Standpunkt

Aiwanger: Verträge schließen und dann bauen

Der baye­rische Wirt­schafts­minister ist ein zupa­ckender Typ und liebt klare Worte. Im Wald bei Birkach skiz­zierte er, wie der Netz­ausbau in Bayern und Deutsch­land schneller werden könne
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Wenn ein großes Funk­loch in Bayern gestopft wird, wenn es um digi­tale Zukunft oder moderne Tech­nologie geht, dann kann es sein, dass der Staats­minister für Wirt­schaft, Hubert Aiwanger, zugleich bundes­weiter Chef der Freien Wähler, dort auftaucht. Bei ihm, so erklärt er auf seine Home­page, stehe der Mensch im Mittel­punkt und gleich nach der Ankunft legt er Wert darauf, jeden persön­lich zu begrüßen und alle Betei­ligten einzu­binden. "Bürger­meister, geh mol doher". Hier war es Lorenz Müller, Bürger­meister von Schwab­mün­chen, der froh ist, dass der Sender endlich läuft.

Ein freu­diger Tag

Der Staatsminister für Wirtschaft Hubert Aiwanger (links) und Telefónica Chef Markus Haas im Gespräch auf gleicher Wellenlänge Der Staatsminister für Wirtschaft Hubert Aiwanger (links) und Telefónica Chef Markus Haas im Gespräch auf gleicher Wellenlänge
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Nachdem Telefónica Chef Markus Haas den Sender und die Technik kurz erklärt hat, steigt Aiwanger voll ein und findet, dass das "ein freu­diger Tag sei", wieder eine Lücke von 30 Quadrat­kilo­metern geschlossen zu haben. Damit würden etwa 500 Bürger endlich mit Mobil­funk versorgt, rechnet er vor und ist sich sicher, dass durch die gute Zusam­men­arbeit mit der Tele­kom­muni­kati­ons­branche ein flächen­deckendes Bayern möglich werden könne.

Turm ohne Förde­rung

Was den Minister natür­lich beson­ders freut, dass der aktu­elle o2-Turm in Birkach ohne Förde­rung gebaut werden konnte. Denn der Förder­topf des Minis­teriums enthält für Turm­bauten jähr­lich 130 Millionen Euro. Pro Mast werden inzwi­schen schon bis zu 900.000 Euro benö­tigt, bis vor kurzem waren es noch 500.000 Euro gewesen, blickt er zurück.

Die Mobil­funk­ver­sor­gung verbes­sere die Sicher­heit im Wald. Bayern sei zu 99 Prozent bereits mit 4G abge­deckt und zu 90 Prozent mit 5G. Für Aiwanger ist klar: "Wir wollen alle errei­chen".

Bayern misst selbst nach

Und in Rich­tung Bonn und Mainz stellt er lapidar fest: "Wir werden den Netz­ausbau in Bayern in Kürze wieder selbst nach­messen." Denn: "Wir trauen den Messungen der Bundes­netz­agentur nicht." BNetzA-Chef Klaus Müller dürften die Ohren geklin­gelt haben.

Aiwanger hat klare Vorstel­lungen: Der Netz­ausbau in Bayern und Deutsch­land lasse sich nur durch poli­tischen Druck beschleu­nigen, der Indus­trie­standort brauche bessere Netze. Bis 2020 seien in Bayern schon 17.000 Masten gebaut oder umge­baut worden, alleine Telefónica (o2) habe 3000 Stationen in den letzten Jahren ange­fasst.

Förde­rung, wenn keiner gebaut hat

Aiwanger stellte klar: "Wir fördern nur, wenn keiner gebaut hat". Die Bürger­meister vor Ort müssten um die Akzep­tanz der Stand­orte kämpfen. Heute könne man ein Gast­haus voll­kriegen, wenn man die Meldung „Es wird ein Mast gebaut“ verbreite. Auch das müsse sich ändern. Für Aiwanger ist auch wichtig, dass die Netz­betreiber die gebauten oder vorhan­denen Masten gemeinsam nutzen. Er lobte Telefónica Chef Haas, der bereits eine 50-prozen­tige Zusage gegeben habe, die vom Land Bayern geför­derten Masten mit zu nutzen. Umge­kehrt lud Haas seine Wett­bewerber Telekom, Voda­fone oder 1&1 ein, auf den Mast in Birkach zu gehen.

