Urteil
Verkündet am 04.12.2002
Landgericht Köln
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Einstweiligen Verfügungsverfahren der Firma ...
gegen die Firma teltarif.de Onlineverlag GmbH, ..., hat die
28. Zivilkammer des Landgerichts Köln auf die mündliche
Verhandlung vom 13.11.2002
durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht Reske,
den Richter am Landgericht Rehbein sowie
die Richterin Slota-Haaf
für Recht erkannt:
Der Antrag auf Feststellung der Erledigung des Verfahrens in der Hauptsache wird zurückgewiesen.TatbestandDer Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Antragstellerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.400,00 Euro abzuwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Antragstellerin betreibt im Internet einen Mobilfunkhandel unter der Seite "www.teltex.de".
Die Antragsgegnerin unterhält unter der Internetseite "www.teltarif.de" ein Internetforum, in dem nach Anmeldung einzelne Benutzer Erfahrungsberichte u.a. zum Kauf oder Erwerb von Mobiltelefonen mit oder ohne Mobilfunkvertrag einstellen können.
Am 9. September 2002 wurden in dem Internetforum der Antragsgegnerin zwei Berichte von Kunden der Antragstellerin veröffentlicht, die sich kritisch mit deren Geschäftsgebaren auseinandersetzten. Wegen des Inhalts dieser beiden Beiträge wird auf Bl. 4 - 12 d.A. Bezug genommen.
Die Antragstellerin mahnte die Antragsgegnerin insoweit unter dem 10. September 2002 ab und forderte diese auf, die sogenannten Berichte von der Internetseite zu entfernen. Hierzu erklärte sich der Geschäftsführer der Antragsgegnerin bereit. Allerdings wurden dann in der Folgezeit lediglich die sog. Links auf die entsprechenden Seiten beseitigt, nicht hingegen die konkreten Beiträge selbst. Diese wawren bei Kenntnis der genauen Seitenbezeichnung bzw. über eine Verlinkung auf einer anderen Internetseite noch erreichbar.
Die Antragstellerin war später noch Gegenstand einer Reihe von weiteren Beiträgen anderer Kunden. Diese wurden von der Antragstellerin im Verlaufe des Verfahrens vorgelegt und der Antragsgegnerin zur Kenntnis gebracht.
Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass der Inhalt der monierten Beiträge einen Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellten, da sie grob geschäftsschädigenden Inhaltes seien und allgemein zu Sammelklagen oder Sammelstrafanzeigen gegen die Antragstellerin aufforderten. Die Antragsgegnerin sei auch als Betreiberin des Forums nach dem Teledienstgesetz verpflichtet, ihre Beiträge auf strafbare und rechtswidrige Inhalte hin zu überprüfen und diese zu entfernen.
Die Antragstellerin beantrage in der mündlichen Verhandlung
der Antragsgegnerin bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu verbieten,Die Antragsgegnerin beantragte,
e-mails von Forenmitgliedern des Internetforums teltarif.de im geschäftlichen Verkehr zu veröffentlichen, die grob geschäftsschädigenden Inhalt in Bezug auf die Antragstellerin enthalten oder allgemein zu Sammelklagen oder Sammelstrafanzeigen gegen die Antragstellerin aufrufen, insbesondere wie unter "www.teltarif.de" am 8. Oktober 2002 und im Thread "Strafanzeige & Klage gegen teltex erstattet" geschehen.
den Antrag zurückzuweisen.Nach der mündlichen Verhandlung hat die Antragstellerin durch am 21.11.02 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem die Antragsgegnerin - dies ist unstr - die in dem Verfügungsantrag angesprochenen Seiten nunmehr endgültig aus dem Internetforum entfernt habe. Dem hat sich die Antragsgegnerin nicht angeschlossen.
Die Antragsgegnerin vertritt die Auffassung, dass sie hinsichtlich
der Inhalte der in ihrem Online-Forum veröffentlichen Beiträge nicht
verantwortlich sei. Hierzu behauptet sie, dass sie lediglich
die technischen Voraussetzungen für das Forum zur Verfügung stelle.
Die einzelnen Beiträge würden von dem jeweiligen Nutzer mit Hilfe eines
Online-Formulars in das Forum gestellt und seien anschließend sofort
für jedermann abrufbar. Sie meint, aus der Konzeption des Forums und
der Gestaltung der einzelnen Beiträge sei klar erkennbar, dass es sich
bei den eingestellten Mitteilungen nicht um redaktionelle oder
sonstige eigene Inhalte der Antragsgegnerin, sondern um eigene
Beiträge des jeweiligen Forumnutzers handele.
Schließlich ist sie der Auffassung, dass die von der Antragstellerin
gerügten Beiträge aber auch nicht geeignet seien, die für einen
Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr zu
begründen, da sie keine rechtswidrigen Äußerungen der Autoren
enthielten. Insbesondere könne es den Kunden der Antragstellerin
nicht verwehrt werden, öffentlich über mögliche rechtliche Schritte
gegen die Antragstellerin nachzudenken, bzw. Erfahrungen zu diesem
Thema auszutauschen. Soweit sie also von der Antragstellin im Übrigen
nicht beanstandete Tatsachenbehauptungen enthielten, handele es sich
bei den Beiträgen um zulässige Meinungsäußerungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Der Antrag auf Feststellung der Erledigung des Verfahrens in der
Hauptsache, als den die Erledigungserklärung nach der Weigerung
der Antragsgegnerin, sich dieser anzuschließen, zu behandeln ist,
ist als unzulässig zurückzuweisen.
