Angst

USA fürchten um Spione und Soldaten bei Aus für Blackberry

Seit dem 11. September setzen die USA verstärkt auf die E-Mail-Maschine
Von dpa / Thorsten Neuhetzki

Es ist inzwischen fast ein Muss für jeden Unabkömmlichen und alle, die sich dafür halten: Das handflächengroße elektronische Gerät namens Blackberry, das E-Mailen und Internet-Surfen in praktisch allen Lebenslagen erlaubt. Doch der kleinen Maschine, die auf Siegeszug durch Vorstandsetagen und Promi-Kreise ist, droht in den USA das Aus. Ein obskurer Patentverwalter will der kanadischen Erfinderfirma RIM den Saft abdrehen. Darüber entscheidet am 24. Februar Bezirksrichter James Spencer in Richmond (Virginia).

Deutsche Blackberry-Fans müssen um ihre kultige E-Mail-Maschine nicht fürchten: die Patentklage betrifft nur die Dienste in den USA. Weil unter den dort rund vier Millionen Kunden aber zehntausende Regierungsangestellte sind, hat der Fall das Justizministerium auf den Plan gerufen. Wichtige Regierungsdienste könnten ohne Blackberry nicht mehr arbeiten, schrieb es an den Richter. Die Armee etwa, und die Spione der Geheimdienste CIA und NSA. Für diese Kunden müsse der Blackberry-Dienst erhalten bleiben, forderte das Ministerium. "Wir glauben, dass es noch eine Reihe komplizierter Fragen zu beantworten gibt, ehe eine einstweilige Verfügung umgesetzt werden kann und die Blackberry-Dienste für diese Gruppen trotzdem bestehen bleiben können", hieß es in der gerichtlichen Eingabe.

Vorteil von Blackberry: Always online

Die US-Regierung setzt seit den Terroranschlägen 2001 auf Blackberry. Damals brachen sämtliche Handy-Netze in New York und Washington stundenlang zusammen, während die Blackberry-Nutzer auf Draht blieben. Das kleine Gerät ist eine Mischung aus Handy und Taschencomputer. Surfen im Internet ist auch mit anderen drahtlosen Klein-Maschinen möglich, aber der Blackberry spielt E-Mail geschützt und sicher und sofort nach Eintreffen auf dem Server auf den kleinen Bildschirm. Lesen, Surfen, Antworten - eine volle Minitastatur macht das viel einfacher als die teils anstrengende Buchstabensuche auf der Zahlentastatur des Handys.

Und das kann richtig süchtig machen. Unter Vielnutzern hat die Maschine schon den Spitznamen "CrackBerry" in Anlehnung an die Droge Crack. Im Zug, im Flughafen, im Taxi sind Blackberry-Besitzer mit flinken Fingern permanent am Ball. Bei Konferenzen wird diskret unter der Tischkante gesurft und gemailt, und manches Unternehmen hat die Geräte aus Sitzungen verbannen müssen. Der US-Verband der Handtherapeuten warnt vor Sehnenscheidenentzündungen und Handwurzelverletzungen. "Machen Sie jede Stunde eine Pause", rät er. "Stützen Sie die Arme auf Kissen."

Patentstreit könnte das Aus bedeuten

Die Blackberry-Revolution will der Patentverwalter NTP stoppen. NTP-Gründer Thomas Campana, ein Ingenieur, sagt, er habe die drahtlose E-Mail-Übertragung Anfang der 90er Jahre erfunden und patentieren lassen. Eine Jury gab ihm 2003 Recht und stoppte die Dienste von Blackberry-Hersteller "Research in Motion" (RIM). Das Urteil wurde ausgesetzt, für Gespräche über eine außergerichtliche Einigung. Die scheiterten vergangenes Jahr. Nun hat das amerikanische Patentamt inzwischen zwar alle fünf der umstrittenen Patente bei einer vorläufigen Überprüfung für ungültig erklärt. Doch kann NTP dagegen Widerspruch einlegen.

"Blackberry den Saft abzudrehen würde Millionen kosten", sagte der Besitzer der Softwarefirma Apresta, Al Smith, dem Sender CNN. "Blackberry ist nicht nur E-Mail, sondern ein tragbares Büro. Wenn das abgeschaltet wird, fließen die Daten nicht mehr, auf die amerikanische Unternehmen angewiesen sind." Blackberry hat nach eigenen Angaben schon mal ein Alternativsystem entwickelt, das die angeblichen Patente umgeht. In großem Stil getestet ist das noch nicht. Deshalb warten Soldaten, Spione, Manager, Promis und Hobby-Blackberryaner gespannt und nervös auf den Richterspruch.