Onliner und Offliner

Internet World-Nachlese: (N)ONLINER Atlas 2002 und eco-Umfrage

EMNID-Studie und eco-Umfrage nehmen die Internet-Nutzung in Deutschland unter die Lupe
Von Christian Horn

Der auf der am Donnerstag zu Ende gegangenen Internet World in Berlin vorgelegte (N)ONLINER Atlas 2002 und eine auf der Messe präsentierte Umfrage des Verbandes der Deutschen Internetwirtschaft (eco-Forum) nehmen die Internet-Nutzung in Deutschland unter die Lupe: Der von der Initiative D21 und emind@emnid [Link entfernt] , der Internetabteilung von TNS EMNID [Link entfernt] , herausgegebene (N)ONLINER Atlas 2002 beschreibt minutiös Nutzung bzw. Nicht-Nutzung des Internet in der Bevölkerung Deutschlands. Die eco-Umfrage beleuchtet die Internet-Nutzungsgewohnheiten in der deutschen Wirtschaft.

Der (N)ONLINER Atlas 2002 basiert auf einer repräsentativen Umfrage in 30 000 telefonischen Interviews. Credo des 64 Seiten starken Werkes ist die Konstatierung einer vielschichtigen "digitalen Spaltung" in der Bevölkerung Deutschlands. Erwin Staudt, Geschäftsführer der IBM Deutschland und Vorsitzender der Initiative D21, verbindet dies mit der eindringlichen Warnung, "allen Bürgerinnen und Bürgern den freien Zugang zum Netz" zu ermöglichen, um "das Internet für alle als gängiges Instrument der wissensbasierten Gesellschaft zu etablieren." Und: Der "hohe Anteil der Internet-Abstinenzler stellt ein Hindernis auf dem Weg zu wirtschaftlichem Wachstum und einer Verringerung der Arbeitslosigkeit in diesem Land dar.".

An einer Vielzahl von Bruchlinien weist die Studie die "digitale Spaltung" der Gesellschaft nach: Gesellschafliche, geschlechtliche, berufliche, altersbedingte und geographische Faktoren trennen "Onliner", Personen mit Zugang zum Internet, und "Offliner", Personen die nicht einmal beabsichtigen, sich einen Internet-Zugang zu verschaffen. Dazwischen die schmale Gruppe der grenzgängerischen "Nutzungsplaner", die so genannten "Intender".

Zum Mai 2002 verfügten 26,7 Millionen Erwachsene über einen Internet-Anschluss - privat oder dienstlich - und surfen regelmäßig im Internet. Im Vergleich zu Vorjahr ist das immerhin eine Steigerung um drei Millionen und eine Verdopplung gegenüber dem Jahr 1999. Die Kehrseite der Medallie aber ist, dass mehr als die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung - 58,3 Prozent - keinen Zugang zum Internet haben. Es sind dies vornehmlich die sozial Schwächeren, Personen mit niedrigerem Bildungsstand und ältere Menschen. Auch das Wachstum ist weit hinter den Erwartungen der letztjährigen Erhebung zurückgeblieben. Weniger als die Hälfte derjenigen, die im vergangenen Jahr vorhatten, sich Zugang zum Internet zu verschaffen, haben dieses Vorhaben auch tatsächlich realisiert.

Die Motive, dem Internet fernzubleiben, sind vielfältig. Da sind zuallererst die hohen Kosten, dann fehlendes Technikverständis, fehlende Anleitung und die zu wenig zielgruppenorientierte Aufbereitung von Inhalten. Das provokant formulierte Kurzprofil der Offliner lautet: Älter, weiblich, niedriges Bildungsniveau, niedriges Einkommen, wohnhaft in ländlichen Gebieten, besonders in den neuen Bundesländern. Ganz so einfach ist die Sache natürlich nicht. Uwe Heddendorp, Vorsitzender der Geschäftsführung AOL Deutschland, dem Sponsor der Studie, sagt: "Aus den Ergebnissen dieser Studie wurde eine Typologie entwickelt, so dass eine differenzierte Sicht auf die Bevölkerungsgruppen, die nicht oder noch nicht online sind, möglich wird. Der (N)ONLINER Atlas 2002 will damit auch erste Perspektiven aufzeigen, wie verschiedene Typen von Nichtnutzern gezielt unterstützt werden müssten, um alle Teile der Bevölkerung auf dem Weg in das Informationszeitalter mitzunehmen."

