Prüfung

Geplante Primacom-Übernahme im Visier der Bundesaufsicht

Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger befürchtet Enteignung der Aktioniäre
Von dpa / Thorsten Neuhetzki

Die geplante Übernahme des Mainzer Kabelnetzbetreibers Primacom durch eine Tochter der US-Investorgesellschaft Apollo ist ins Visier der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) geraten. Es werde geprüft, ob eine Interessengemeinschaft von Aktionären zusammen mehr als 30 Prozent der Anteile halte und somit ein Pflichtangebot zur Übernahme gemacht werden müsse, sagte eine BaFin-Sprecherin heute in Bonn. Primacom soll von der BK Breitband Kabelnetz Holding übernommen werden. Apollo bietet den Aktionären des Mainzer Kabelnetzbetreibers derzeit fünf Millionen Euro, das wären 25 Cent je Aktie.

Nach Meinung der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) ist dieses Übernahmeangebot, das am 8. Juni auf der Hauptversammlung vorgelegt werden soll, ein "dreister Coup", mit dem die Aktionäre "enteignet werden sollen". Die Primacom-Vorstände erhielten Verträge mit der neuen Gesellschaft und hätten daher offensichtlich eigene Interessen an der geplanten Transaktion, teilte die SdK mit. Die Großaktionäre verfolgten scheinbar einen "Deal". Der Wert der Primacom-Aktie liege mit derzeit rund 50 Cent doppelt so hoch wie das Angebot. Es sei daher "völlig irrational" für die Kleinaktionäre, ein solches Angebot zu akzeptieren. Die Schutzgemeinschaft fordere als Mindestangebot 85 Cent, sagte SdK- Sprecher Markus Straub. Dies entspreche in etwa dem Wert der Aktie, bevor die geplante Übernahme bekannt gegeben worden sei.

Primacom hatte 2003 trotz gestiegenen Umsatzes einen Fehlbetrag von 118,1 Millionen Euro erwirtschaftet. Dazu hatten den Angaben zufolge vor allem Abschreibungen und Zinszahlungen beigetragen. Die Gesamtverschuldung von PrimaCom belief sich auf rund 946,4 Millionen Euro. Der Umsatz wuchs den Angaben zufolge um 15,9 Millionen (8,7 Prozent) auf 197,9 Millionen. Das Betriebsergebnis stieg um 36,3 Millionen auf 19,4 Millionen Euro (2002: minus 16,9). Auch im ersten Quartal dieses Jahren steigerten sich Betriebsgewinn und Umsatz.