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Gibt es bald ersten Einsatz für Weltraum-"Recyclingsystem"?

Satellit Astra 1K soll nachträglich auf richtige Umlaufbahn befördert werden
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SLES Astra sind die in Deutschland und Europa am meisten genutzten Fernseh-Satelliten. Neben Fernsehen sind auch breitbandige Internetzugänge über die Satelliten möglich. Die entsprechende Sky-DSL-Technik wird beispielsweise von der Deutschen Telekom und Strato eingesetzt.

Einen Rückschlag musste Astra aber vor einigen Tagen hinnehmen: Die russische Proton-Rakete lieferte den neuesten, größten und leistungsstärksten Satelliten - Astra 1K - im falschen Orbit ab. Statt in 36 000 Kilometer Höhe drehte Astra 1K zunächst in nur 195 Kilometer seine Kreise. In dieser Höhe kann der Satellit aber nur wenige Wochen überleben, da er von den dort noch vorhandenen Resten der Erdatmosphäre gebremst wird, so dass er schließlich immer langsamer wird, der Erde immer näher kommt, dabei in dichtere Luftschichten eintritt und schließlich verglüht.

Mit an Bord vorhandenem Treibstoff wurde Astra jedoch zwischenzeitlich auf eine relativ stabile Umlaufbahn in 290 Kilometer Höhe gebracht. Der Weg von dort zum Orbit in 36 000 Kilometer Höhe ist aber auf jeden Fall zu weit, um ihn mit Bordmitteln zurückzulegen.

An dieser Stelle bringt sich die Firma Orbital Recover [Link entfernt] ins Spiel, die wir vor zwei Monaten bereits kurz vorgestellt hatten: Deren System SLES könnte von einer einfachen Rakete gestartet am Satelliten im falschen Orbit andocken, und ihn anschließend Huckepack bis auf 36 000 Kilometer befördern. SLES verwendet nämlich statt konventioneller Triebwerke moderne Ionentriebwerke. Diese nutzen den Treibstoff um ein Vielfaches effizienter, sind aber bisher noch wenig erprobt.

Das erste Raumfahrzeug, bei dem der Ionenantrieb als zentrale Antriebskomponente diente, war Deep Space 1 von der NASA. Gestartet im Herbst 1998 als Experimentierplattform für diverse neue Technologien, erreichte der Satellit mehr, als je geplant. Mit Ausnahme von "Startproblemen" bei der ersten Nutzung funktionierte der Ionenantrieb über zig Monate hinweg einwandfrei.

Ionentriebwerke brauchen neben dem Treibstoff noch eine ergiebige Stromquelle. Denn der Treibstoff ist bei den Ionentriebwerken quasi nur "Ballast", der mit hoher Geschwindigkeit fortgestoßen wird; die eigentliche Antriebsenergie liefert der Strom. Bei erdnahen Satelliten werden zu dessen Produktion Solarzellen eingesetzt. Da Solarsegel aber nur einige Kilowatt Strom liefern - im Gegensatz zu den Gigawatt chemischer Leistung bei konventionellen Raketentriebwerke - erzeugen Ionentriebwerke nur ganz wenig Schub. Während Raketen gewöhnlich binnen weniger Minuten die vorgesehenen Geschwindigkeiten und Orbits erreichen, brauchen Ionentriebwerke dafür folglich Monate oder gar Jahre. Im reibungsfreien Weltraum ist es aber bei vielen Anwendungen egal, ob man den notwendigen Schub binnen weniger Minuten aufbringt, oder ihn auf Jahre verteilt.

Ein Start von SLES zur Rettung von Astra könnte frühestens 2004 erfolgen. Somit könnte es bis 2005 oder 2006 dauern, bis der gerettete Astra 1K im ursprünglich geplanten Orbit ankommt. Billiger, als der Neubau eines Satllits und die Aufgabe von 1K dürfte SLES aber allemal sein. Und Wartungsmissionen mit dem Space Shuttle, wie sie für das Hubble-Teleskop bereits durchgeführt werden, sind für normale Satelliten auf jeden Fall zu teuer.