Gesetzentwurf

Bundesregierung setzt Grenzen für Abmahngebühren

Privatpersonen sollen zunächst nicht mehr als 50 Euro zahlen müssen
Von dpa / Björn Brodersen

Die Bundesregierung geht verstärkt gegen Produktpiraterie vor. Künftig können beschlagnahmte gefälschte Produkte einfacher vernichtet werden. Mit dem heute vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf zur Umsetzung einer EU-Richtlinie werden zugleich überzogene Abmahngebühren von Anwaltskanzleien begrenzt.

Horrenden Abmahngebühren gegen Privatpersonen will Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) einen Riegel vorschieben. Bei der Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen soll der Kostenerstattungsanspruch auf 50 Euro für die erste anwaltliche Abmahnung begrenzt werden. "Wer keine geschäftlichen Interessen verfolgt, ist künftig vor überzogenen Abmahnkosten besser geschützt."

Danach wäre künftig folgender Fall nicht mehr möglich: Eine 16-jährige Schülerin hatte im Juli 2006 in einer Internet-Tauschbörse ein einzelnes Musikstück zum Download angeboten. Dies war eine Urheberrechtsverletzung. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen wegen Geringfügigkeit ein. Eine Kanzlei mahnte die Schülerin ab und forderte ein Anwaltshonorar von 2 500 Euro.

Mehr Schutz für das geistige Eigentum im rohstoffarmen Umfeld

Mit verschärften Maßnahmen gegen Produktpiraterie will Zypries mehr Schutz für das geistige Eigentum erreichen. "Produktpiraterie nimmt ständig zu, richtet beträchtliche wirtschaftliche Schäden an und vernichtet Arbeitsplätze. Der Schutz von kreativem Schaffen ist gerade für die deutsche Wirtschaft in einem rohstoffarmen Umfeld von herausragender Bedeutung."

Der Zypries-Entwurf ändert zahlreiche Gesetze zum Schutz des geistigen Eigentums. Dabei werden auch die zivilrechtlichen Auskunftsansprüche eines Rechteinhabers verbessert. Wenn beispielsweise ein Musikverlag entdeckt, dass ein Dritter Musikalben eines bei ihm unter Vertrag stehenden Künstlers im Internet zum Download anbietet, muss er bisher Strafanzeige erstatten und auf ein Strafverfahren hoffen. Bisher darf der Provider den Namen des Anbieters nicht preisgeben. Künftig soll der betroffene Verlag bei einer Klage vor dem Zivilgericht auf Unterlassung oder Schadenersatz beantragen können, dass dem Provider eine Auskunftsbefugnis erteilt wird. Danach kann er seine zivilrechtlichen Ansprüche ohne Umweg über das Strafverfahren gegenüber dem Verletzer geltend machen.

Vereinfacht wird auch die Vernichtung von Piratenware. Gegenwärtig kann eine beschlagnahmte Ware nur vernichtet werden, wenn die Rechtsverletzung gerichtlich festgestellt wurde. Die neue Grenzbeschlagnahmeverordnung sieht ein vereinfachtes Verfahren vor. Danach ist die Vernichtung auch dann möglich, wenn der Verfügungsberechtigte nicht innerhalb einer bestimmten Frist widerspricht. Sein Schweigen gilt dann als Zustimmung.

Phonographische Wirtschaft kritisiert Entwurf

Die Phonographische Wirtschaft kritisierte den Zypries-Entwurf. Damit würden Künstler und Musikwirtschaft doppelt bestraft. "Sie haben den Schaden und müssen auch noch die Kosten der Rechtsverfolgung weitgehend selber tragen." Ausdrücklich wandte sich der Verband gegen die Deckelung der Abmahngebühr. Der Musikwirtschaft und dem Staat entgingen durch Online-Piraterie jährlich Einnahmen in dreistelliger Millionenhöhe. "Mit dem jetzt vorliegenden Entwurf wird das Urheberrecht zum zahnlosen Tiger."

Der Markenverband begrüßt dagegen den Kabinettsbeschluss. Produktpiraterie und Markenfälschung wirksamen Einhalt zu gebieten, sei ein richtiger Schritt, sagte Verbandspräsident Franz-Peter Falke. Der Markenverband forderte aber auch verschärfte strafrechtliche Sanktionen und die Einführung einer Mindeststrafe von einem halben, besser noch einem Jahr Freiheitsstrafe für gewerblich begangene Schutzrechtsverstöße ein.