Festnetz

Servicequalität für Festnetzkunden entscheidend

Studie konstatiert Mangel an Kundenverständnis bei Festnetzanbietern
Von Christian Horn

Die neue Studie "Consumer Excellence im Festnetz" des Marktforschungsunternehmens Oliver Wyman konstatiert erhebliche Differenzen darin, was für die Zufriedenheit von Festnetzkunden aus der Sicht der Kunden selbst entscheidend ist und was Festnetz-Manager glauben, dass die Kunden es für wichtig erachten. Die der Studie zu Grunde liegenden Umfragen bei europäischen Festnetzkunden und -Managern habe ergeben, "dass es den Festnetzanbietern an tiefgreifendem Kundenverständnis fehlt." Damit bestätigen sich auch die Ergebnisse einer anderen Untersuchung, die Ähnliches für die DSL-Anbieter konstatierte.

Servicequalität hat den größten Einfluss auf Kundenzufriedenheit

Aus Sicht der Kunden ist die Servicequalität noch vor dem Preis das entscheidende Kriterium für ihre Zufriedenheit. 55 Prozent der rund 2000 befragten europäischen Festnetz-Nutzer gaben an, dass die Servicequalität den größten Einfluss auf ihre Zufriedenheit hat. Es folgen der Preis mit 31 Prozent und das Produkt selbst mit nur 14 Prozent. 44 Prozent der befragten 110  Manager hingegen glauben, der Preis habe für den Kunden die größte Bedeutung und 36 Prozent halten das Produkt für wichtig. Das für die Kunden wichtigste Kriterium Servicequalität hingegen halten nur 20 Prozent der Manager für entscheidend für die Kundenzufriedenheit.

Der Studie zufolge führt dieses mangelnde Kundenverständnis seitens der Anbieter zu einer falschen Positionierung am Markt. Die Festnetzanbieter würden sich nach wie vor als Technologieanbieter verstehen, die ihren Markterfolg in Produktinnovationen suchen. Die Kunden jedoch "würdigen die große Anzahl an neuen und innovativen Produkten kaum" und die Festnetzanbieter übersehen, dass "die Verbesserung der Servicequalität der effizienteste Hebel zur Steigerung der Kundenzufriedenheit ist."

Ein Verständnis für die Sicht der Kunden ist jedoch entscheidend für die Bestandskundenbindung. Die Mündigkeit der Kunden sei seit Auflösung der Telekom-Monopole deutlich gestiegen, während gleichzeitig die Kundenloyalität zurückging. Kunden würden heute viel schneller als noch vor wenigen Jahren aus Gründen der Unzufriedenheit den Anbieter wechseln und dieser Trend werde sich in Zukunft noch verstärken. Deshalb müsse die Kundenbindung durch verbesserte Servicequalität primäres Ziel der Anbieter sein. Die klassische Methode der Kundenbindung durch mehrjährige Vertragslaufzeiten wird nach Ansicht der Studie hier mittelfristig ausdienen.

Problemlösungskompetenz wichtiger als Freundlichkeit

Die Studie kommt des Weiteren zum Ergebnis, dass ein Großteil der Investitionen der Festnetzanbieter zur Verbesserung ihrer Servicequalität in Bereichen tätigen, die für die Kunden vergleichsweise geringe Bedeutung haben. Während die Anbieter in Optimierung ihrer Produkte, ihre Erreichbarkeit sowie für die Produktkompetenz und Freundlichkeit ihrer Mitarbeiter investieren, will der Großteil der Kunden "weder immer kompliziertere Produkte noch mehr Auswahl haben" oder der "Telekommunikationsverkäufer die komplizierten Produkte noch fachkundiger erklären kann." Fazit: Der Kunde ist mit einfacheren Produkten zufrieden, will jedoch, dass dieses Produkt einfach und schnell zur Verfügung steht.

Freundlichkeit und Fachkompetenz des Vertriebs sei dabei für die Kunden von untergeordnetem Interesse. Sie schätzen stattdessen sie Problemlösungskompetenz von Mitarbeitern, die ihr Problem unmittelbar lösen können. Die Anbieter sollten deshalb Produkte, Systeme und Prozesse vereinfachen, anstatt in der falschen Annahme damit die Zufriedenheit der Kunden zu steigern, ihr Budget in Produkt- und Prozessentwicklung zu stecken, rät die Studie.

Europäische Festnetzanbieter gelten als "Service-Loser"

Ob die Analyse der falsch angelegten Strategien der Anbieter und ihre verschiedenen Lösungsvorschläge wie konsequente Marktorientierung, Differenzierung durch Service oder Vereinfachung der Kundenprozesse tatsächlich in einer Verbesserung der Servicequalität und damit gesteigerter Kundenzufriedenheit bei den europäischen Festnetzanbietern münden wird, scheinen die Autoren der Studie jedoch selbst zu bezweifeln. Die Anbieter würden vielmehr Servicequalität aus ihrer vermeintlich objektiven technischen Innensicht beurteilen und nicht die subjektive Sicht der Kunden berücksichtigen. Die Anbieter würden die einfachsten Servicestandards zwar nur unzureichend erfüllen, versuchen aber gleichzeitig ihren Service mit neuen, komplexen Angeboten zu verbessern. In der öffentlichen Meinung und den Medien würden sie als "Service-Loser" gelten, eine Position, die sich auch mit später verbesserten Serviceleistungen nur schwer zu verändern wäre.