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Niedersachsen: Wenig Strahlung

Mobilfunkfelder in Niedersachsen liegen weit unter den Grenzwerten
Von Michael Plura

Die Mobilfunkfelder in Niedersachsen liegen weit unter den Grenzwerten. Der gesetzlich zulässige Rahmen wird nur zu einem Bruchteil ausgeschöpft. Das ist das Ergebnis einer Messreihe, die der TÜV im Auftrag des Informationszentrums Mobilfunk e. V. (IZMF) durchgeführt hat. Gemessen wurde in Abstimmung mit den niedersächsischen Spitzenverbänden in 25 Kommunen an über 100 Orten im Land. Die Ergebnisse wurden heute in Hannover im Rahmen der Auftaktveranstaltung der Informationsreihe "TÜV und IZMF stellen Mobilfunk auf den Prüfstand" präsentiert. "Mit dieser Veranstaltungsreihe wollen wir die Hintergründe des Mobilfunks transparent machen und Unsicherheiten gegenüber der Technik ausräumen", erklärt Dagmar Wiebusch, Geschäftsführerin des Informationszentrums Mobilfunk.

Nach einer vom Bundesamt für Strahlenschutz (2004) in Auftrag gegebenen Befragung zeigt sich die Mehrheit der Bevölkerung noch immer unzureichend über die Mobilfunktechnologie informiert. Nur gut die Hälfte der Befragten ist prinzipiell über die Existenz gesetzlich festgeschriebener Grenzwerte informiert. "Mit der Messreihe wollen wir vor allem einen sachlichen Beitrag zur Aufklärung der Bevölkerung über die Eigenschaften von Mobilfunkfeldern leisten", sagt Wiebusch. Anhand der Ergebnisse können sich die Bürgerinnen und Bürger nun selbst ein detailliertes Bild verschaffen, welche Immissionen in der Nähe von Sendeanlagen und insbesondere in ihren Wohnräumen und im Umfeld von Schulen, Kindergärten oder Krankenhäusern auftreten.

Im Vorfeld der Messungen wurden Vertreter von 25 Kommunen in Niedersachsen aufgefordert, Vorschläge für Antennenstandorte und Messorte einzureichen, die in die Messreihe einbezogen werden sollten. Dieses Angebot stieß auf breite Resonanz. "Die hohe Zahl der eingereichten Messorte in Umgebung von Kindergärten oder Schulen ist Spiegelbild des Wunsches der Bürgerinnen und Bürger, konkrete Informationen zu den an diesen Orten auftretenden Immissionen zu erhalten", resümiert Wiebusch.

An den 119 Messorten in Niedersachsen fanden die TÜV-Ingenieure heraus, dass die Immissionen allesamt weit unter den gesetzlich erlaubten Grenzwerten liegen. Selbst der größte, mit Hochrechnung auf eine theoretische Maximalauslastung ermittelte Wert schöpfte, bezogen auf die Leistungsflussdichte, nur 0,95 Prozent des erlaubten Rahmens aus. Das entspricht weniger als einem Hundertstel des Grenzwertes. Die Mehrzahl der Ergebnisse lag sogar unterhalb eines Tausendstels der zulässigen Obergrenze. Eine Langzeitmessung über 24 Stunden wies zudem nach, dass die Immissionen nachts ab 23.00 Uhr auf ein absolutes Minimum sinken und erst gegen 6.00 Uhr morgens langsam wieder ansteigen. Diese Ergebnisse zeigen, dass für die Bevölkerung keinerlei Grund zur Beunruhigung aufgrund der Mobilfunkfelder in ihrer Umgebung besteht. "Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es derzeit bei derart geringen Feldstärken keinen begründeten Verdacht auf Gesundheitsrisiken", bestätigt Dr. Matthias Otto von der gemeinnützigen Kinderumwelt GmbH in Osnabrück.

Anhand der Messdaten wollen die Experten aber auch aufzeigen, wie sich Mobilfunkfelder in der Realität verhalten. So zeigte sich unter anderem, dass der immer wieder geforderte Sicherheitsabstand von 100 Metern oder mehr um Schulen, Kindergärten oder Krankenhäuser nicht zielführend ist. "Wir fanden in kleinen Entfernungen zur Basisstation oftmals geringere Immissionen als bei größeren Abständen", erklärt Dr. Christian Bornkessel vom Institut für Mobil- und Satellitenfunktechnik (IMST GmbH). Ursache hierfür sind die technischen Eigenschaften der Mobilfunkantennen, die gerade bei geringen Abständen zur Antenne lokale Schwankungen der Feldstärke verursachen können.

Die Messergebnisse zeigen auch den Einfluss von Wänden, Fenstern, Decken und Mauern auf die Ausbreitung von Mobilfunkfeldern. "In Räumen direkt unterhalb der Basisstationen erreichen die Immissionen unter anderem wegen des Dämpfungseffektes durch die verwendeten Baumaterialien nur sehr geringe Werte", stellt Bornkessel fest. "Die Immissionen sind hier oft deutlich geringer als in größerem Abstand außerhalb des Gebäudes."

Die Messreihe sollte auch Aufschluss über die Auswirkung der vier neuen UMTS-Mobilfunknetze geben, die im vergangenen Jahr den kommerziellen Betrieb aufnahmen. Aufgrund der Lizenzbedingungen müssen bis Ende 2005 rund 50 Prozent der Bevölkerung mit dem neuen Mobilfunkdienst versorgt sein. Ergebnis der Auswertungen: Die Experten konnten trotz des Ausbaus der UMTS-Sendekapazität keinen wesentlichen Anstieg der Gesamtimmission feststellen. Ein Vergleich der Immissionen von GSM und UMTS ergab, dass diese aufgrund der identischen Wellenausbreitung und der vergleichbaren Sendeleistung im Mittel übereinstimmen. Ob an einem Messort die GSM- oder die UMTS-Immissionen überwiegen, hängt im einzelnen Fall von der Ausrichtung der Sendeantennen und der Art der eingesetzten Antenne ab. Außerdem zeigte die Messreihe, dass an Messorten, in deren Umgebung sich Radio- oder TV-Sender befinden, die Rundfunk-Immissionen dominieren.

Die Ergebnisse werden in speziellen Workshops für Vertreter der Kommunen und für Ärzte in Hannover (15.06.05), Oldenburg (22.06.05), Braunschweig (29.06.065) und Lüneburg (06.07.05) präsentiert. Experten erläutern anhand exemplarischer Szenarien die komplexen Eigenschaften elektromagnetischer Wellen und vermitteln die technischen und biologischen Hintergründe. "Gerade die Vertreter der Kommunen und die Ärzte sind als Ratgeber bei Fragen zum Mobilfunk besonders gefordert. Wir wollen ihnen mit den Workshops das Rüstzeug für eine kompetente und sachliche Diskussion geben", sagt Wiebusch.

Der interessierten Öffentlichkeit werden die Messergebnisse auf dem "Festtag der Niedersachsen" vom 1. bis zum 3. Juli in Wolfsburg und im Rahmen der Ausstellung "Einfach mobil - wie Handy & Co. die Welt bewegen" vom 5. bis zum 10. September im Leine-Center in Laatzen vorgestellt. Darüber hinaus stehen die Messergebnisse und ihre Bewertungen aus technischer und biologischer Sicht sowie der TÜV-Bericht ab sofort auf der Internetseite des IZMF unter www.izmf.de zum Abruf bereit.