Hörer-feindlich: Darum gibt es Kommen & Gehen bei DAB+
Über das Digitalradio DAB+ gibt es weit mehr Programme als im analogen UKW-Hörfunk. Hier ist aber auch eine viel größere Unruhe zu spüren. Seit dem Neustart des terrestrischen Digitalradios im Jahr 2011 sind bereits zahlreiche Programme wieder aus den Multiplexen verschwunden, andere haben Sendegebiete getauscht. Und auch in den kommenden Wochen wird sich das nicht ändern.
Ein ständiges Kommen und Gehen
Kultradio ist eines der gescheiterten DAB+-Programme
Foto: Kultradio
Die Liste ist lang: Es fing einst mit den Privatsendern Lounge FM und Kiss FM an, die ihre Verbreitung im nationalen Bouquet aufgegeben haben. Mehr als drei Dutzend Programme haben seitdem ihre Ausstrahlung in lokalen und regionalen Multiplexen wieder eingestellt. Und andere wiederum haben sich aus einzelnen Muxen zurückgezogen. Manchmal haben sie auch Sendegebiete gewechselt.
Auch in den kommenden Wochen heißt es wieder regional Abschied nehmen von einigen Wellen: Schlager Radio verlässt beispielsweise die Multiplexe in Hessen und wohl auch Baden-Württemberg. egoFM steigt aus der Verbreitung in Nordrhein-Westfalen aus. Zuvor hatten sich die schwul-lesbische Welle lulu.fm und die christlichen Radios ERF Jess und Domradio aus mehreren Sendegebieten zurückgezogen. Ganz aktuell hat die Welle "nice radio" ihre Ausstrahlung über DAB+ in Hamburg beendet. Im vergangenen Jahr hatte Großstadtradio aus Berlin festgestellt, dass der Verbreitungsweg DAB+ zu teuer ist und die Ausstrahlung wieder eingestellt. An "Harbour Town Radio", "interviewRadio", "Antenne 50 Plus", "Ilmwelle" oder "mauma.fm" werden sich viele gar nicht mehr erinnern, da diese Programme nur kurze Gastspiele im Digitalradio hatten.
Das sind die Gründe für Rückzüge
Gründe sind fast immer wirtschaftlicher Natur - ausbleibende Werbekunden, miese Hörerzahlen, manchmal aber auch Insolvenzen oder die Erkenntnis, das man mit dem Programmformat kein Geld verdienen kann. Das Problem: Zwar gibt es über DAB+ weit mehr Programme als über UKW, der Werbekuchen ist aber nicht größer geworden. Und die Werbetreibenden schalten ihre Spots in der Regel nur dort, wo es auch die meisten Hörer gibt. Und das sind fast immer die großen Sender, die auch über UKW hörbar sind. Nur wenige reine Digitalwellen haben mit ihren Formaten bisher wirtschaftlichen Erfolg.
Besonders dort, wo die Media Analyse Audio für ein Programm nur geringe Hörerzahlen ausweist, haben die Veranstalter häufig keine Geduld. Das Sendegebiet wird aufgegeben, manchmal versucht man es dann woanders.
Der Privatsender Femotion Radio sah mehr Potenzial in einzelnen, regionalen Sendegebieten als in der nationalen Verbreitung im zweiten, bundesweiten Multiplex. Schwestersender Sportradio Deutschland ist gänzlich gescheitert. Joke FM als Comedy-Radio musste Insolvenz beantragen. Auch die bayerischen, landesweiten Sender Kultradio und PN Eins sind gescheitert.
Sendeplätze stehen oft nicht lange leer
Was vor allem die Netzbetreiber freut: Lange stehen solche Sendeplätze nicht leer, da es immer noch reges Interesse an Kapazitäten gibt. Wenn Schlager Radio zum 1. April die Multiplexe in Hessen verlässt, folgt mit dem Country-Sender The Wolf gleich ein Nachfolger. Auch der bisherige Platz von egoFM in NRW könnte schnell neu belegt werden, Interesse zeigt der Rocksender Star FM.
Ärgerlich ist es eher für die Hörer. Ganz verzichten müssen sie auf die Programme jedoch häufig nicht, es sei denn der Sendebetrieb muss komplett eingestellt werden. Die meisten Stationen machen als Internetradio weiter. Daher ist es empfehlenswert, sich für den Heimgebrauch hybride Radios anzuschaffen, die neben DAB+ und UKW auch Webradio über WLAN empfangen. Als Alternative kann man die Sender über Apps hören und beispielsweise per Bluetooth an das Radio streamen.
In unserer Übersicht stellen wir DAB+-Radios mit Bluetooth-Funktion von 30 bis 60 Euro vor.