Trend

Web 2.0 gerät bereits wieder außer Mode

Mitmach-Internet bricht zu neuen Ufern auf
Von dpa / Janko Weßlowsky

Wer dachte, "Web 2.0" sei gerade im Trend, der hat etwas verpasst. Denn das Schlagwort vom Mitmach-Web gerät unter Experten auf der Computermesse CeBIT bereits wieder aus der Mode. Zwar haben Podcasts, Blogs und anderer so genannter "user generated content" das Internet in den vergangenen Jahren umgekrempelt. Doch künftig werden auch Anwender-Projektseiten laut den Branchenvertretern immer professioneller und kommerzieller gestaltet werden. So könnte ein Trend zu Ende gehen, ehe er für viele so richtig angefangen hat.

"Web 2.0 hat im Wesentlichen zwei Veränderungen angestoßen: eine technische und eine soziologische", sagt Harald Summa, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Internetwirtschaft (eco). Auf technischer Seite sei die nächste Stufe das so genannte semantische Web: Cyber-Philosophen wie der US-Amerikaner Tim O'Reilly und John Markoff planen dabei, das Netz intelligenter zu gestalten. So sollen Suchmaschinen etwa stärker die Sprache der Nutzer verstehen. Idealerweise müssen Nutzer dabei nicht mehr einzelne Suchbegriffe in die Suchmaske tippen, sondern können auch offene Fragen formulieren.

Mitmach-Web-2.0 noch für viele zu kompliziert

Die Ausrichtung des Internets habe sich ebenfalls geändert: Hätten früher Profis die Seiten gestaltet, bestimmten beim "Internet von unten" nun Laien stärker die Inhalte. Ob sich dieser Trend zur Demokratisierung aber halte, bleibe abzuwarten. "Das Web 2.0 mit seinen Mitmach-Aktionen ist für viele Anwender noch zu kompliziert zu benutzen", sagt Matthias Greve, Geschäftsführer von web.de. So müsse der Verbraucher jeweils andere Anbieter in Anspruch nehmen, wenn er etwa ein Video hoch laden oder einen Blog betreiben will. Außerdem richteten sich Communitys bislang noch zu stark an einen begrenzten Insiderkreis. Statt "Freak-Gemeinden" seien künftig eher Plattformen für jedermann gefragt. web.de will daher mit der Seite "unddu.de" eine zentrale Anlaufstelle für Surfer bieten, die sich interaktiv austauschen wollen. Dabei können Nutzer etwa eigene Videos hoch laden oder Blog-Einträge erstellen.

Zudem sei auch auf Nutzer-Projektseiten auf Dauer mehr Qualität gefragt, sagt Andreas Gauger, Vorstandsvorsitzender des Internetanbieters 1&1. Auf längere Sicht könnten verwackelte Amateurvideos daher ihren Reiz verlieren. Bei Podcasts oder auf Seiten wie YouTube dürften sich daher dauerhaft nur professionell gemachte Angebote durchsetzen. "Früher wollte jeder seine eigene Homepage - das hatte sich aber auch bald ausgereizt", sagt Gauger. Ernst zu nehmende Blogs würden heute schon teilweise so professionell betrieben wie eine Tageszeitung.

Ein Problem bei Community-Portalen sei die Sicherheit der Daten und die Vertrauenswürdigkeit der Mitglieder, erläutert Greve. Oft seien Inhalte nicht geschützt und für jedermann zugänglich. Professionelle Seiten könnten dagegen besseren Schutz bieten und die Echtheit der Mitglieder prüfen. Dabei könne der Zugang nur für Freunde und Bekannte freigeschaltet werden, so dass etwa Bilder von Jugendlichen besser geschützt seien.

Mobile Nutzung steht vor starker Entwicklung

Auch kommerzielle Anwendungen seien in Verbindung mit Nutzerprojekten künftig stärker zu erwarten. Zwar seien derzeit die Preise für die mobile Internetnutzung noch zu hoch. Künftig dürfte dieser Bereich sich aber stark entwickeln, sagt Gauger. Dadurch könnten Nutzer nicht nur unterwegs Handyvideos hoch laden, sondern auch beim Einkauf im Elektronikmarkt Kundenbewertungen eines Produktes oder einen Preisvergleich einholen.

Virtuelle 3D-Welten wie Second Life könnten im Zuge der zunehmenden Breitband-Entwicklung stärkeren Zulauf erhalten. "So ist es sicher nur eine Frage der Zeit, bis etwa die ersten Star-Trek-Fans sich ihre eigene virtuelle Science-Fiction-Welt aufbauen", sagt Gauger. Spätestens dann sei man aber endgültig im so genannten Web 3.0 angekommen.