fiktive Gewinne

Bilanzskandal: Ex-WorldCom-Chef Ebbers im Visier

Prüfer suchen nach weiteren Beweisen für eine "unangemessene Buchführung"
Von dpa / Marie-Anne Winter

Im Bilanzskandal des US-Telekomkonzerns WorldCom Inc. gerät der kürzlich entlassene Unternehmenschef Bernard J. Ebbers zunehmend ins Visier der Prüfer. Sie wollen herausfinden, welche Rolle er bei dem Betrug gespielt hat, berichtete das "Wall Street Journal" heute in seiner Onlineausgabe. Die an zahlreichen Untersuchungen beteiligten Prüfer seien überzeugt, dass sie weitere Beweise für eine "unangemessene Buchführung" finden, die über die 3,8 Milliarden Dollar (3,85 Milliarden Euro) hinausgehen, die WorldCom in der vergangenen Woche bereits eingestanden hatte. WorldCom hatte mit seinen Buchführungsmethoden tatsächliche Verluste in fiktive Gewinne umgewandelt. Die von WorldCom geplante Wertberichtigung ist eine der größten der US-Geschichte und sechs Mal höher als im Falle des US-Energiehändlers Enron.

"Ich will euch nur wissen lassen, dass ihr nicht mit einem Gauner in die Kirche geht", erklärte Ebbers nach Angaben der Zeitung am Sonntag in seiner Kirche in Brookhaven (Mississippi). Ebbers erklärte, er wisse nicht, was geschehen werde und welche Fehler gemacht worden seien. Es werde jedoch niemand herausfinden, dass er wissentlich Betrug begangen habe, betonte Ebbers nach Darstellung der Zeitung.

Harvey Pitt, Leiter der US-Wertpapier- und Börsenkommission SEC, forderte am Sonntag in einer Fernsehsendung, WorldCom solle unter Eid eine Erklärung abgeben und der amerikanischen Öffentlichkeit mitteilen, was vorgefallen und wie die echte Finanzlage sei. Leute würden schwer bezahlen, falls es auch nur die geringsten Falschangaben gebe, drohte Pitt.

Die zahlreichen US-Buchführungsskandale von Enron über Xerox bis WorldCom haben die Anleger völlig verunsichert. Sie trauen den vorgelegten Geschäftszahlen nicht mehr. US-Präsident George W. Bush hat Regeln und Gesetze gefordert, um das Vertrauen in die Integrität des amerikanischen Geschäftslebens wieder herzustellen. Es werde keine Verletzung des öffentlichen Vertrauens toleriert, betonte er. Wirtschaftsbetrügern drohten Geld- und Gefängnisstrafen. Im Kongress laufen ebenfalls Untersuchungen gegen WorldCom. Es werden neue Überwachungsgesetze für Unternehmen und Wirtschaftsprüfer vorbereitet.