Exposition

Experte: Bisher kein Hinweis auf Gesundheitsgefahr durch Mobilfunk

Die Handys sind problematischer als die Sendemasten
Von dpa / Marie-Anne Winter

Nach Ansicht von Prof. Jiri Silny, einem der bedeutendsten deutschen Experten für die biologische Wirkung von Hochfrequenzstrahlen, gibt es nach wie vor keine Beweise für eine Gesundheitsschädigung durch Mobilfunk. Wenn es tatsächlich eine Gesundheitsbeeinträchtigung gäbe, müsste sie schon längst eingetreten sein durch die seit Jahrzehnten arbeitenden Fernseh- und Rundfunksender, meinte der Leiter des Forschungszentrums für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit der RWTH Aachen in einem dpa-Gespräch. "Auch die epidemiologischen Untersuchungen geben keinen überzeugenden Hinweis auf Einflüsse dieser Felder auf bestimmte Erkrankungen", betonte er.

"Wenn überhaupt ein Gesundheitsproblem zu erwarten ist, dann von den Handys selbst und nicht von deren Sendestationen", sagte Silny. Die Exposition, also das, was beim Menschen ankommt, durch Sendestationen sei in etwa 10 000-fach schwächer als die durch Handygeräte. Silny bezifferte die Exposition durch Mobilfunktelefone des D- und E-Netzes sowie von UMTS direkt am Kopf mit fünf bis zehn Watt pro Quadratmeter Fläche. Bei den Sendestationen für Rundfunk, Fernsehen und Mobiltelefonie betrage die Exposition je nach Abstand vom Sender nur 0,005 bis 0,05 Watt pro Quadratmeter. Gerade gegen Sendemasten richtet sich der Widerstand von örtlichen Bürgerinitiativen.

Kritiker sehen die Mobiltelefonie in direktem Zusammenhang mit einer Zunahme von Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Krebs, Leukämie und vielen anderen Erkrankungen. "Es deutet nichts darauf hin, dass wir einen starken Anstieg in irgendeiner Erkrankung haben", sagte Silny dazu. "Mit den sehr kleinen Zahlen bei kindlicher Leukämie oder den sehr seltenen Augentumoren lässt sich ohnehin keine verlässliche Statistik betreiben."

Allerdings wurde Anfang dieses Jahres über rätselhafte Krebsfälle Spanien berichtet, die im Umkreis von Mobilfunkstationen auftraten. Darauf wurde in diesem Gespräch leider nicht eingegangen.

Da Sender ihre Wellen wie ein Leuchtturm fast waagerecht abstrahlen, sei unterhalb des Senders die Feldstärke und damit die Exposition mit am geringsten, argumentiert Silny. "Dennoch ist es in Bayern verboten worden, Basisstationen auf Schulen, Kirchen und öffentlichen Gebäuden zu errichten", sagte Silny. "Da fragt sich jeder Bürger: Ja, wenn es dort nicht aufgebaut werden darf, warum dann auf meinem Haus?" Diese Entscheidung Bayerns sei "sicherlich nicht klug".

Dennoch meinte der Aachener Biophysiker: "Ich würde den Betreibern empfehlen, den Bau eines Sendemastes auf einer Kirche oder einer Schule nicht zu erzwingen." Momentan sei die Bevölkerung aufgebracht, "weil falsch informiert". "Die Kritiker gehen mit Glauben an die Debatte heran, das macht die Diskussion so schwierig." Es gebe einen hohen Nachholbedarf, um in der Bevölkerung klar zu machen, dass von Sendemast-Feldern am wenigsten Gefahr ausginge.