen werden, wird der betriebswirtschaftlichen Komplexität jedenfalls gar nicht gerecht.
Das bisher in Deutschland (und anderswo) praktizierte Wettbewerbsprinzip besteht darin, dass jeder Netzbetreiber in seiner "Heimatregion" sein eigenes, sogenanntes Heimatnetz betreibt und keinerlei Roaming in dieser Heimatregion erfolgt. Dieses Prinzip wird übrigens auch in den USA (und soweit ich weiß auch in Kanada, China und Russland) praktiziert. Der Clou: In diesen Ländern gibt es keine Lizenzen, die für das gesamte Staatsgebiet gelten, stattdessen ist in diesen Flächenländern das Staatsgebiet in mehrere räumlich-getrennte Flächen aufgeteilt. Und in diesen Ländern gibt es Mobilfunkbetreiber, die nicht in jeder Region eine Lizenz erworben haben. Diese müssen dann mit "regionalen" Netzbetreibern der anderen Lizenzgebiete zusammenarbeiten, was dann missverständlich "National Roaming" genannt wird (Funfact: Jede dieser Lizenz-Regionen ist größer als Deutschland). Aber auch in diesen Flächenländern findet kein Roaming im Heimatnetz-Gebiet statt! (Übersetzt auf Europa: Man nenne die EU "Nation", lasse technisch Alles unverändert und nenne das EU-interne Roaming [etwa wenn ein dt. T-Mobile-Kunde in Spanien bei Vodafone-ES roamt] fortan "National Roaming" weil es ja innerhalb der "Nation Europa" erfolgt. Dann hat man das, was in Flächenländern großzügig National Roaming genannt wird.)
Wozu dieser Exkurs? Es gibt kein alltagspraktisches Beispiel dafür, dass ein Roaming im Heimatnetz-Gebiet dauerhaft funktioniert!
Und dann kommen die Besserwisser mit Vorschlägen um die Ecke, man solle MORAN ermöglichen, also dass ein einziger Netzbetreiber in extrem dünn besiedelten Regionen beispielsweise 10MHZ-5G-700MHz ausbaut und alle anderen Netzbetreibern zur Verfügung stellt. Das klingt rein vom technischen Aufwand her sehr logisch und schwer korrekt. Ob es angesichtes der BWL-immanenten Gier auch nur entfernt funktionieren kann, steht allerdings auf einem ganz anderen Blatt! - Ich persönlich bin für jegliche MORAN-Experimente schwer zu begeistern. Aber solche Versuche können nur dann erfolgreich werden, wenn sie von der Politik und nicht von den CEO's geleitet werden. Denn die Mobilfunker (allen voran T-Mobile-Deutschland) wollen solches MORAN nicht zum Erfolg führen. Auf den ersten Blick bedroht MORAN das Image der Telekom als Inhaber des "besten Mobilfunknetzes" und es bedroht die damit verbundenen Vermarktungsvorteile der Telekom.

Von daher erwarte ich den kommenden Streit zwischen Dommermuth und BNetzA voller Spannung und habe mir das Popcorn schon bereit gelegt. Die historisch genutzten Argumente der BNetzA haben sich im Verlauf 2010-2014 schon selbst entwertet. Und die Einflüstereien der etablierten Netzbetreiber (T-Mobile/O2) sind ganz offensichtlich vom Wunsch geprägt 1&1 auszubremsen.
Von daher kann Dommermuth schon alleine mit der Androhung einer Klage die BNetzA (berechtigt) vor sich hertreiben. Ob es für fünf oder zehn Jahre genügt, wenn (als Kompromiss) 1&1 im 700/800/900MHz-Bereich von VF roamt, wird auch eine diskussionswürdige Möglichkeit sein. Dennoch glaube(!) ich, dass es nicht dauerhaft gelingen kann, diese wettbewerbstechnischen Probleme nur mit Roaming zu bezwingen.
Mittelfristig kann es gut gehen, wenn VF und 1&1 kooperativ&fair zusammenarbeiten. Dann könnte es sich am Ende sogar als ein Wettbewerbsvorteil (in der Kostenstruktur) herausstellen, wenn sie ihr Sub-1-GHz-Netz gemeinsam ausrollen. Sobald der örtliche Datenverbrauch weiter steigt, müssten sie dann eigene 1800er, 2100er, 2600er oder 3500er Zellen am selben Masten ergänzen. - Aber wenn das wirklich gelingt, dann wird die Telekom klagen, weil sie ihre Felle als Branchenprimus davonschwimmen sieht (Zukunftsmusik in 10-15 Jahren).
Also das Popcorn liegt bereit.
Was ich mir aber gar nicht vorstellen kann, ist dass die Sub-1-GHz-Frequenzen einfach nur kostenlos verlängert werden und unverändert in der Obhut der drei alten Netzbetreiber verbleiben. Selbst wenn der BGH das durchwinken sollte (warum sollte er?), wird das spätestens bei EU-Gerichten scheitern. Die sind da (für mich nachvollziehbar) relativ objektiv und lassen sich von der Staatsnähe der dt.Telekom nicht zu Telekom-freundlichen Urteilen verleiten.
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[2.1] hrgajek antwortet auf IMHO
22.02.2024 13:24
Hallo,
Benutzer IMHO schrieb:
Heutzutage geht es (mal wieder) darum den Sub-1-GHz-Bereich (700/800/900MHz) fair aufzuteilen.

Danke für die ausführliche Analyse.

Der gordische Knoten lässt sich wohl nur mit politischem Druck durch trennen.

Die etablierten Netzbetreiber argumentieren, dass sie nicht einsehen, auf einen Neuankömmling "Rücksicht" zu nehmen, der viel angekündigt, aber noch wenig umgesetzt hat. Und sie haben Angst, Einnahmen zu verlieren, weil die Kunden natürlich zum scheinbar günstigsten Anbieter (Preis) wechseln.

Die Bundesnetzagentur könnte argumentieren: 1&1 Du hast die vorgegebenen Ziele nicht erfüllt (1000 Stationen am 31.12.22), zur Strafe darfst Du nicht teilnehmen.

Die Bundesnetzagentur hatte vorgeschlagen, die verbliebenen GSM-Netze in ein gemeinsam betriebenes Netz zusammen zulegen, dadurch würden ein paar Frequenzen auf 900 MHz frei. Reaktion der Netzbetreiber: Keine
(Inoffiziell: "zu aufwendig, zu teuer, lohnt nicht")

Die Bundesnetzagentur könnte sagen: Solange 1&1 bei o2 oder Vodafone roamt, rechnen wir deren Lowband-Frequenzen mit rein.

Die Bundesnetzagentur könnte sagen, wir verlängern für D1, D2 und o2 unter der Bedingung, dass sie Frequenzen an 1&1 vermieten müssen, sofern 1&1 diese auch wirklich innerhalb einer gewissen Zeit tatsächlich nutzt. Bleibt noch die Frage, was das kosten darf.

Rein funktechnisch müsste ein Netzausbau auch mit Midband/Highband machbar sein, ist halt wesentlich teurer und aufwendiger, weil es zigfach mehr Sender braucht. Der Lohn wäre ein dichteres Netz mit hoher Kapazität.

Ich bleibe weiterhin skeptisch, ob wir unbedingt vier echte Netzbetreiber brauchen. Der Kundenwunsch nach vollständiger Netzabdeckung wird dadurch nicht leichter erfüllt.

Just my 0,02 Euro :-)