teurer SMS-Chat

Kostenfalle Premium-SMS: Jugendliche werden betrogen

Renate Künast sieht Handlungsbedarf bei Unternehmen und Behörden
Von Marie-Anne Winter

Premium-SMS sind prinzipiell eine gute Idee, wenn sie tatsächlich den versprochenen Mehrwert bieten. Zur Zeit wird mit den teuren Kurznachrichten aber vor allem Jagd auf Minderjährige gemacht, die oft nicht durchschauen, was die offensiv beworbenen Kurzmitteilungen kosten. Wir haben schon über verschiedene Fälle berichtet, in denen Kunden mit Mehrwert-SMS viel Geld aus der Tasche gezogen wurde.

Bundesverbraucherministerin Renate Künast (Grüne) hat deshalb gegenüber dem ARD-Wirtschaftsmagazin Plusminus festgestellt, dass es bei diesen Angeboten Handlungsbedarf bei Unternehmen und Behörden gibt. Vor allem so genannten SMS-Chats werden in Jugendsendern wie MTV und Viva sowie in einigen Jugendzeitschriften beworben. Die Ansprache richtet sich gezielt an Minderjährige. Nach Absenden eines Kennwortes wie z.B. "Flirt" setzen die Jugendlichen einen Chat über ihr Handy in Gang. Die Preise pro abgeschickter SMS betragen dabei zwischen 49 Cent und 2,99 Euro.

Künast fordert "kindersichere Handys"

"Es ist grundsätzlich so, dass Verträge von Jugendlichen zwischen sieben und 18 unter dem Vorbehalt der Genehmigung der gesetzlichen Vertreter sind und sie sich bei Vertragsabschlüssen nur im Rahmen ihres Taschengeldes eigenständig bewegen können. Jetzt muss man überlegen: Reicht das als Sicherung aus oder muss eine neue Technik dazu beitragen, dass man Änderungen vornimmt" sagte Frau Künast bei Plusminus. Es müssten bei diesen neuen technischen Diensten geordnete Verhältnisse geschaffen werden, und das gelte für alle Anbieter, so Künast weiter.

Das Hauptproblem für die Eltern sei vor allem, dass die teuren SMS nach Aussagen der Netzbetreiber (mit Ausnahme von T-Mobile) nicht zu sperren seien. Dass das technisch nicht geht, glaubt die Ministerin allerdings nicht. Sie geht sogar einen Schritt weiter: "Die Hersteller müssen ein Handy anbieten, mit dem man nur telefonieren und private SMS verschicken kann. Dafür ist das Handy ja schließlich da, der Rest muss schlicht und einfach gesperrt sein."

Kurzwahlnummern sind zum Teil illegal

Der Düsseldorfer Anwalt Hermann-Josef Piepenbrock, der auch am Kommentar zur aktuellen Fassung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) als Herausgeber und Autor beteiligt ist, sieht in der Nutzung der fünfstelligen Kurzwahlnummern sogar einen klaren Rechtsverstoß: "Die Nutzung verstößt gegen die Vergaberegeln für Mobilfunkdienste, sie verstößt gegen die Regelungen zur Nutzung von Mehrwertdiensterufnummern, da die andere Rufnummern vorsehen, und sie würde auch gegen die Vergaberichtlinien bei Auskunftsdiensten verstoßen", so Piepenbrock in Plusminus. Denn unter den über 600 fünfstelligen Kurzwahlen, die von den Mobilfunkbetreibern für Premium-SMS genutzt werden, befänden sich auch Kombinationen, die ausdrücklich für Auskunftsdienste reserviert seien. Die Regulierungsbehörde (RegTP) bestätigte auf Anfrage von Plusminus, diese Kurzwahlen nicht zugeteilt zu haben. Sie sei bereits mit den Mobilfunkanbietern im Gespräch.

Jugendliche Nutzer werden systematisch betrogen

Hintergrund der aktuellen Diskussionen sind vermehrte Verbraucherbeschwerden von Eltern, deren Kinder durch Nutzung von SMS-Chats überhöhte Mobilfunkrechnungen verursacht haben. Die Preise dafür sind oft ganz klein in der Anzeige vermerkt. Ein erneuter Preishinweis erfolgt in der Regel erst nach 50 verschickten SMS, dann sind aber oft bereits an die 100 Euro an Kosten aufgelaufen.

Ein Test von Plusminus zeigte, dass der Chat auch in Gang gesetzt wird, wenn die Kinder schreiben, dass sie minderjährig sind. Die Inhalte werden meist von Callcentern oder einem Computer generiert, obwohl den Jugendlichen in der Werbung suggeriert wird, sie könnten "nette Leute treffen". Sobald die Kinder Adressdaten oder Telefonnummern mit dem vermeintlichen Chatpartner austauschen wollen, reagieren manche Anbieter mit einem Systemfehler oder mit Aussagen wie "Dieser Chat muss anonym verlaufen".

Das Thema gewinnt zudem an Brisanz, weil die Mobilfunkanbieter ihren gewerblichen Kunden jetzt auch ermöglichen, für eingehende SMS Gebühren zu verlangen.