Entscheidung

Amtsgericht untersagt Rückverfolgung von Tauschbörsennutzer

Tausch gehöre zum Bereich der Bagatellkriminalität
Von Ralf Trautmann

Wegen offensichtlicher Unverhältnismäßigkeit hat das Amtsgericht Offenburg jetzt in einem Beschluss die Rückverfolgung der IP-Adresse eines Musiktauschbörsen-Nutzers untersagt (Az.: 4 Gs 442/07). Die entsprechende Anfrage der Staatsanwaltschaft beim Provider sei unzulässig, da der Austausch urheberrechtlich geschützter Musikstücke im vorliegenden Fall im Bereich der Bagatellkriminalität anzusiedeln sei. Dies teilt jetzt der Rechtsanwalt Christian Solmecke von der Kölner Kanzlei Wilde & Beuger mit. Die Entscheidung fiel bereits am 20. Juli.

Laut Solmecke könne dies Auswirkungen auf die insgesamt rund 25 000 Strafanzeigen haben, die die Musikindustrie in solchen Fällen seit Anfang des Jahres erstattet hat. Allerdings bedeute dies nicht, dass Nutzer von Tauschbörsen jetzt sorglos urheberechtlich geschützte Musikstücke tauschen könnten: Die Entscheidung des Amtsgerichts Offenburg sei für kein anderes Gericht bindend, zudem sei auch die Schwere jedes individuellen Falles zu prüfen.

Auch eine zweite Entscheidung fällte das Offenburger Gericht: Die geforderten Adressdaten seien Verbindungsdaten, die nur per richterlichem Beschluss gemäß Paragraph 100g StPO verlangt werden dürften. Bislang seien diese oft durch die Provider direkt auf Anfrage der Staatsanwaltschaft mitgeteilt worden. Doch auch diese Entscheidung sei noch höchst umstritten.

Laut Solmecke habe die Musikindustrie derzeit allerdings generell Schwierigkeiten, die Adressdaten von Tauschbörsen-Nutzern herauszufinden: Nach einem Beschluss des Landgerichts Darmstadt würden viele Provider die Verbindungsdaten von Flatrate-Kunden nicht mehr speichern. Der Rechtanwalt vermutet, dass die Entscheidung den Ermittlungsbehörden nicht unbedingt ungelegen komme: Die Vielzahl von Strafanzeigen belasteten die Justiz massiv, zumal circa 95 Prozent der Verfahren eingestellt würden.