Hohe Politik

Schröder geht mit UMTS-gesponserten Finanzspritzen in die Offensive

Grüne feiern "größtes ökologisches Investitionsprogramm"
Von AFP / Frank Rebenstock

"Der Erfolg hat viele Väter", sagt das Sprichwort. Gleich vier Väter und eine Mutter - Bundeskanzler Gerhard Schröder, Finanzminister Hans Eichel, SPD-Fraktionschef Peter Struck und seine Grünen-Kollegen Kerstin Müller und Rezzo Schlauch wollen es sich am Donnerstag nicht nehmen lassen, selbst zu verkünden, wie die fünf Milliarden Mark UMTS-Zinsersparnis unter das Volk gebracht werden. Die durch die Ökosteuerdebatte gebeutelte Koalition nutzt ihre Chance, mit Investitionen in Verkehrsinfrastruktur, Bildungsförderung und Umweltschutz wieder in die Offensive zu gehen - vor allem, wie Schröder betont, "ohne dass neue Schulden gemacht werden". "Statt Zinsen für die Banken gibt es jetzt Mittel für Investitionen", erklärt Eichel das Kunststück, dass selbst Zusatzausgaben ein Erfolg seines Sparkurses sind.

Zwar ist es ein Irrtum, als Schlauch bei der Präsentation des Zukunftsprogramms zunächst vor Struck das Wort erteilt wird - ganz verkehrt ist es aber nicht. "Dies ist das größte ökologische Investitionsprogramm, das je eine Bundesregierung auf den Weg gebracht hat", verkündet Schlauch stolz den Erfolg des kleinen Partners im rot-grünen Gespann: Die Milliarden für das marode Bahnnetz und die massive Aufstockung von Energiesparprogrammen tragen eine klare grüne Handschrift. Nicht einmal Schröders zweideutiger Spruch: "Sie sehen, dass auch die Grünen langsam innovativ werden" kann die Freude des kleinen Koalitionspartners ernstlich trüben. "Die althergebrachte Benachteiligung der Schiene ist beendet", jubelt ihr Verkehrsexperte Albert Schmidt. Auch die Zusatzgelder für den Straßenbau sieht Schlauch positiv: Das meiste sei für "ökologisch sinnvolle Umgehungsstraßen".

Zweiter großer Gewinner ist Verkehrsminister Reinhard Klimmt (SPD), der für sein Ressort den mit gut zehn Milliarden Mark mit Abstand größten Anteil am UMTS-Kuchen erhält. Zwar muss er deutliche Abstriche von vollmundigen Ankündigungen der vergangenen Wochen machen, als von langfristigen Bahn-Investitionsprogrammen im Volumen bis zu 25 Milliarden Mark die Rede war; doch was bleibt, ist nicht wenig. Auch handelte Klimmt wohl nach dem Prinzip: Viel fordern, um einiges zu bekommen.

Mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen kann schließlich die SPD. Geld für die Universitäten mit dem Förderschwerpunkt Informationstechnologie soll eine zukunftsgewandte Ausrichtung der Schröder-Regierung ebenso unterstreichen wie die Investitionen für den Klimaschutz. Vor allem aber schaffen die zusätzlichen Infrastrukturinvestitionen für Schiene und Straße, von denen die Länder profitieren, Verhandlungsspielraum gegenüber den Landesfürsten, die über Mehrbelastungen durch Steuerreform, Entfernungspauschale und Heizkostenzuschuss klagen.

Nur widerstrebend war zunächst Finanzminister Hans Eichel mit ins Boot gekommen. Lange versuchte er unter Hinweis auf noch nicht abschätzbare Haushaltsrisiken, eine mehrjährige Festlegung bei der Verwendung der UMTS-Zinsersparnis zu vermeiden. Eichels Worte - "Sie sehen einen ganz fröhlichen Finanzminister" - wirken denn auch etwas künstlich. Die drei Jahre Programmlaufzeit, auf die sich die Koalitionsspitzen schließlich einigten, dürfte aber auch für ihn akzeptabel sein. Vor allem kann Eichel nun zu Recht darauf hinweisen, dass es sein Sparkurs ist, der nun Früchte trägt - besonders die hartnäckig verteidigte Entscheidung, die UMTS-Einnahmen voll für den Schuldenabbau einzusetzen. "Schulden machen Investitionen unmöglich, Schuldenabbau gibt neue Handlungsmöglichkeiten", betonte der Finanzminister mit Blick auf die so verringerte Zinslast.

Noch zwischen den Fachressorts und den Koalitionsfraktionen abgestimmt werden muss die genaue Verteilung der Investitionsmittel. Dabei dürften vor allem jene SPD-geführten Länder auf ihren Anteil pochen, die im Sommer im Bundesrat mit für Eichels Steuerreform stimmten, aber nicht von den damaligen Zuwendungen für Abweichler aus dem Unionslager profitierten. Schließlich könnten bei der Projektauswahl auch die Landtagswahlen im kommenden Frühjahr in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg bedacht werden. Schröder freilich weist solche Mutmaßungen auch aus den eigenen Reihen weit von sich: "So etwas machen wir nicht."