kompliziert

Editorial: 6 Argumente gegen Rufnummernportierung im Mobilfunk

Oder: Wie man mehr Wettbewerb verhindert
Von

Der Ausdruck könnte durchaus als "Unwort des Jahres" durchgehen: Rufnummernportabilität. Denn was so kompliziert klingt, kann man auch ganz einfach ausdrücken: Künftig kann man als Mobilfunkkunde seine Rufnummer behalten. Auch dann, wenn man den Anbieter wechselt. So will es das Gesetz bereits seit 1998, und so will es auch die Regulierungsbehörde, die den Netzbetreibern bis Ende diesen Monats letztmalig eine Ausnahmegenehmigung erteilt hatte.

Prompt melden sich erste Analysten-Stimmen, wie die von Pütz & Partner, wonach die neue Freiheit beim Wechsel zu Preissenkungen bis zu 20 Prozent führen wird. Das darf jedoch bezweifelt werden. Es gibt einfach zu viele Probleme.

Denn nicht nur ist das Wort "Rufnummernportabilität" ein Unwort (Problem 1), es drückt auch lediglich eine technische Möglichkeit aus (Problem 2). Welche verwaltungstechnischen Hürden durchlaufen werden müssen, bis eine Nummer von Vertrag A auf Vertrag B übertragen wurde, ist damit nicht gesagt. Und hier baut derjenige Netzbetreiber, der Rufnummer und Kunden abgibt, so viele Hürden auf, wie irgend möglich. So wird die Portierung nur dann akzeptiert, wenn der alte Vertrag ausläuft. Bei den derzeit üblichen Vertragslaufzeiten von zwei Jahren (erstmalig) bzw. einem Jahr (nach einer automatischen Verlängerung) dauert es also für die meisten Kunden entsprechend lange, bevor sie überhaupt erstmalig wechseln können.

Zwar haben die Gerichte schon wiederholt Deaktivierungsgebühren für unzulässig erklärt. Trotzdem werden vermutlich erstmal alle Netzbetreiber versuchen, ob man dem scheidenden Kunden nicht doch noch ein paar Euros aus der Tasche ziehen kann (Problem 3). So von 25 bis 40 Euro reichen die Gedankenspiele. Dabei dürfte es schwierig sein, nachzuweisen, dass die notwendigen zusätzlichen Aufwendungen im Vergleich zu einer normalen Kündigung mehr als ein paar Cent betragen: Ein paar Tage vor dem Ablauf des alten Vertrages geht beim alten Netzbetreiber auf elektronischem Weg die Portierungsanfrage ein, und da das zugehörige Vertragsverhältnis bereits als gekündigt eingetragen ist, wird ebenfalls elektronisch das OK gegeben. Die eigentliche Portierung passiert dann sowieso nachts und vollautomatisch. Natürlich kann man das auch komplizierter verwirklichen, aber dafür sollte man dann nicht den Kunden haftbar machen.

Chaotisch wird die Abrechnung von Telefonaten nach der Portierung (Problem 4): Denn man kann sich nicht mehr darauf verlassen, dass eine Nummer, die mit 0171 anfängt, auch zum D1-Netz gehört. Zwar will jeder Netzbetreiber eine Abfragemöglichkeit schaffen, mit der man feststellen kann, ob eine angewählte Rufnummer sich im jeweiligen Netz befindet oder nicht. Doch es sieht so aus, dass hier jeder Netzbetreiber sein eigenes System baut (Problem 5).

Ohne Zweifel: Rufnummernportabilität ist ein Schritt zu mehr Wettbewerb. Aber so, wie sie umgesetzt wird, droht sie zum Schrittchen zu verkommen. Viele Privatkunden werden die hohen Umstellungskosten scheuen, und es günstiger finden, stattdessen wie bisher nach dem Wechsel eine neue Nummer im Freundeskreis bekannt zu geben. Handy-Vielnutzer können durch einen Wechsel von den D- in die E-Netze hingegen zumeist so viel Geld sparen, dass es günstiger ist, eine Zeit lang zwei Verträge parallel laufen zu lassen, als den nächsten Wechselzeitpunkt abzuwarten.

So profitieren von der Möglichkeit der Portierung vermutlich vor allem große Firmenkunden mit Rahmenverträgen, die hunderte oder tausende von SIM-Karten umfassen. Doch diese Kunden zahlen bereits heute die niedrigsten Nutzungsentgelte.