Auseinandersetzung

SPD will Urteil aus Karlsruhe zu Online-Durchsuchung abwarten

Union: Sozialdemokaten spielen auf Zeit
Von AFP / Ralf Trautmann

Im Streit um so genannte Online-Durchsuchungen von Computern will die SPD erst nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts eine Entscheidung fällen. "Der Gesetzgeber würde sich doppelt unklug verhalten, die Sache jetzt zu regeln", sagte SPD-Innenexperte Sebastian Edathy dem Tagesspiegel. "Wir sind generell gesprächsbereit, aber derzeit ist die Angelegenheit weder aus technischer noch aus verfassungsrechtlicher Sicht entscheidungsreif", fügte er hinzu. Die Technik sei noch nicht ausgereift, betonte Edathy. Dies habe ein Treffen von Mitgliedern des Bundestagsinnenausschusses mit Sicherheitsexperten des Bundeskriminalamts (BKA) ergeben.

Zugleich kritisierte der Innenpolitiker das Verhalten von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) bei der Zusammenarbeit mit dem Bundesjustizministerium von Brigitte Zypries (SPD). Es sei völlig unverständlich, warum Schäuble eine interministerielle Arbeitsgruppe von Justiz- und Innenministerium zu Online-Durchsuchungen vor sechs Wochen aufgekündigt habe. Schäuble habe hierfür "keinen Bedarf mehr" gesehen, sagte Edathy. Erst auf Drängen der SPD-Fraktion habe die Gruppe schließlich ihre Arbeit wieder aufgenommen.

Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz forderte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) in der Passauer Neuen Presse auf, das Gesetz zur Stärkung der Rechte des Bundeskriminalamts im Anti-Terrorkampf ohne die Online-Durchsuchung auf den parlamentarischen Weg zu bringen. "Wir sollten erst die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Anfang 2008 abwarten, bevor wir über das Thema Online-Durchsuchung entscheiden," sagte er demnach. Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach erklärte dem Blatt zufolge: "Die SPD spielt auf Zeit. Es gibt überhaupt keinen Grund, die Hände in den Schoß zu legen." Bei verfassungsrechtlichen Bedenken der SPD könne das Grundgesetz sofort geändert werden.

Beck: "Wir sind gesprächsbereit. Aber es gibt auch klare Grenzen."

SPD-Chef Kurt Beck hat indes für eine Zustimmung seiner Partei zu den umstrittenen Online-Durchsuchungen Bedingungen gestellt. "Die Prinzipien des Rechtsstaates müssen gewahrt bleiben", sagte Beck der Bild am Sonntag (BAMS [Link entfernt] ). So müssten die Betroffenen die Möglichkeit haben, sich gegen die Durchsuchung privater Daten juristisch zur Wehr zu setzen. Zunächst müsse jedoch sorgfältig abgewogen werden, ob die Online-Durchsuchungen juristisch überhaupt möglich seien. "Es geht um einen ganz sensiblen Bereich der Privatsphäre", sagte Beck demnach. "Wir sind gesprächsbereit. Aber es gibt auch klare Grenzen."

Der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) warf Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) vor, durch ihre Ablehnung der Online-Durchsuchungen die Sicherheit in Deutschland zu gefährden. "Ich halte das Verhalten von Frau Zypries für unvertretbar, weil dadurch eine Lücke im Sicherheitsnetz entsteht, die für uns in Deutschland sehr gefährlich sein kann", sagte Beckstein der Passauer Neuen Presse. Die Ministerin wolle sich "offenbar zunehmend als vermeintliche Hüterin des Rechtsstaates profilieren". Online-Durchsuchungen seien aber dringend notwendig, weil das Internet das "führende Medium für Terroristen" geworden sei, sagte der CSU-Politiker weiter.