Eine Spaltungslinie lokalisiert die Studie aber auch in der Gruppe der Onliner. Nina Fluck, die Projektleiterin des (N)ONLINER Atlas 2002, stellt fest: "Bezogen auf die neueste Zugangs- und Verbindungstechnologie DSL verläuft ein deutlicher Graben durch Deutschland. Gegenwärtig sind die DSL-Nutzer schwerpunktmäßig Personen mit einem hohen Haushaltseinkommen, die überwiegend in den westdeutschen Ballungszentren leben." Doch nicht nur die höheren Kosten, sondern auch technische Einschränkungen sind daran schuld. Fluck: "Die räumliche Distanz von Verbindungsknoten, die vorwiegend in Ballungszentren liegen, und eine Dominanz des Glasfaserkabelnetzes in Ostdeutschland, das einen erfolgreichen Anschluss verhindert, da die DSL-Technologie auf Kupferkabelystemen basiert, sind eine Barriere für den Erwerb eines DSL-Zugangs."

Bei der Unterscheidung der Internetnutzung nach dem Geschlecht sind die Frauen nach wie vor im Hintertreffen. Bei den Befragten waren bei den Männern 48,8 Prozent Onliner, bei den Frauen hingegen nur 35,2 Prozent. Bände spricht das Kriterium der Internetnutzung nach Bildung. Während bei Bürgern mit abgeschlossenem Studium der Anteil der Onliner bei 67,7 Prozent und bei Menschen mit Hoch- oder Fachhochschulreife bei 71,5 Prozent liegt, liegt er beim Bildungsstand Volkschule mit Lehre bei 26,3 und bei Volksschule ohne Lehre gar bei nur 12 Prozent.

Besonders interessant die Aufschlüsslung nach Parteienpräferenz: Unangefochtener Spitzenreiter hier die Bündnis 90/Grüne-Wähler mit satten 62 Prozent Onlinern. Es folgen FDP mit 53,2 Prozent, SPD mit 43,6 Prozent, PDS mit 42,5 Prozent und CDU/CSU mit 39,1 Prozent. Schlusslicht sind die Republikaner mit 33 Prozent.

Die größte Spannbreite zeigt die Skala der Internetnutzung nach Art der Beschäftigung. Sie reicht von den Studenten mit 93,1 Prozent Onliner-Anteil bis hin zu den Rentern, von denen nur 9,5 Prozent online sind. Dazwischen liegen Beamte im höheren oder gehobenem Dienst (78,0 Prozent), Leitende Angestellte (72,0 Prozent), Schüler, Azubis, Zivis und Wehrdienstleistende (71,6 Prozent), Selbstständige und Freiberufler (63,7 Prozent), Angestellte (57,9 Prozent), Arbeiter und Handwerker (37,5 Prozent) und Hausfrauen und -männer (23,7 Prozent).

Bei den Tabellen, die das Internet-Nutzungsverhalten nach geographischen Aspekten durchleuchtet, spart der (N)ONLINER Atlas 2002 nicht an demoskopischer Datenfülle. Die Internetnutzung wird nach Ortsgrößen (vom Unter-2 000-Seelen-Dorf bis zur Großstadt), nach Regierungsbezirken, Bundesgebieten (grob vereinfacht: die neuen Bundesländer hinken den alten hinterher) und es gibt eine Top 10-Liste der Großstädte über 400 000 Einwohner.

