Was kostet eine Campus-5G-Frequenz?
Industriebetriebe, auch kleinere, können sich für ihr Werksgelände bei der Netzagentur eine Lizenz kaufen.
Bild: teltarif.de
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat heute – nach Rücksprache mit den zuständigen Ministerien – die Gebühren für die „lokalen 5G-Frequenzen“, sogenannte "Campus-Frequenzen" (im Frequenzbereich 3,7 GHz bis 3,8 GHz) festgelegt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte Anfang der Woche auf dem Digital-Gipfel bereits „mittelstandsfreundliche“ Gebühren angekündigt.
Neue Frequenzgebührenverordnung mit Preisformel
Die derzeit noch gültige Frequenzgebührenverordnung soll nach Unterzeichnung und Verkündung im Bundesgesetzblatt „mit einem sofortigen Inkrafttreten nach Verkündung noch im November geändert“ werden. Der Start des Antragsverfahrens, schreibt die Netzagentur weiter, werde „demnächst bekannt gegeben“.
Auf der Homepage der Bundesnetzagentur wird der Tarif bekannt gegeben, der nach der Formel
Gebühr = 1000 + B * t * 5 * (6a1 + a2)
berechnet werden kann. Das erinnert manchen Leser an seine Schul- oder Studienzeit. In der Formel steht "B" für die mögliche Bandbreite (10 bis maximal 100 MHz), t = für die Laufzeit der Zuteilung (typischerweise 10 Jahre), a = die Versorgungsfläche in km² wobei a1 die Siedlungs- und Verkehrsfläche ist, und a2 die sonstige Fläche.
Man nehme 10 Jahre...
Industriebetriebe, auch kleinere, können sich für ihr Werksgelände bei der Netzagentur eine Lizenz kaufen.
Bild: teltarif.de
Nehmen wir mal ein Werksgelände mit 1 km² an und die "sonstige" (versorgte) Fläche mit 9 km², so kämen nach dieser Formel bei voller Bandbreite ein Gesamtpreis von 9000 Euro heraus, was 75 Euro im Monat entspräche. Für einen Gewerbetrieb eine absolut vernachlässigbare Größe. Dazu kommen dann noch die Kosten für die Hardware (Kauf, Aufbau, Inbetriebnahme, laufender Betrieb und möglicherweise Wartung (Softwareupdates, Support bei Störungen oder Ausfällen, Lizenzen für weitere Software, kosten für etwaige Cloud-Service-Dienste) etc, denn die Firma ist dann quasi ihr eigener Netzbetreiber.
BREKO begrüßt Einigung
Der Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) begrüßt die nun erfolgte Einigung innerhalb der Bundesregierung auf moderate Gebühren und den angekündigten baldigen Start des Antragsverfahrens für die lokalen 5G-Frequenzen ausdrücklich.
„Wir freuen uns, dass sich die Bundesregierung nun endlich geeinigt hat, die Gebühren für die lokalen 5G-Frequenzen so zu gestalten, dass insbesondere mittelständische Unternehmen nicht unverhältnismäßig belastet werden und in der Folge von einer Beantragung der Frequenzen absehen. Gerade der Mittelstand als Rückgrat der deutschen Wirtschaft braucht neben leistungsfähigen Glasfaseranschlüssen auch 5G-Campuslösungen, um die zukunftssichernde Digitalisierung vorantreiben zu können“, kommentiert BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers den Vorschlag der Netzagentur. „Mit Glasfaser bis zum Unternehmen in Verbindung mit 5G als ‚mobiler Glasfaser‘ machen wir die Unternehmen fit für die Digitalisierung und stärken so den Wirtschaftsstandort Deutschland. Die BNetzA muss nun zügig das Antragsverfahren starten, damit der Vergabeprozess für die lokalen 5G-Frequenzen schnellstmöglich beginnen kann.“
Viele der mehr als 190 Netzbetreiber des BREKO bauen lokal und regional zukunftssichere Glasfasernetze bis in die Gebäude oder bis direkt zum Anschluss des Kunden. Über die Zuteilung lokaler 5G-Frequenzen können sie nun insbesondere Geschäftskunden maßgeschneiderte Angebote machen, die sich exakt nach deren individuellen und spezifischen Anforderungen wie etwa der Vernetzung mehrerer Standorte (‚Campuslösungen‘) oder der Implementierung von Machine-to-Machine-Lösungen (M2M) richten und eine garantierte Netzabdeckung vor Ort bieten.
BREKO sieht sich als Partner für Campus-Lösungen
Gerade für mittelständische Unternehmen sind die überwiegend lokal/regional verorteten Netzbetreiber des BREKO ideale Partner zur Realisierung von 5G-(Campus-)Lösungen. Schon jetzt hat eine Vielzahl von BREKO-Netzbetreibern signalisiert, dass sie in dieses Geschäftsmodell einsteigen wollen – so etwa der baden-württembergische Netzbetreiber NetCom BW, eine Tochter des Energieversorgers EnBW. Die NetCom BW befindet sich bereits in Gesprächen mit diversen Mittelständlern, um diese mit ihrem Know-how in der Planung, Realisierung und dem Betrieb solcher Funknetze zu unterstützen.
„Lokale 5G-Lösungen ergänzen unser Dienstleistungsportfolio für Geschäftskunden optimal“, sagt Bernhard Palm, Geschäftsführer der NetCom BW und BREKO-Präsidiumsmitglied. „Wir stehen in den Startlöchern und wollen konkrete Pilotprojekte zum Aufbau von Campuslösungen realisieren.“
Netzausbau do it your self
Eine Firma kann sich nun ihr 5G-Netz im Prinzip selbst bauen oder aus einem Baukasten beziehen (z.B. vom Distributor KomSa) oder einen Dienstleister beauftragen, das für sie zu tun. Wem das zu komplex ist könnte sich auch einen etablierten Netzbetreiber (Telekom, Vodafone, Telefónica oder neu dabei 1&1-Drillisch) ins Boot holt, der dann eigene Frequenzen mitbringt oder die von der Firma gemieteten Frequenzen mitverwaltet. Zu beachten ist nur, dass die Campus-Frequenzen nur für firmen-interne-Kommunikation und nur durch Firmenmitarbeiter evtl. noch von der Firma explizit beauftragte Anwender genutzt werden können. Wenn die Firma aber einen etablierten Netzbetreiber ins Boot holt, steht dem nichts entgegen, dass dieser den Sendemasten gleich mit eigenen Frequenzen mit Angeboten für die allgemeine Kundschaft ausrüstet, wovon Mitarbeiter mit ihren privaten Geräten, Besucher oder Passanten und Nachbarn auch etwas hätten.
Die 5G-Campus-Lösung ist in Europa übrigens einzigartig.