Netz­betreiber haben viel Geld ausge­geben

Deut­lich brach Aiwanger eine Lanze für die Netz­betreiber: "Sie haben für die 5G-Frequenzen sechs Milli­arden Euro ausge­geben, sie haben in die Netze inves­tiert. Die Bundes­netz­agentur ist (mit Auktionen) auf dem falschen Trip", wetterte der Minister. Das Land Bayern mache Verträge mit den Netz­betrei­bern: "Ihr müsst da und da ausbauen", dann würde das auch klappen. Mit vernünf­tigen Verträgen, würde dann auch da gebaut, wo es noch fehlt. Um vom Land könne es 90 Prozent Zuschuss bei einer Förde­rung geben. Auktionen, so der Minister klar und deut­lich, seien der falsche Weg. Zu der kniff­ligen Frage, wie der vierte Netz­betreiber mit den notwen­digen Frequenzen versorgt werden könnte, sagte er nichts.

Dafür erläu­terte Aiwanger, wie er sich den Ablauf von Mast­geneh­migungen vorstellt. Die Aufgabe der Bürger­meister vor Ort sei es, ständig alle Gremien, Ämter etc. abzu­tele­fonieren, was der Stand ist. "Ja das ist eine Sisy­phus-Arbeit" aber eine gute Kommu­nika­tion ist wichtig.

Vier Jahre geht nimmer

Und eins ist für ihn auch klar: "Vier Jahre Geneh­migungs­zeit geht nimmer". Durch eine neue Bauord­nung könnte jetzt bis 15 Meter Anten­nen­höhe geneh­migungs­frei gebaut werden, auch der Grenz­abstand, wo Belange der Nach­barn unbe­dingt berück­sich­tigt werden müssen, sei künftig geringer. Aiwanger forderte schließ­lich, das Deutsch­land (tech­nolo­gisch) nicht nur die Rück­lichter sehen sollte.

Inno­vativ und hart­näckig bleiben

Dr. Michael Higl, stell­ver­tre­tender Landrat des Kreises Augs­burg, war schon während seines Studiums bei der UMTS-Verstei­gerung in der Mono­pol­kom­mis­sion indi­rekt invol­viert. Er findet: "Inno­vative und hart­näckige Unter­nehmen brau­chen wir", damit etwas voran­geht. Diese klare Sprache kommt in Bayern durchaus an. Nicht von unge­fähr haben die Freien Wähler in Bayern aus dem Stand 10 Prozent erreicht und eine Menge mit der lang­zeit­regie­renden bayri­schen CSU unzu­frie­denen Wähler erreicht.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Nicht in allen Bundes­län­dern ist die Politik so aktiv am Ball, wie in Bayern. Das mag sicher auch mit klammen Haus­halts­kassen zusammen hängen. Dennoch: Die Politik kann durch Beschleu­nigung und Verein­fachung von Geneh­migungs­abläufen viele Hürden aus dem Weg räumen.

Warum keine Muster­zulas­sung?

Ein einfa­ches Modell scheint in Deutsch­land nicht möglich zu sein. Was sich für Funk­geräte, Autos oder andere tech­nische Produkte bewährt hat, sollte auch für den Mobil­funk gelten. Dabei würde ein Muster-Sende­mast mit Antennen und Technik einmal ausführ­lich fach­gerecht vermessen und bewertet und wäre dann als Muster für andere Stand­orte einfach auto­matisch geneh­migt, weil seine tech­nischen Daten ja schon bekannt und geprüft sind und schon heute viele Stan­dard­bau­teile verwendet werden. "Nein", so Telefónica Chef Markus Haas zu teltarif.de, "das gibt es bei uns nicht."

Wir meinen: Es würde aber langsam Zeit!

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