Hier hat Frankfurt/Main der Bundeshauptstadt Berlin in diesem Jahr der Rang des Tabellenführers abgelaufen - aber insgesamt liegen alle Top 10-Städte in der Onliner-Statistik im Mittelfeld um die 50 Prozent - plus-minus vier Prozent: Frankfurt/Main: 53 Prozent, Dresden und Stuttgart gleichauf mit 51 Prozent, auf Rang vier spielt München mit 50 Prozent, es folgen Köln, 49 Prozent, Hannover, 48 Prozent, Nürnberg und Düsseldorf mit 47 Prozent und Berlin und Bremen mit 46 Prozent.

Insgesamt ist der (N)ONLINER Atlas 2002 eine umfassende, sehr differenzierte Analyse des aktuellen Standes der Dinge in Sachen Internetnutzung in Deutschland. Und oberdrein tatsächlich auch ein wenig ein Atlas im kartographischen Sinne, denn neben den Texten, den statistischen Tabellen und Diagrammen, enthält die Studie eine ganze Reihe von Deutschlandkarten. "Ein Muss für alle Verantwortlichen in Bund, Ländern, Kommunen, Wirtschaft, Wissenschaft und Vereinen", urteilt IBM-Chef Staudt.

Ein ganz anderes Bild als das, das der (N)ONLINER Atlas 2002 im Bereich der privaten Internetnutzung zeichnet, zeigt die Umfrage des eco-Forums bei deutschen Unternehmen. Hier ist die eigene Internetpräsens inzwischen quasi zum Muss geworden. Die vom Arbeitskreis Online Marketing im Electronic Commerce Forum vorgelegten Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Alle deutschen Unternehmen mit über 100 Mitarbeitern betreiben mittlerweile eine eigene Homepage. Bei Unternehmen mit einer Mitarbeiterzahl von 51 bis 100 fällt die Quote mit 99,7 Prozent kaum geringer aus. Bei Betrieben mit einer Mitarbeiterzahl von 11 bis 50 sind es 95,8 Prozent und bei Kleinbetrieben mit bis zu zehn Mitarbeitern sind es immerhin noch 93,2 Prozent. In einem sind die Kleinen den Größeren allerdings voraus: Sie beantworten ihre Kunden-E-Mails schneller. In den Betrieben von 1 bis 100 Mitarbeitern wird in 65 bis 70 Prozent der Fälle innerhalb von 24 Stunden geantwortet. Bei größeren Unternehmen liegt die Quote nur bei 55 bis 57 Prozent.

Auch wenn heutzutage fast jeder Betrieb seinen eigenen Online-Auftritt hat, sind Motivation und die unternehmerische Zielsetzung, die dazu bewegt haben, je nach Branche sehr unterschiedlich. Im Handwerk z.B. betreiben 21,5 Prozent die Homepage rein aus Imagegründen, nutzen sie in nur 30 Prozent der Fälle zur Kundenkommunikation, und bei 32,4 Prozent wird sie auch nur einmal im Jahr aktualisiert.

Der Einsatz von E-Mail und Newslettern bei Kundenkommunikation und Kundengewinnung schwankt von Branche zu Branche beträchtlich. Während beim Handwerk 15,9 Prozent und in Industrie und Baugewerbe 17 Prozent E-Mail als Mittel zur Kundenbindung und Kundengewinnung nutzen, sind es bei den Dienstleistern immerhin 42 Prozent und bei Banken und Versicherungen 52,1 Prozent.

Proportional hierzu verhält sich dementsprechend auch das Erfolgsgefühl der Unternehmen über ihre ihren Online-Aktivitäten. Bei handwerklichen Unternehmen bewerten nur 73 Prozent Ihren Internet-Auftritt als zufrieden stellend - bei den Dienstleistern sind es immerhin 83,6 Prozent. Fazit der Untersuchung: "Unternehmen, die ihren Internet-Auftritt für die Kommunikation mit Kunden einsetzen, aktuelle Inhalte bereitstellen, ihre Online-Besucher kennen und durch E-Mail-Newsletter Interessenten und Stammkunden gezielt auf ihre Homepage führen sind zufriedener mit Ihrem Internet-Auftritt".