TV-Angebote

Konsumenten profitieren vom Kampf ums Wohnzimmer

Bei künftigen interaktiven Fernsehangeboten könnte DSL die Hauptrolle spielen
Von Marie-Anne Winter

Eine entscheidende Voraussetzung für den Aufbau zusätzlicher Erlösquellen ist die Interaktivität der Übertragungsplattform, durch die individuelle, bedarfsgesteuerte Angebote erst ermöglicht werden. Zugangsbetreiber wie der italienische Anbieter FastWeb können sich durch das so genannte Triple Play, die Kombination von Telefonie, Breitband und Video-on-Demand, einen echten Vorteil beim Kampf ums Wohnzimmer erspielen. Hierzulande spielen auch die großen Festnetzanbieter eine Rolle, die Telekom-Tochter T-Online hat mit T-Vision ein Film-Angebot per DSL im Programm und auch Arcor und QSC haben bereits Video-on-Demand-Dienste gestartet.

Während die Kabelgesellschaften in Deutschland vor allem mit der Einführung kostenpflichtiger digitaler TV-Bouquets beschäftigt sind und eine wirklich flächendeckende interaktive Vollaufrüstung des Kabelnetzes in Deutschland unwirtschaftlich ist, könnte hierzulande DSL schon bald zur zentralen Plattform für interaktive Broadband-Entertainment-Dienste avancieren: "Wir gehen davon aus, dass nicht das Kabel, sondern DSL als einzige potenziell flächendeckende interaktive Verbreitungsplattform hier die klar besten Chancen hat", so Cornelius Anger, Spezialist für Zugangsbetreiber bei A.T. Kearney. Ob die so genannte TV over DSL-Technologie, kurz TVoDSL, auch in Deutschland zum Erfolg werden kann, hängt jedoch nicht zuletzt davon ab, inwieweit sich ein kostenpflichtiger Service gegen das bestehende gebührenfinanzierte Free TV-Angebot auf der einen Seite und gegen die zunehmende Nutzung kostenloser Peer-to-Peer-Tauschbörsen auf der anderen Seite durchsetzen kann.

Der Hang des Konsumenten zur kostenlosen Mediennutzung

In der Internet-Piraterie sieht A.T. Kearney ein "gewandeltes Konsumentenverhalten, das durch die zunehmende Verfügbarkeit von breitbandigen Internetzugängen sowie den rasanten Fortschritt bei den Speicher-, Aufnahme- und Abspielgeräten mit eigener Medienverwaltung zum Alltag des digitalen Medienzeitalters gehört."

Ein Beispiel dafür, wie die Industrie dem "Hang des Konsumenten zur kostenlosen Mediennutzung" erfolgreich begegnen könne, liefere der iTunes Music-Store von Apple: "Kostenpflichtige Download-Börsen können sich gegen das kostenlose Peer-to-Peer File Sharing durchsetzen, wenn sie einen klaren Mehrwert bieten", erklärt Fabel. "Während sich der illegale Peer-to-Peer-Tauscher die benötigten Hard- und Software-Komponenten selbst zusammenstellen muss, bietet ihm Apple eine komfortable Bundle-Lösung, die mit iTunes und iPod Inhalte, Soft- und Hardware bestmöglich kombiniert."

Mehr Bandbreite bringt auch mehr Piraten

Gelinge dies nicht, so werde der Aufbau von Video-on-Demand- und Pay-TV-Angeboten extrem erschwert. Wenn man von einer vergleichbaren Entwicklung wie im Musikgeschäft ausgeht, wäre bereits 2006 mit einem Umsatzverlust von bis zu 25 Prozent der Video- und Kino-Umsätze durch Peer-to-Peer File Sharing zu rechnen. Zusätzliche Dynamik erhält diese Entwicklung nicht zuletzt im Zuge des raschen Aufbaus der DSL-Breitband-Infrastruktur. "Erfahrungen aus dem In- und Ausland zeigen, dass Internet-Piraterie ganz klar durch die wachsender Bandbreite an Bedeutung gewinnt", so Martin Fabel. "Daher rechnen wir mit einem deutlichen Anstieg beim illegalen File Sharing auch im Video-Bereich - wenn ausreichend Bandbreite in Deutschland zur Verfügung steht."

Ob Programmanbieter, Zugangsbetreiber oder Endgerätehersteller - der Kampf ums Wohnzimmer wird entlang der gesamten Home Entertainment-Wertschöpfungskette ausgetragen. "Es gibt viel zu gewinnen und viel zu verlieren", so Fabel. Ein Gewinner aber stehe schon heute fest: "Von dem Schlagabtausch, den sich Mediengiganten und Endgerätehersteller liefern, profitiert vor allem der Konsument, dem der intensive Wettbewerb eine bessere Auswahl, Vielfalt und Qualität von Programmen, Services und Endgeräten und ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis beschert - auch oder gerade weil mit der zunehmenden interaktiven Multimedia-Nutzung das Medienbudget insgesamt nicht in gleichem Maße steigt."

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