Dieser Antrag kann im Falle einer mündlichen Verhandlung wirksam
nur bis zu deren Ende gestellt werden, § 296a ZPO
(vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 24. Auflage,
§ 91a, Rn. 37). Vorliegend ging der Antrag allerdings
schriftsätzlich erst nach dem Ende der mündlichen Verhandlung bei
Gericht ein. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung kommt
aufgrund der Natur des einstweiligen Verfügungsverfahrens hier
nicht in Betracht.
Der Antrag wäre aber auch unbegründet, unabhängig davon, wie in der
Sache selbst zu entscheiden ist.
Denn die ursprüngliche Begründetheit des gestellten Verfügungsantrages
unterstellt, wäre das bloße Entfernen der monierten Beiträge aus dem
Internetforum nicht geeignet, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen.
Diese setzte vielmehr die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung
durch die Antragsgegnerin voraus, was hier unstreitig nicht geschehen
ist. Denn der gestellte Antrag war nicht nur auf die Beseitigung
bestimmter Beiträge, sondern auf die generelle Unterlassung derartiger
Veröffentlichungen gerichtet.
Damit ist weiterhin über den in der mündlichen Verhandlung gestellten
Antrag zu befinden.
2. Der Antrag auf Erlass der von der Antragstellerin begehrten einstweiligen Verfügung ist nicht begründet.
Der Antragstellerin steht gegenübert der Antragsgegnerin kein Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB zu.
In Bezug auf die mit der Antragsschrift unmittelbar in Bezug genommenen beiden Beiträge aus der Internetveröffentlichung vom 9. September 2002 kann dahinstehen, inwieweit eine Verantwortlichkeit der Antragsgegnerin nach Kenntniserlangung von ihrem Inhalt nach Abmahnung durch die Antragstellerin gemäß § 11 Ziff. 1 dees Teledienstgesetztes gegeben wäre.
Denn für einen entsprechenden Unterlassungsanspruch fehlt es bereits an dem hierfür notwendigen rechtswidrigen Inhalt.
Beide Beiträge schildern konkrete Erfahrungen, die Kunden in der
Geschäftsabwicklung mit der Antragstellerin gemacht haben. Diese werden
auch konkret bezeichnet, wobei stets zwei Problemfelder angesprochen
werden. Zum einen den behaupteten Nichterhalt eines bestimmten Handys
sowie eine angeblich nicht erfolfte Gutschrift, die versprochen
worden sein soll. Diese konkreten Tatsachenbehauptungen werden von
der Antragstellerin auch nicht bestritten.
Die aus diesen Tatsachen von den Autoren der Beiträge gezogenen
Schlussfolgerungen stellen aber zulässige Meinungsäußerungen dar.
Es ist ihnen zunächst ein pauschaler Boykott-Aufruf oder ein
Aufruf zu Sammel-Klagen oder Sammel-Strafanzeige nicht zu entnehmen.
Es werden lediglich "Ratschläge" für diejenigen erteilt, die ähnliche
Erfahrungen mit der Antragstellerin gemacht haben sollen.
Sofern in diesen Beiträgen der Antragstellerin ein unredliches
Geschäftsgebaren unterstellt wird, so ist auch diese Äußerung zulässig.
Denn die grundsätzlich bestehende Meinungsäußerungsfreiheit findet
erst dort ihre Grenze, wo die Schwelle zur sogennanten Schmähkritik
überschritten ist. Dies ist dann gegeben, wenn mit einer bestimmten
Äußerung allein die Schädigung des von der Äußerung Betroffenen
bezweckt ist. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Vielmehr handelt
es sich vorliegend um Schlussfolgerungen, die juristische Laien in
Bezug auf einen konkreten, streitigen Sachverhalt vorgenommen haben.
Bestehen für derartige Äußerungen konkrete Anknüpfungspunkte, so hat
sie ein Betroffener auch dann hinzunehmen, wenn sich die von dem
Äußernden vorgenommen juristische Einordnung bei genauer Prüfung als
nicht haltbar oder jedenfalls umstritten herausstellen sollte
(Wenzel, Das Recht der Word- und Bildberichterstattung,
4. Auflage, Rdnr. 4.57, 4.58 m.w.N.).
Soweit die Antragstellerin im Verlaufe des Verfahrens weitere Beiträge
eingereicht hatte, die nach ihrer Auffassung rechtswidrige Inhalte
enthalten, so schweitert eine Verantwortlichkeit der Antragsgegnerin
insoweit jedenfalls bereits daran, dass sie als Diensteanbieter im
Sinne der §§ 9 - 11 des Teledienstgesetzes nicht
verpflichtet ist, die von ihr übermittelten oder gespeicherten
Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die
auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen,
§ 8 Abs. 2 S. 1 Teledienstgesetz. Dafür,
dass sich die Antragsgegnerin die Inhalte des in ihrem Forum
veröffentlichen Beiträgen selbst zu eigen gemacht hätte, bestehen
keine Anhaltspunkte. Dementsprechend wäre sie erst nach Kenntniserlangung
von dem Inhalt gemäß § 11 Ziff. 1 des Teledienstgesetzes
zur Überprüfung verpflichtet gewesen. Eine rechtzeitige Kenntniserlangung
vor der mündlichen Verhandlung war hier aber nicht gegegen.
Im Übrigen würde der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aber auch
hier angesichts des fehlenden rechtswidrigen Inhaltes aus den bereits
genannten Gründen scheitern. Der Schriftsatz der Antragstellerin
vom 2.12.02 gibt keine Veranlassung für eine abweichende Einschätzung.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1 1. HS, 708 Ziff. 6, 711, 108 Abs. 1 S. 2 ZPO.
Streitwert: 15.000,00 Euro