Mehrwert-Rufnummer

Dating-Lines: Teure Nummern werden getarnt

Kunden werden oft mit scheinbar kostenlosen Nummern geködert
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Beim Durchblättern der Kontaktanzeigen einer Szene-Zeitschrift fanden wir einen Dating-Service unter der Vorwahl 0800 mit dem "Freecall" Logo und dem deutlichen Hinweis "kostenlos". Na wunderbar, einfach mal ausprobieren.

Ein Anruf der beworbenen 0800-66006600 begrüßte nochmals mit der Ansage "Dieser Anruf ist kostenlos". Doch dann verschaffte die Bandansage nach Drücken der Sterntaste schnell Klarheit, denn im lockenden Tonfall wurde versprochen, dass die erhofften Kontakte unter "elf-acht-zwo-acht-vier" (118284) zu erreichen seien. Doch Vorsicht: Mit 118 beginnen die teuren Auskunftsrufnummern und die Ziffernfolge 11828 ist auf die Firma 01051 bei der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) eingetragen.

Ruft man die 11828 an, gelangt man in ein Menü, in dem man sich zu den "meist nachgefragten Auskunftsdiensten" verbinden lassen kann, zum Beispiel zum Wetterdienst oder zu Sportinfos, was 62 Cent pro Minute kostet. Die Weiterleitung zum Dating-Service kostet 55 Cent pro Minute. Diese Tarife liegen schon etwas über den Preisen, die man sonst von 01051 gewöhnt ist.

Im gleichen Magazin stießen wir auf ein anderes Angebot unter der seltsam anmutenden Nummer 010-0120-032-42-700-772. Schaut man sich diese Nummer genauer an, wird folgendes klar: 010-012 ist die Netzeinwahlnummer des Call-by-Call-Anbieters 010012. 0032 ist die Vorwahl von Belgien, und dort soll die Rufnummer 42-770772 gewählt werden.

Ein Anwahlversuch über die Deutsche Telekom (01033) nach Belgien zu 0032-42... bringt uns die Ansage "Dieser Service ist im Moment nicht erreichbar", gleiches gilt auch bei Anwahl über Arcor (01070) und sicher auch über die meisten anderen Anbieter von Call by Call.

Sehr seltsam - wählt man das über das Verbindungsnetz von 010012 wird nach Belgien (?) durchgeschaltet. Die Begrüßungsansage lautet: "Nur 50 Cent pro Minute". Ein Schelm, der böses dabei denkt.

Seit längerem fordern Telefonkunden, die Anwahl extrem teurer Nummern (etwa die berüchtigte 0190...) von Haus aus generell zu sperren und vom Telefonkunden nur auf gesonderten Antrag mit Bonitätsprüfung und Gebührenlimit freischalten zu lassen. Auch Verbraucherministerin Renate Künast dachte schon über solche Modelle nach. Es ist allerdings auch keine Überraschung, dass die Branche solche Überlegungen vehement ablehnt.

Nach Ansicht von Renatus Zilles, Chef des Anbieters Talkline-ID (das ist die Nummer zwei der Premium-Nummernanbieter in Deutschland) und Vorsitzender der FST (Freiwillige Selbstkontrolle der "Premium"-Anbieter) würde eine generelle 0190-Sperre dieses Ausweichen auf andere Rufnummernkreise noch weiter verstärken. In Anbetracht der eben beschriebenen Tricks dürfte er mit dieser Einschätzung sogar Recht haben.

Zilles wies auch auf gerichtliche Urteile hin, wonach eine Telefongesellschaft, die eine 0190-Nummer für einen Diensteanbieter betreibt, nicht in Regress genommen werden kann, wenn der "0190-Dienstleister" krumme Dinge damit macht (z.B. einen Dialer auf den Rechner des Anwenders schmuggeln). Man könne schließlich auch den Briefträger nicht belangen, wenn er Post mit strafbarem Inhalt austrage.

Auch Frank Domagalla, Pressesprecher der Deutschen Telekom, hält von einer 0190-Sperre nichts. "Es ist heute so allgemein üblich, bei Computern immer alles mit 'ja' abzuklicken, ohne zu lesen, auf was man sich da eigentlich einlässt. Dabei sollte ein Anwender seinen Computer bewusster betreiben und sich auch um Sicherungsmaßnahmen eigenverantwortlich kümmern und schauen, was er sich drauf lädt und installiert."

Die Hoffnung vieler Betroffenen, dass Telefongesellschaften haften müssen, wenn ein unseriöser 0190-Dienstleister den Dienst betrügerisch nutzt, hätte die Dialer-Szene sicher schnell "bereinigt". Doch so einfach geht es leider nicht.

Klare Regelungen sind dringend notwendig, denn die Interessen der Verbraucher kommen speziell bei den neuen 0190-0 oder den geplanten 0900-Rufnummern (mit nahezu beliebiger Tarifierung) eindeutig zu kurz. Auch die Selbstverpflichtung der Internet-Dialer-Anbieter, sich an einen Anforderungskatalog zu halten, greift zu kurz, weil es bisher keine wirksamen Sanktionen für diejenigen gibt, die sich eben nicht daran halten. Immerhin haben in der letzten Zeit Mehrwert-Nummern-Anbieter mit der Abschaltung von Service-Nummern reagiert, wenn ein betrügerisches Angebot über diese Nummern bekannt wurde.

Solange aber Verbraucherschutz oder RegTP nicht deutlicher durchgreifen können, muss jeder, der um seine Telefonrechnung fürchtet, alle Mehrwert-Dienste und strenggenommen sogar Call-by-Call-Vorwahlen (siehe oben) rigoros sperren. Und das kann wohl kaum im Sinne eines funktionierenden Wettbewerbs im Telefonmarkt sein.