Themenspezial Fußball Nachhaltigkeit

Vodafone analysiert Handy-Daten von Bayer-Leverkusen-Fans

Der Fußball­club Bayer 04 Lever­kusen und der Netz­betreiber Voda­fone wollen das Poten­zial von Mobil­funk­daten für Mobi­litäts­kon­zepte und Nach­hal­tig­keit nutzen.
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Können anony­misierte Mobil­funk­daten und Künst­liche Intel­ligenz (KI) einem Bundes­liga­verein auf dem Weg zu mehr Nach­hal­tig­keit helfen? Der Verein Bayer 04 Lever­kusen und der Netz­betreiber Voda­fone haben auf der von der Deut­schen Fußball­liga (DFL) ausge­rich­teten „SportsInnovation“ einen Ansatz vorge­stellt, wo aus anony­misierten Mobil­funk­daten lokale Verkehrs­ströme sichtbar gemacht werden.

Die Idee: Anony­misierte Mobil­funk­daten könnten Grund­lage für klima- und umwelt­freund­liche Mobi­litäts­kon­zepte werden, um An- und Abreise von Stadi­onbe­suchern nach­hal­tiger zu gestalten. Bislang war das nur durch persön­liche Befra­gungen möglich.

Bundes­weit machen sich in der ersten und zweiten Bundes­liga an einem Fußball­wochen­ende mehr als eine halbe Million Fans auf den Weg in die Stadien. Die Anreise mit dem öffent­lichen Nahver­kehr ist oft im Stadi­onti­cket enthalten. Trotzdem kommen viele nach wie vor mit dem eigenen Auto.

Vorher wissen, wer auf welchen Wegen kommt

Die Fußballvereine sollen nachhaltiger werden. Wie kann die Anreise ins Stadion mit Mobilfunk umweltfreundlicher organisiert werden? (Im Bild Leverkusens Trainer Xabi Alonso) Die Fußballvereine sollen nachhaltiger werden. Wie kann die Anreise ins Stadion mit Mobilfunk umweltfreundlicher organisiert werden? (Im Bild Leverkusens Trainer Xabi Alonso)
Foto: Picture Alliance/dpa
Michael Rein­artz, bei Voda­fone für Inno­vationen zuständig, findet, dass die Lage des Stadions, der Zeit­punkt des Spiels und das Wetter eine wich­tige Rolle spielen. Anony­misierte Mobil­funk­daten könnten eine Daten­grund­lage liefern, um den Verkehr an Bundes­liga­spiel­tagen im Zusam­men­spiel von Fans und Verkehrs­pla­nern verläss­licher und ökolo­gisch nach­hal­tiger zu orga­nisieren. Das Ziel: Den CO2-Abdruck zu redu­zieren.

Dr. Erik Schrödter von Bayer 04 Lever­kusen hat eine umfas­sende Mobi­litäts­ana­lyse erstellen lassen, um Möglich­keiten und Grenzen der Einfluss­nahme auf das Reise­ver­halten der Fans zu erkennen.

Marika Bern­hard, beim DFL für das Thema zuständig, teilte mit, dass "Nach­hal­tig­keit" in der Lizen­zie­rungs­ord­nung des DFL veran­kert wird.

Pilot­pro­jekt bei Bayer 04 gegen VFL Wolfs­burg

Für das Pilot­pro­jekt wurden anony­misierte Mobil­funk­daten betrachtet, die beim Heim­spiel von Bayer 04 Lever­kusen gegen den VFL Wolfs­burg ange­fallen sind. Demnach reiste mehr als die Hälfte der Zuschauer mit dem Auto an, gefolgt von Bahn und Bus. Zu Fuß oder mit dem Fahrrad kamen deut­lich weniger Fans zum Stadion.

Analyse inkl. Berech­nung der CO2-Emis­sionen

In einem Mobil­funk­netz wie dem von Voda­fone fallen Mobil­funk­daten von Millionen Anschlüssen an. Diese entstehen, wenn Mobil­tele­fone mit Mobil­funk­zellen kommu­nizieren – beispiels­weise beim Tele­fonieren oder Surfen. Für das Pilot­pro­jekt wurden die dabei entste­henden Daten­punkte in einem mehr­stu­figen Verfahren daten­schutz­kon­form anony­misiert, aggre­giert und hoch­gerechnet, sodass kein Rück­schluss auf Einzel­per­sonen mehr möglich ist. Aus der Analyse dieser Daten lassen sich Bewe­gungs­muster erkennen. Zur Auswer­tung hat Voda­fone eine "KI-Tech­nologie" verwendet, die das Trans­port­mittel der Stadi­onbe­sucher erkennt. Anschlie­ßend wurden die jeweils anfal­lenden CO2-Emis­sionen berechnet.

Voda­fone betont ausdrück­lich, dass bis auf den Pilot­ver­such noch keine Daten erhoben oder verwendet wurden.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Vorher zu wissen, wie viele Leute über­haupt mit welchem Verkehrs­mittel zum Stadion anreisen, ist sinn­voll. Damit lassen sich Staus vermeiden oder abmil­dern. Wenn die Fans wissen, dass ein Zug oder Bus mit ausrei­chendem Platz zuver­lässig zum Stadion fährt, werden sie viel­leicht eher das Auto stehen lassen.

Ein Mobil­funk­betreiber muss auch wissen, wie viele Nutzer sich im Stadion einbu­chen und wie viele Daten sie benö­tigen werden. Aus diesen Infor­mationen kann sich ein Mobil­funk­betreiber genauso wie Polizei, Rettungs­dienste oder Stadi­onbe­treiber besser vorbe­reiten.

Ob Hubert Müller oder Lisa Meier das Spiel besu­chen, ist absolut nicht von Belang. Daten­schützer sollten sich die vorge­schla­genen Algo­rithmen vorher anschauen, damit sie auch wirk­lich anonym und daten­sicher sind.

Ein Netz­betreiber möchte natür­lich mit den Daten­mengen, wenn irgend möglich Geld verdienen. Es muss aber den Kunden unbe­nommen bleiben, ob sie und inwie­weit sie ihre Daten zur Verfü­gung stellen wollen. Ein echter Fan wird gerne mitteilen, dass er dann und dann im Stadion gewesen ist, weil er alles über seinen Verein, die Spieler und das Drum­herum wissen will. Ein Fußballfan, der mit seiner neuen Freundin ins Stadion geht, von der keiner wissen soll, ist viel­leicht nicht sonder­lich erpicht, "gesehen" zu werden, was heut­zutage gar nicht mehr so einfach zu machen ist.

Voda­fone ist auf der Suche nach neuen Einsatz­mög­lich­keiten. Dabei dürfen aber die seit langem drän­genden Probleme wie mangel­hafte Netz­ver­sor­gung oder die Service- und Bera­tungs­qua­lität in Shops oder an der Hotline nicht aus den Augen verloren werden.

Gerade beim Thema Nach­hal­tig­keit sind viele Kunden überaus skep­tisch, weil sich die Fakten und Ergeb­nisse und der Nutzen nur sehr schwer darstellen und beweisen lassen. Anbieter, mit denen man ungute Erfah­rungen gemacht, haben es dabei weitaus schwerer.

Ein heißes Eisen: Handy­recy­cling in Afrika. Kann Voda­fone hier helfend eingreifen?

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