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Kaum Chancen gegen anzügliche Werbung bei Freemailern

Ist Werbung immer gleich Werbung?
Von dpa / Marie-Anne Winter

Wer sparen will, muss sich einiges gefallen lassen: Kunden des Freemailanbieters GMX zum Beispiel erblicken abends beim Einloggen nicht nur die ersehnte Post, sondern auch Werbebanner mit "erotischen" Motiven. Die Bilder und animierten Grafiken sind eindeutig, auch wenn unter der Gürtellinie nichts zu sehen ist. So mancher GMX-Anwender jedenfalls ist irritiert. Die Betreiber des Dienstes muss das nicht sonderlich scheren, denn eine rechtliche Handhabe gegen die schlüpfrige Reklame gibt es kaum.

"Mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen akzeptieren die Kunden der Freemailanbieter die Werbebanner", sagt Volker Nickel, Pressesprecher des Zentralverbandes der deutschen Werbewirtschaft in Bonn. Dabei ist es egal, ob es sich um Reklame für Limonade oder für Pornografie handelt. Rechtsanwalt Stefan Kramer aus Hamburg versteht die Aufregung um erotische Werbung insgesamt nicht: "Die Bereitschaft, Gewaltdarstellungen in den Medien hinzunehmen, werde immer größer. "Aber sobald ein Nackter zu sehen ist, ist das Aufheben groß."

Dennoch müssen sich Verbraucher nicht alles gefallen lassen. Grenzen würden zum Beispiel überschritten, wenn die Werbung den Schwerpunkt auf die sexuelle Handlung legt und Geschlechtsteile zu sehen sind, sagt Martin Döring, Jurist bei jugendschutz.net in Mainz. Doch davor schrecken die Werbetreibenden in der Regel noch zurück. "Je reißerischer die Werbung und je expliziter die Darstellung, desto wahrscheinlicher ist ein Verbot der Reklame", sagt auch Anwalt Kramer. Wann die erlaubte erotische in verbotene pornografische Werbung übergehe, sei in der Praxis schwer zu sagen. Obwohl auf den GMX-Bannern keine Genitalien zu sehen sind, habe das Unternehmen anfangs Beschwerden von Kunden erhalten, sagt Stefan Vollmer, Pressesprecher von GMX in München. Mittlerweile sei es um die erotische Bannerwerbung jedoch ruhig geworden. Außerdem sei die Werbung mit wenigen Mausklicken dauerhaft auszuschalten, und man habe deutlich auf die Einführung der erotischen Werbung hingewiesen. Das haben aber zumindest einige Anwender nicht bemerkt.

Für die Anbieter, die entsprechende Banner auf ihren Seiten erlauben, stellt sich Anwalt Kramer zufolge sowieso nicht die rechtliche, sondern die wirtschaftliche Frage: "Erotik und Glücksspiel bringen das meiste Geld im Internet."

Selbst in Hinblick auf den Jugendschutz ist der mehr oder minder anzüglichen Werbung kaum beizukommen: Solange die entsprechenden Darstellungen nur einer geschlossenen Benutzergruppe und vor allem nur Erwachsenen zugänglich gemacht würden, sei kaum etwas zu machen, so Martin Döring vom jugendschutz.net. Diese Kriterien scheinen bei GMX erfüllt zu sein. Zum Beispiel wird die entsprechende Reklame nach Angaben des Unternehmens erst ab 22 Uhr geschaltet. "Außerdem ist die Werbung nur für Mitglieder ab 18 Jahren zu sehen", erklärt Vollmer. Allerdings ist es ohne weiteres möglich, bei der Angabe des Alters beim Einrichten des Mail-Kontos zu schummeln.