Trotz Streaming first: Disney setzt weiterhin auf TV-Geschäft
Auf Hauptversammlungen großer US-Medienkonzerne holen CEOs gerne weit aus, um bei Investoren für ihre langfristigen Strategien zu werben. Diesbezüglich ist Disney-Chef Bob Chapek keine Ausnahme. Auch er predigte in den vergangenen Monaten immer wieder, wie wichtig Streaming und das Direct-to-Consumer-Geschäft für den Mickey-Mouse-Konzern sei. Ganz besonders, wie sollte es anders sein, vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie.
Darüber hinaus wolle man ohnehin den Zuschauern überlassen, wie und wo sie Disney-Inhalte konsumieren. Einige Branchenbeobachter hatten dieses Statement bereits als Abgesang Disneys auf das lineare Fernsehen aufgefasst, zumal der Konzern in vergangener Zeit rund um den Globus zahlreiche eigene TV-Stationen dicht machte. Doch das ist offenbar nur die halbe Wahrheit, wie das Branchenportal Digital TV Europe berichtet.
Disney hält (vorerst) an Fernsehen fest
Disney-Klassiker wie "Susi und Strolch" laufen auch weiterhin im linearen Fernsehen
Bild: Disney
Demnach generierten Disneys lineare TV-Sender im ersten Quartal dieses Jahres immerhin fast acht Milliarden US-Dollar, obwohl weltweit bereits über
100 Sender geschlossen wurden. Der Geschäftsbereich verzeichnete sogar im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von mehreren hunderttausend Dollar. Geld, auf das CEO Chapek im Moment sicherlich nicht verzichten will.
Auch in Deutschland konnte der Disney Channel bislang durchaus veritable Erfolge einfahren. Zumal der Free-TV-Markt trotz Streaming hierzulande nach wie vor stark ausgeprägt ist. Nicht zu vergessen ist, dass Disney auch weiterhin ein Standbein im lukrativen Werbemarkt halten will. Andere Mitbewerber hatten sogar bereits angekündigt, ihre Engagements in diesem Bereich zu verstärken.
Zukunft ist ungewiss
Obwohl man in Burbank aktuell keinen Abschied vom TV-Geschäft verkünden will, dürfte der endgültige Ausstieg nur eine Frage der Zeit sein. Entscheidende Nachteile dieses Distributionsweges liegen schließlich auf der Hand: Einerseits wollen Zuschauer selbst bestimmen, was sie zu welcher Zeit konsumieren. Zweitens ist die Verbreitung komplexer, drittens sind Zielgruppen-orientierte Angebote für Werbekunden auf non-linearen Verbreitungswegen einfacher umzusetzen.
Disney geht es dabei wie auch Facebook & Co. insbesondere um den großen Datenschatz seiner Konsumenten. Dieser hat für den Konzern langfristig womöglich sogar einen höheren Wert, als die derzeit noch vergleichsweise geringen Einnahmen aus Monatsabos im Streaming. Für unter zehn Euro ist Disney+ hierbei mit Blick auf das sehr umfangreiche Angebot im Marktvergleich ohnehin nach wie vor ausgesprochen günstig. So ruft beispielsweise die Warner-Tochter HBO Max rund 15 US-Dollar ab, Netflix kratzt im Premium-Abo sogar bereits an der 20-Dollar-Marke.
In einer weiteren Meldung geht es um das Thema: Disney investiert 33 Milliarden US-Dollar in neue Inhalte.