Jubiläum

25 Jahre SMS: 160 Zeichen, die die Welt veränderten

Vor 25 Jahren wurde die allererste SMS verschickt und dies löste eine Revolution aus, die den Mobilfunk-Providern satte Einnahmen bescherte. Ganz ausgestorben ist sie noch immer nicht - doch angesichts von Smartphone-Messengern hatten die Nachfolger keine Chance.
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Vor 25 Jahren wurde die aller­erste SMS versendet. Die Kurz­mitteilungen mit 160 Zeichen Länge eroberten danach die Welt und revolutio­nierten nicht nur das Leben der Mobilfunk-Nutzer und die zwischen­mensch­liche Kommuni­kation. Auch den Mobil­funk­an­bietern bescherte die kleine Text­nach­richt Millionen­ein­nahmen. Zum 25. Geburtstag lohnt ein Rückblick auf die SMS, deren geplante Nachfolger nie denselben Bekannt­heits­grad erreichen konnten.

Hierbei ist zu sagen, das auch im Zeitalter von Messengern wie WhatsApp und vielen anderen die SMS noch lange nicht ausgestorben ist. Beispielsweise für Zweifaktor-Authentifizierungen von Online-Accounts hat sie eine kleine Renaissance erlebt, und auch als Mailbox-Benachrichtigung versieht sie nach wie vor treu ihren Dienst.

Erste Idee und technische Realisierung

Die SMS wird 25 Jahre alt Die SMS wird 25 Jahre alt
Bild: dpa
Nur wenige Handy-Nutzer wissen, dass die SMS eine echte deutsch-französische Erfindung ist. Das Konzept für einen Short Message Service wurde 1984 von Friedhelm Hillebrand von der damaligen Deutschen Bundespost zusammen mit Bernard Ghillebaert von der PTT in Frankreich erarbeitet. Hillebrand hat die Länge einer SMS auf 160 Zeichen festgesetzt, weil ein Großteil der Postkarten und Telexe weniger als 160 Zeichen enthielt. Später wurde die SMS Teil der GSM-Standardisierung.

Das Hauptprodukt des digitalen GSM-Mobilfunks war die mobile Telefonie. Der GSM-Standard sah Signalisierungs-Kanäle vor, die beispielsweise dazu verwendet werden, um Gespräche aufzubauen und zu halten. Die freien Kapazitäten dieser Kanäle sollten für den SMS-Verkehr genutzt werden. Dies hat zur Folge, dass SMS auch dann verschickt werden können, wenn gerade ein Telefonat stattfindet. Die Paketgröße der Signalisierungsdaten war beschränkt, also konnte auch die SMS nicht unbegrenzt lang sein. Die später möglichen "langen" SMS waren einfach nur eine Kombination von mehreren 160-Zeichen-SMS, die beim Absender "zerlegt" und beim Empfänger wieder zusammengesetzt wurden.

Die SMS-Kommunikation findet nicht direkt zwischen den Teilnehmern statt, sondern über eine Kurzmitteilungszentrale beim Netzbetreiber. Diese hat eine eigene Rufnummer und diese Nummer muss im Handy in den SMS-Einstellungen abgespeichert werden. Noch heute versenden Provider meist automatisiert Konfigurations-SMS, die diese Einstellungen automatisch auf dem Handy des Nutzers einrichten. Wie das SMS-Versenden funktioniert, haben wir in einem Ratgeber-Artikel zur SMS-Technik erläutert.

1992 wird die erste SMS verschickt

Vor der kommerziellen Einführung der SMS erlebte allerdings noch ein anderes textbasiertes Kommunikationssysteme seine Geburt: 1988 wurde das IRC-System als Nachfolger diverser Netzwerk-Chat-Systeme aus den 1970er- und 1980er-Jahren kreiert, IRC wurde aber damals nur stationär an Computern genutzt.

Ende der 1980er-Jahre erfolgte die endgültige technische Standardisierung des SMS-Dienstes, bevor 1992 die ersten Netzbetreiber mit kommerziellen GSM-Netzen starteten, darunter die Deutsche Telekom und Mannesmann Mobilfunk (heute Vodafone). Zu Beginn beherrschten nicht alle Basisstationen und Endgeräte SMS, doch die Basisstationen konnten durch ein Software-Update fit für SMS gemacht werden.

Am 3. Dezember 1992 war es dann schließlich soweit: Der Ingenieur Neil Papworth von der IT-Firma Sema schickte die erste SMS über das GSM-Netz von Vodafone in Großbritannien an Richard Jarvis von Vodafone. Der Text bestand nur aus zwei Wörtern und lautete "Merry Christmas". Der Absender Neil Papworth saß dabei an einem mit dem GSM-Netz verbundenen PC, Richard Jarvis nutzte für den Empfang ein GSM-Mobiltelefon "Orbitel TPU 901", das so groß war wie ein Autotelefon aus der C-Netz-Ära.

Der finnische GSM-Netzbetreiber Radiolinja war dann 1993 der erste, der den SMS-Dienst als kommerziellen Service für Endkunden einführte. Doch auch dann dauerte es noch einige Jahre, bis die SMS tatsächlich zu einem rauschenden Erfolg wurde. Das hatte diverse Gründe. Die Netzabdeckung war in vielen Ländern noch bescheiden, GSM-Mobilfunk für viele Kunden zu teuer und die Geräte zu unhandlich. Dies führte interessanterweise dazu, dass Mitte der 1990er-Jahre eine andere funk- und textbasierte Kommunikationsform einen kleinen Erfolg erlebte, obwohl es die SMS schon gab: Das waren die Pager-Dienste, die insbesondere in den USA den Erfolg der SMS hinauszögerten.

