Gesundheitsgefährdung

Elektrosmog: Bayern startet Studie zur Strahlung

Sämtliche hoch- und niederfrequenten elektromagnetischen Wellen sollen gemssen werden
Von dpa / Marie-Anne Winter

Mit einem ehrgeizigen Elektrosmog-Projekt will Bayern in diesem Sommer die gesamte elektromagnetische Belastung in Freistaat messen. Im Juni soll der Messwagen mit dem eigens dafür entwickelten Messgerät zu ausgewählten Orten in Bayern starten. Bis zum Herbst soll an 400 Stellen die Stärke der elektromagnetischen Felder erhoben werden. Es handele sich um ein "weltweit einmaliges landesweites Monitoring für Elektromagnetische Felder", erläuterte Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf (CSU). Dabei soll nicht nur die Strahlung in der Umgebung von Mobilfunkmasten einbezogen werden, sondern sämtliche hoch- und niederfrequenten elektromagnetischen Wellen von Radio- und Fernsehsendern, Radarstationen sowie die Strahlung an Hochspannungsleitungen, Bahnanlagen und Industrieansiedlungen sowie Felder durch Haushaltsgeräte. Es soll zu verschiedenen Tageszeiten gemessen werden. Zwar prüft auch die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post regelmäßig die Feldstärken hochfrequenter Sendeanlagen. Jedoch wurden die Messorte hierbei nicht repräsentativ - also nach Zufallsprinzip - ausgewählt, sondern es wurde etwa gezielt in der Nähe von Sendeanlagen gemessen.

"Wir wollen die tatsächliche Exposition der bayerischen Bevölkerung mit elektromagnetischen Feldern erfassen", erläutert der Projektleiter im bayerischen Umweltministerium, Peter Weigl. Es sei nie untersucht worden, welcher Anteil an Strahlung von den jeweiligen Quellen ausgehe. Um die Entwicklung der Strahlungsbelastung insbesondere durch die Errichtung des UMTS-Netzes zu erfassen, soll die Untersuchung in zwei bis drei Jahren wiederholt werden. Begleitet wird das Projekt von einer länderübergreifenden Gruppe von Wissenschaftlern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Verschiedene Arten von "Elektrosmog" stehen im Verdacht, das Immunsystem zu schwächen und unter anderem bestimmte Krebsarten zu fördern. Die hochfrequente Strahlung der Handys soll nach Ansicht mancher Forscher möglicherweise beim Benutzer Schädigungen am Glaskörper im Auge, die Entwicklung von Augenhintergrundmelanomen oder auch von Tumoren im Kopf fördern. Außerdem könnte es Veränderungen im Hormonhaushalt sowie der Hirnströme geben.

"Es gibt zwar keinen wissenschaftlichen Nachweis für gesundheitliche Gefahren bei Einhaltung der Grenzwerte", betont der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz in Salzgitter, Wolfram König. "Hinweise auf mögliche Risiken und Fragen, die wissenschaftlich noch nicht beantwortet werden konnten, machen aber Vorsorge beim Mobilfunk notwendig." Dazu gehöre neben einem Minimieren der Strahlenexposition und besserer Information auch weitere zielgerichtete Forschung.

Mit der Studie will der Freistaat den Sorgen in der Bevölkerung Rechnung tragen und zur Objektiverung beitragen. "Der Bürger nimmt sorglos das Handy in die Hand - und reagiert panisch auf Sendemasten", fasst Weigl die Haltung vieler Handynutzer zusammen. Die größere Gefahr geht jedoch von den Handys selbst aus. Durch Handys könnten die Nutzer hochfrequenten Felder ausgesetzt sein, die deutlich stärker seien als die Felder durch benachbarte Basisstationen, heißt es beim Bundesamt für Strahlenschutz. Rund 300 000 Euro wird die bayerische Studie im ersten Jahr kosten. Konsequenzen daraus wird es aber zunächst nicht geben - es sei denn, die nach der Elektrosmogverordnung geltenden Grenzwerte wären tatsächlich überschritten. Projektleiter Weigl: "Das erwarten wir aber nicht, weil ja die einzelnen Anlagen jeweils vor der Zulassung Prüfungen unterworfen sind."