Fernsehen

ProSiebenSat.1: Mediaset-Übernahme wird wahrscheinlicher

Eine Über­nahme von ProSiebenSat.1 durch Mediaset rückt scheinbar näher. Der italie­nische Medi­enkon­zern nimmt nach einem Streit mit Vivendi die Grün­dung seiner euro­päi­schen Medi­enhol­ding wieder auf.
Von Björn König

Offenbar hat die italie­nische Mediaset Pläne zur Grün­dung einer euro­päi­schen Holding unter dem Namen Media For Europe mit Sitz in den Nieder­landen wieder aufge­nommen. Das Projekt lag aufgrund eines Streits mit dem fran­zösi­schen Aktionär Vivendi auf Eis. Damit ist nun klar, dass Mediaset weiterhin eine Zukunft mit ProSiebenSat.1 plant und diese keines­falls aufge­geben hat. Laut einem Bericht von Digital TV Europe will Mediaset seine Aktio­näre um Bestä­tigung für die Pläne bitten.

Nun könnte es schnell gehen

Foto: Mediaset Mediaset-Zentrale in Cologno Monzese
Foto: Mediaset
Wenn die nieder­län­dische Dach­hol­ding in Amsterdam steht, wird Mediaset sicher­lich zügig damit beginnen, die einzelnen Einheiten der Sender­gruppe darunter zu formieren. Laut Mediaset-Finanz­chef Marco Gior­dani sei in diesem Zusam­men­hang auch eine Fusion mit der spani­schen Tochter "Mediaset Espana" denkbar. Für ProSiebenSat.1 bedeutet dies, dass Mediaset ihre Betei­ligung am Münchener Medi­enkon­zern mit sehr hoher Wahr­schein­lich­keit bald weiter aufsto­cken dürfte.

Mittel­fristig würde sich dann aller­dings im ProSiebenSat.1-Konzern eine ganze Menge ändern, das Unter­nehmen dürfte de facto voll­ständig durch die nieder­län­dische Mediaset-Holding kontrol­liert werden. Welche Bereiche dann über­haupt noch in Unter­föh­ring bleiben, ist völlig offen. Auch die Zukunft des aktu­ellen Manage­ments wird sicher­lich zur Diskus­sion stehen. Wahr­schein­lich ist, dass Mediaset alle wich­tigen Schlüs­sel­posi­tionen mit entspre­chenden Vertrau­ens­leuten besetzt.

ProSiebenSat.1 hält sich bedeckt

In Unter­föh­ring hielt man sich bislang mit Kommen­taren zu weiteren Plänen des italie­nischen Groß­aktio­närs zurück. CEO Rainer Beau­jean betonte stets, dass man unab­hängig von den aktu­ellen Betei­ligungs­ver­hält­nissen eine eigene Stra­tegie verfolge. Klar ist bislang, dass sich die Italiener an bishe­rigen Konzern­akti­vitäten unter dem dama­ligen CEO Max Conze störten. Dies hatte Mediaset-Finanz­chef Marco Gior­dani bereits in einem Inter­view mit dem "Spiegel" klar­gestellt.

Im Programm­bereich ist Mediaset vor allem bei Eigen­pro­duk­tionen stark. Der italie­nische Konzern verzeichnet im euro­päi­schen Vergleich einen relativ hohen Anteil an selbst produ­zierten Sende­minuten, wobei die in Italien beliebten Live-Shows eine beson­ders große Rolle spielen. Zudem enga­giert sich Mediaset auch stark bei Radio­sen­dern und betreibt mit "Mediaset Play" einen der in Italien wich­tigsten Strea­ming-Dienste. Mit dem deut­schen Fern­seh­markt hat der Medi­enkon­zern des ehema­ligen italie­nischen Minis­ter­prä­sidenten Silvio Berlus­coni aller­dings nur bedingte Erfah­rung. Zwischen 1988 und 1992 war Berlus­coni mit 45 Prozent am damals noch neuen Privat­sender Tele 5 betei­ligt.

RTL unter Druck

Sollte es tatsäch­lich zur Verschmel­zung von Mediaset und ProSiebenSat.1 kommen, setzt das in Deutsch­land vor allem den Mitbe­werber RTL stark unter Druck. Die Kölner wären dann vermut­lich ebenso gezwungen, nach weiteren Koope­rati­ons­mög­lich­keiten inner­halb oder außer­halb Europas zu suchen, um mit Mediaset im Wett­bewerb weiter auf Augen­höhe bleiben zu können. Aller­dings sind solche Koope­rati­ons­mög­lich­keiten mitt­ler­weile rar gesät und bei einer Zusam­men­arbeit mit US-Medi­enkon­zernen würden in jedem Falle euro­päi­sche und natio­nale Kartell­wächter genauer hinsehen.

Wie sich "Media For Europe" nun konkret entwi­ckelt und welche weitere Rolle ProSiebenSat.1 in diesem Kontext spielt, wird in den kommenden Monaten ein span­nendes Thema für die gesamte Medi­enbranche bleiben. Egal wie es am Ende ausgeht, bei ProSiebenSat.1 stehen größere Verän­derungen ins Haus. Dass Mediaset aller­dings bei dem Thema alles auf eine Karte setzt, war bislang eher Speku­lation. Mit dem Voran­treiben der nieder­län­dischen Medi­enhol­ding wird daraus aber Realität.

In einem weiteren Artikel disku­tieren wir, ob sich ProSiebenSat.1 wieder stärker auf sein Kern­geschäft fokus­siert.

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