Erfolg, Premiumdienste und die SMS-Nachfolger

In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre führten sinkende Preise bei den Netzbetreibern und Providern dann zu einem Siegeszug des GSM-Mobilfunks. Insbesondere die Einführung des Prepaid-Abrechnungsmodells hatte zur Folge, dass jedermann sich ein Handy leisten konnte. Und nun erwies sich die SMS plötzlich als willkommene Einnahmequelle für die Netzbetreiber, die Kurzmitteilung wurde - beispielsweise bei einem Preis von 55 Pfennig oder nach der Euro-Umstellung 39 Cent je SMS - zu einem regelrechten "Goldesel". Erste Anbieter entschlossen sich dann allerdings auch dazu, für Vielschreiber eine SMS-Flatrate einzuführen.

Mit Free-SMS-Diensten kam die SMS ins Internet Mit Free-SMS-Diensten kam die SMS ins Internet
Bild: A.Z. - Fotolia.com, teltarif.de
Hatte man in der Öffentlichkeit bisher mehr oder weniger lauthals telefonierende Zeitgenossen mit dem Handy am Ohr gesehen, gab es nun das Phänomen des Passanten, der im Laufen ständig auf sein Handy starrt und wie wild auf der Tastatur herumtippt. Die SMS führte sogar zu Wettbewerben, bei denen man innerhalb weniger Sekunden auf dem Handy in der Hosentasche einen möglichst fehlerfreien 160-Zeichen-Text blind tippen musste. Das Verb "simsen" wurde sogar in den offiziellen Duden aufgenommen - das war für die SMS dann der endgültige kulturelle "Ritterschlag".

Die in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre entstandenen Instant-Messenger-Dienste wie ICQ (ab 1996) und AOL Instant Messenger (ab 1997) waren über viele Jahre keine Konkurrenz für die SMS, da sie nur für Computer-Plattformen verfügbar waren und eine Internetverbindung voraussetzten. Damit waren sie in der Anfangszeit mobil praktisch kaum nutzbar.

Gemeinsam hatten die Messenger mit der SMS allerdings den Netzjargon, also spezielle Abkürzungen wie "GN8" für "gute Nacht" oder "HDL" für "hab Dich lieb", die dabei halfen, Zeichen zu sparen und schnelleres Tippen erlaubten. Dabei half auch die im Januar 1998 eingeführte erleichterte Texteingabemethode T9, die anhand eines Wörterbuchs Worte erraten konnte - nun musste nicht mehr jeder einzelne Buchstabe durch ein-, zwei- oder dreimaliges Drücken einer Zifferntaste erzeugt werden.

Premiumdienste, Anbindung ans Internet und weitere Nutzungsmöglichkeiten

Aufgrund des großen wirtschaftlichen Potenzials gab es ab 2003 in Deutschland die Premium-SMS, mit der die Kurzmitteilung noch mehr zu einer geschäftlichen Einnahmequelle wurde. Nicht nur Wetter- und Nachrichtendienste schossen wie Pilze aus dem Boden, auch Televoting und SMS-Chats drängten in die Branche. Was für den Anbieter dank der bequemen Abrechnung über die Handyrechnung des Kunden ein lukratives Geschäftsmodell wurde, führte bei Verbrauchern oft zu wochenlangen Kämpfen, um das lästige Klingelton- oder Logo-Abo wieder loszuwerden.

Die Netzbetreiber boten irgendwann auch SMS-Software für den Computer an, damit die Kurzmitteilungen über ein mit dem PC gekoppeltes Handy einfacher verschickt werden konnten. Und schließlich schaffte die SMS auch den Sprung ins Internet - die kostenlosen Dienste für Free-SMS ohne Anmeldung beziehungsweise Free-SMS mit Anmeldung sind in der Regel werbefinanziert.

Die SMS fand sogar Eingang in die Verbrechensbekämpfung: Mit Hilfe einer Stillen SMS, von der der Empfänger nichts bemerkt, können Ermittler den Aufenthaltsort eines Handys ganz ohne GPS über das Mobilfunknetz bestimmen. Auch als Überwachungsinstrument für technische Geräte wie Alarmanlagen, Windkrafträder oder Heizungssteuerungen versieht die SMS nach wie vor ihren Dienst.

Die erfolglosen Nachfolger und der Abstieg

Der wirtschaftliche und kulturelle Erfolg der SMS beflügelte die Phantasie der Netzbetreiber. Die SMS sollte nicht nur textlich länger, sondern auch multimedialer und besser mit dem Internet verzahnt werden. So entstand die MMS, die zwar deutlich mehr konnte als die SMS, den meisten - vor allem jugendlichen - Nutzern aber viel zu teuer war. Daran änderten auch Dienste wie die MMS-Postkarte nichts.

Der erst 2012 von der GSM Association eingeführte Standard RCS, der in Deutschland als joyn erfolglos vermarktet wurde, offenbarte lediglich, dass die Mobilfunker einen großen Trend verschlafen hatten. Denn bereits seit 2009 hatten Smartphone-Messenger wie WhatsApp die SMS als Kommunikationsdienst mehr und mehr verdrängt. Auch der ursprünglich auf eine Mitteilungslänge von 140 Zeichen begrenzte kostenlose Micro-Blogging-Dienst Twitter hatte schon seit 2006 nach und nach ehemalige SMS-Aufgaben übernommen.

Doch gerade in Zeiten von staatlicher Überwachung verzichten einige Nutzer bewusst auf US-amerikanische Dienste und senden stattdessen lieber eine kurze SMS. Und wie gesagt: Als Mailbox-Benachrichtigung oder für Zweifaktor-Authentifizierungen von Online-Accounts ist die SMS nach wie vor unverzichtbar.

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