Markt

Obermann schwebt gemeinsamer Netzbetrieb vor

Dabei löst sich der Netzbetreiber o2 gerade vom T-Mobile-Netz
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Bei einer Grundsatzrede in London forderte René Obermann die europäischen Regulierungsbehörden auf, die notwendigen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die europäischen Mobilfunknetzbetreiber ihre Netze zusammenlegen oder gemeinsam betreiben können. Der Telekom-Chef wies darauf hin, dass Europas Mobilfunkbetreiber unter großem Druck stünden, ihre Kosten zu reduzieren und Angebote zu erweitern, gleichzeitig seien die Margen in einem "überfüllten Markt" unter steigenden Druck geraten. Laut Obermann gebe es rund 30 Netzbetreiber und rund 70 Netze, die verschiedene Technologien von GSM über GPRS/EDGE bis zu UMTS/HSDPA oder WLAN im Angebot haben. Das berichtet der Online-Dienst www.telecomtv.com.

Dem Bericht zufolge beklagte sich Obermann darüber, dass die bestehenden Mobilfunklizenzen bis ins Detail vorschrieben, welche Netztechnologie eingesetzt werden dürfen. Er forderte die EU-Wächter auf, diese Vorschriften zu lockern, damit die Netzeinhaber einen richtigen Anreiz bekämen, wieder in die Telekommunikations-Infrastruktur zu investieren. Die Regulierer sollten begreifen, dass ein Bedarf nach einer effizienteren Nutzung von Kapital-Ressourcen aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen geweckt werden müsse, auch im Hinblick auf die mögliche Umweltbelastung durch den mehrfachen Aufbau identischer Funknetzwerke an einer Stelle. Die Regulierer sollten es daher erlauben, dass (konkurrierende) Netze zusammengelegt werden können. "Das würde uns erlauben, das Funkspektrum effizienter zu verwenden", sagte der Telekom-Chef.

Analysten: Große Netzbetreiber wollen Marktkonsolidierung

Analysten vermuten hinter Obermanns Forderung jedoch weniger hehre Motive: Sie meinen, dass Wettbewerb den großen Netzbetreibern gar nicht so recht ist und diese im Rahmen einer Marktkonsolidierung wieder klarere Verhältnisse schaffen wollen. In der Tat ist der Mobilfunkmarkt in Europa weitgehend gesättigt und von starkem Wettbewerb geprägt. Der Eingriff der EU-Kommission im Bereich der Roaming-Tarife tut der Branche offenbar richtig weh, wirklich neue Mobilfunk-Kunden sind nicht in Sicht. Analysten gehen daher davon aus, dass echtes Wachstum nur noch in neuen "Emerging Markets", etwa in Indien oder Afrika, möglich sein wird.

Durch den Kauf des Netzbetreibers Orange in den Niederlanden, dessen Netz dann wohl bei der niederländischen T-Mobile (vormals Ben) eingeliedert wird, oder den Erwerb des Anbieters tele.ring in Österreich, dessen Netz bei T-Mobile eingemeindet wurde, ist die Konsolidierung bereits in vollem Gange. Auf Dauer, so Obermann, könne der Mobilfunkmarkt nur noch durch Skaleneffekte angetrieben werden.

Für die Netzwerkbetreiber wäre ein gemeinsamer Netzbetrieb eine tolle Sache. Auf die Kunden könnten steigende Preise zukommen, wenn die Auswahl an möglichen Netzen zurückgeht, weil es kaum noch echten Wettbewerb - etwa bei der örtlichen Versorgungsqualität - gibt. Ganz neu ist die Idee von Obermann übrigens nicht: Das in der letzten Zeit wieder in die Diskussion geratene Roaming von o2-Kunden im T-Mobile-Netz ist ja bereits ein Beispiel für die von Obermann angesprochene gemeinsame Netznutzung.