Benutzer kfschalke schrieb:
Die Frage ist doch, geht es immer nur um Neukundengewinnung und Sim-Karten? Was nützen die 2 Mobilfunkverträge, die man bei 1&1 dazu kriegt, dem Unternehmen?
Berechtigte Frage. Das Problem ist nur, dass auch bei Bestandskunden für mich keinerlei Strategie erkennbar ist, den Umsatz pro Kunde durch irgendwelche Mehrleistungen oder was auch immer zu erhöhen. Wachsen kann man eben nur durch zwei Dinge. Entweder man gewinnt ständig Neukunden hinzu oder man erhöht den Umsatz der Bestandskunden. Und eine Umsatzerhöhung funktioniert entweder durch eine Preiserhöhung oder eben dadurch, dass man Bestandskunden dazu bringt, mehr Leistungen des Unternehmens zu verwenden und natürlich dafür zu bezahlen. Aber wie gesagt, irgendeine Strategie dafür ist für mich nicht erkennbar.
Und genau dieser Plan der 1&1 kann aufgehen, ein Netz in Ballungszentren aufbauen, den Rest mit Roaming abdecken und mit 5g@home Geld verdienen.
Zum einen stehen diesen Ideen die Vergaberichtlinien für die Frequenzen entgegen. Hier ist der Aufbau eines bundesweiten eigenen Netzes gefordert. Das wusste 1&1 bevor sie die Frequenzen gekauft haben.
Dazu kommt, dass die Margen im Mobilfunkbereich extrem dünn sind. Hier kann nur Geld verdient werden durch maximaler Automatisierung und maximale Kostenreduktion. Oder anders ausgedrückt, der Gewinn pro Kunde ist sehr gering und nur die Skaleneffekte durch die hohe Anzahl der Kunden macht das Geschäft noch halbwegs einträglich.
Die anderen drei Netzbetreiber haben die anfänglichen Investitionskosten für die Netze wohl bereits lange abgeschrieben. Was jetzt anfällt sind quasi Update Kosten und Wartungskosten. Diese sind natürlich deutlich geringer als die initialen Investitionskosten für den Aufbau eines Netzes.
Genau diese Investitionskosten muss nun 1&1 schultern. Gleich zu Anfang ist über €1 Milliarde für nichts weggeflossen. Nämlich für die Frequenzen. Und nun muss, folgt man den Auflagen der Bundesnetzagentur, das gesamte Land von Flensburg bis Garmisch-Partenkirchen und von Aachen bis Görlitz flächendeckend mit Mobilfunk versorgt werden. Die dafür nötigen Investitionssumme sind kaum vorstellbar.
Selbst wenn man glaubt, 1&1 könnte letztlich diese gewaltige Summe aufbringen und das Netz aufbauen, so werden über die nächsten zehn oder wahrscheinlich eher 20 Jahre diese Investitionssumme abgeschrieben werden müssen. Das Unternehmen wird also für wahrscheinlich mindestens zwei Jahrzehnte einen unfassbar hohen Kostenblock in den Bilanzen haben. Da bleibt kein Spielraum mehr für irgendwas. Da geht es dann eher darum zu überleben.
1&1 ist groß geworden mit dem Wiederverkauf von Leistungen. Man kaufte, um im Mobilfunkbereich einmal zu bleiben, möglichst kostengünstig Vorleistungen von o2 und jetzt halt Vodafone ein und verkaufte sie mit einem entsprechenden Aufschlag an die eigenen Kunden weiter. Hier standen die Kosten für den Einkauf direkt proportional im Verhältnis zu den Einnahmen durch die eigenen Kunden. Das war sehr gut skalierbar und planbar. Und das Unternehmen hatte jahrzehntelang Erfahrungen darin.
Hat man aber nun ein eigenes Mobilfunknetz fehlt diese Proportionalität. Denn dieses muss mit gewaltigen Kosten aufgebaut und gewartet werden, Relativ unabhängig davon, wie es Kunden nutzen. Denn es muss zur Verfügung stehen und funktionieren, selbst wenn Kunden kaum Umsatz tätigen.
Das kann funktionieren. Es kann. 1&1 hat aber keinerlei Erfahrung darin. Sehr wohl hat man aber Erfahrung im Wiederverkauf von Vorleistungen. Es ist deshalb extrem mutig, wenn ein Unternehmen hier quasi eine 180° Wende hinlegt. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies funktioniert, ist sehr gering, wenn auch nicht ausgeschlossen. Aber die Wahrscheinlichkeit spricht eben deutlich gegen einen möglichen Erfolg.