Ausblendquote

(Un)Sicherheit im Internet: Schutzschilde mit Lücken

Internet-Filter sind noch nicht ausgereift
Von dpa / Marie-Anne Winter

Die Idee erscheint auf den ersten Blick vielversprechend: Um sich im Internet vor unerwünschten Inhalten wie Pornografie, Gewalt oder extremistischer Propaganda zu schützen, können Nutzer auf ihrem Rechner Filterprogramme installieren, die beim Surfen nur den Zugang zu genehmen Seiten erlauben. Solche Filtersoftware ist nach Ansicht ihrer Anbieter vor allem für Eltern interessant: Festgelegte Inhalte sollen automatisch blockiert und das Surfen im Internet für Kinder und Jugendliche dadurch unbedenklicher werden. Internet-Experten halten die derzeit erhältlichen Programme allerdings noch nicht für ausgereift.

Das Filtern von unerwünschten Internet-Inhalten könne mit unterschiedlichen Verfahren erfolgen, erklärt Stefan Wolf, Referent für Internetsicherheit beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in Bonn: Eine Möglichkeit bestehe darin, bestimmte Internetadressen, die so genannten Uniform Resource Locator (URL), anhand von Verbotslisten - "blacklists" - zu sperren. Auch die umgekehrte Vorgehensweise sei möglich: Alles werde blockiert, nur bestimmte URLs anhand von Positivlisten - "whitelists" - zugelassen.

Alternativ kann die Filterung Wolf zufolge über Schlüsselbegriffe erfolgen: Dabei werden Internetseiten gesperrt, wenn etwa in der URL, im angezeigten Text oder in den für Surfer unsichtbaren Metatags, mit denen Seitenbetreiber den Eintrag in Suchmaschinen steuern, vom Nutzer vorher festgelegte Wörter auftauchen. Die dritte Möglichkeit funktioniere über eine Klassifizierung, die Betreiber für ihre Seiten vornehmen: Der auf den Rechnern der Nutzer installierte Filter könne dann Seiten bestimmter Kategorien zulassen oder blockieren. Auch eine Kombination der einzelnen Verfahren sei möglich.

Das Filterprogramm "Norton Parental Control" des US-Softwarehersteller Symantec mit Deutschlandsitz in Ratingen arbeitet laut Pressesprecherin Gertrud Consoir mit einer blacklist. Es ist in das Softwarepaket "Norton Internet Security" (79,95 Euro) integriert, zu dem außerdem eine Firewall und ein Antivirenprogramm gehören. Die Verbotsliste werde regelmäßig aktualisiert, Kunden könnten sich ein Jahr lang kostenlose Updates herunterladen.

Auch das Filterprogramm "Webwasher" der webwasher.com AG in Paderborn arbeitet Pressesprecherin Alexandra Zymla zufolge mit einer blacklist - oder alternativ mit einer whitelist. Allerdings müssten Nutzer die Listen selbst erstellen und dafür sorgen, dass diese auf dem neuesten Stand sind. Dafür könnten sich Privatanwender die Vollversion unter www.webwasher.com [Link entfernt] kostenlos herunterladen.

Verschiedene Filtermethoden kombiniert der von der Softwarefirma Bernard D&G in Reutlingen (Baden-Württemberg) vertriebene "Internetwatcher": Laut Produktmanager Marc Schuler greift das Programm auf eine blacklist und auf Schlüsselbegriffe zurück. Eine Testversion sei unter www.internetwatcher.com [Link entfernt] kostenlos erhältlich, die Vollversion mit blacklist-Updates koste 45,95 Euro.

Einen anderen Ansatz wählt die gemeinnützige Internet Content Rating Association (ICRA) mit Sitz in Brighton (Großbritannien). Ihr unter www.icra.org [Link entfernt] kostenlos erhältlicher Filter berücksichtige eine Klassifizierung, die Betreiber nach einem von der ICRA entwickelten Kategoriensystem vornehmen, so der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Professor Marcel Machill. Der Filter lasse sich so einstellen, dass er bestimmte Seiten-Kategorien ausschließt. Da nicht alle Anbieter die Klassifizierung mitmachen, seien zusätzlich blacklists aktivierbar, die unter anderem ICRA zur Verfügung stellt.

Für welches Filtersystem sich Eltern letztlich entscheiden, Internet-Experten sind von keinem so recht überzeugt: "Die Filterqualität ist derzeit nicht zufrieden stellend", urteilt Friedemann Schindler, Leiter der Zentralstelle der Länder für den Jugendschutz im Internet "jugendschutz.net" in Mainz. Laut einer Studie der Europäischen Union aus dem Jahr 2001 erzielten die am häufigsten benutzten Filter nur eine Ausblendquote von 50 Prozent.

Bei Programmen, die mit blacklists oder Schlüsselbegriffen arbeiten, ist die Filterwirkung demnach entweder zu gering oder sie führt zu einem "Overblocking", bei dem eine große Anzahl eigentlich erwünschter Seiten mit gesperrt wird. Stichproben von jugendschutz.net hätten zudem ergeben, dass beim Verfahren der ICRA etliche Betreiber ihre Seiten falsch klassifizieren. Außerdem sei dieses Verfahren im Internet noch nicht weit genug verbreitet.

Auch BSI-Experte Stefan Wolf ist skeptisch: "Mir ist kein Filterprogramm bekannt, das nicht umgangen werden kann." Blacklists seien zudem schnell veraltet, da Betreiber gesperrte Seiten mitunter umgehend unter anderen Adressen anbieten. Friedemann Schindler weist zudem darauf hin, dass manche blacklists von im Ausland ansässigen Firmen erstellt werden. Die Moralvorstellungen seien jedoch von Land zu Land sehr unterschiedlich: So werde etwa in den USA Pornografie als bedenklich eingeschätzt, Gewalt und Rechtsextremismus jedoch als weniger schlimm. In Deutschland werde da anders gewichtet.

Schindler rät Eltern daher, Internet-Filter für ihre Kinder immer nur "flankierend" zu benutzen: "Sie können sich auf keinen Fall darauf verlassen." Viel wichtiger sei es, Kindern den vernünftigen Umgang mit dem Medium beizubringen.