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Mit picidae die Zensur im Internet umschiffen

Kunstprojekt bietet Zugriffsmöglichkeit auf blockierte Inhalte
Von Christian Horn / Marie-Anne Winter

China ist bekannt für seine weit reichende Praxis der Zensierung von Internet-Seiten, die nicht mit der Regierungspolitik des Landes konform laufen. Das Kunstprojekt picidae will hier Abhilfe schaffen: Bei der Zensur von Webseiten wird durch Inhalte-Filter und URL-Blockierungen der Aufruf missliebiger Webseiten von China aus unterbunden. picidae will nun durch Umwandlung von Webseiten-Inhalten in Bilder eine Möglichkeit bieten, diese textbasierten Blockaden zu umgehen. Das Projekt zielt dabei nicht nur auf China, sondern soll auch in anderen Ländern, in denen das Internet zensiert wird, genutzt werden können.

Bei picidae kann die Webadresse einer zensierten Website eingegeben werden. Die jeweilige Webseite wird dann von picidae in ein Bild umgewandelt und an den Nutzer zurückgeschickt. Damit auf den Abbildern der Webseiten auch gesurft werden kann, setzt der pici-Server mit Imagemaps Links, die angeklickt werden können. Ebenso werden Formularfelder gesetzt, wodurch einfache Formulare verschickt und Suchmaschinen genutzt werden können. So kann beispielsweise Google zwar auch in China genutzt werden, die Suchergebnisse jedoch werden zensiert. Der Umweg über picidae ermöglicht nun auch die Suche nach zensierten Begriffen wie "Tianamen".

Damit die picidae übermittelten Inhalte nicht von Zensurprogrammen erkannt werden, werden die übermittelten Elemente wie Seitentitel, Bildernamen und Links willkürlich benannt. Damit die vom Nutzer eingegeben URLs nicht erkannt werden, wird die Eingabe vor der Übertragung mit Javascript codiert. Um Zensur und Abschaltung zu vermeiden, arbeitet picidae nicht als zentrales System und es gibt keine zentrale Serverliste.

Löcher in der Berliner Mauer

Die Methode wurde von den beiden Künstlern Mathias Jud und Christoph Wachter für das Kunstprojekt ZONE*INTERDITE [Link entfernt] entwickelt. Seinen Namen verdankt das Projekt den ersten Löchern in der Berliner Mauer, die von so genannten "Mauerspechten" geklopft wurden: picidae steht für Specht. picidae bietet Interessierten die Möglichkeit der Mitarbeit durch Betreiben eines pici-Servers oder pici-Proxyservers, durch Übersetzten der picidae-Seiten in andere Sprachen oder durch die Mitarbeit bei der Software-Entwicklung.