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Editorial: Mobile TV am Scheideweg

Separates Sendenetz wirklich finanzierbar?
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Andererseits stellt sich die Frage nach dem Formfaktor: Handydisplays sind für echten Fernsehgenuss doch einfach zu klein. Statt der typischen zwei Zoll eines Handydisplays erscheinen doch eher sieben bis zehn Zoll Displaydiagonale für einen mobilen Fernseher angebracht. Ein größeres Display verlangt aber auch nach einem größeren Gerät, in das wiederum eine größere Antenne und ein größerer Akku passt. Und so zeigte sich bei einem Test der teltarif.de-Redaktion, dass es durchaus praxistaugliche portable DVB-T-Fernseher gibt, bei denen Empfangsstärke, Bildqualität und Akkulaufzeit es zulassen, einen kompletten Spielfilm anzusehen.

Im Auto oder im Zug funktionieren die Geräte allerdings nicht oder zumindest nicht gut und mit häufigen Aussetzern. Andererseits ist auch mit DVB-H-Handys nicht zu erwarten, dass diese in der U-Bahn oder im ICE außerhalb der Großstädte funktionieren. Bei High-end-Anwendungen, beispielsweise Fernsehen in Autos der Luxusklasse für die Passagiere im Fonds, kann dank spezieller Receiver mit mehreren Antennen DVB-T-Empfang auch bei hohem Tempo auf der Stadtautobahn ermöglicht werden. Die reduzierte Auflösung und Framerate von DVB-H dürfte von der Kundschaft hingegen als störend empfunden werden.

Aber zurück zu den bezahlbaren mobilen Fernsehern: Einige haben zusätzlich einen DVD-Player eingebaut, so dass man bei schlechtem Empfang auf eine Konserve umsteigen kann. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis auch ein Speicherkartenslot Standard wird, denn mit modernen Kompressionsverfahren reicht eine bezahlbare Karte mit 1 oder 2 Gigabyte für einen kompletten Spielfilm.

Die Kaufpreise der tragbaren Fernseher liegen zudem deutlich unter dem, was ein 2-Jahres-Abo für DVB-H selbst in der kleinsten Variante voraussichtlich kosten wird. Dennoch belegen diese mobilen Fernseher nur einen Nischenmarkt. Entsprechend schwierig sind die Erfolgsaussichten für Handy-TV.

Wofür dann?

Verschwörungstheoretiker könnten nun auf die Idee kommen, es gehe beim Handy-TV gar nicht um die Etablierung eines neuen, profitablen Dienstes, sondern einfach darum, möglichst viele der durch die Umstellung auf digitales Fernsehen frei werdenden Frequenzen gleich wieder zu verstopfen, damit sie nicht für andere, sinnvollere Zwecke genutzt werden können, insbesondere für breitbandige drahtlose Internetzugänge. Denn bei geringer Nutzerdichte sind die vergleichsweise niedrigen Fernsehfrequenzen für Datendienste dank höherer Reichweite besser geeignet als die derzeit verwendeten hohen UMTS- oder noch höheren WiMAX-Frequenzen.

Gegen solche Theorien spricht, dass sich die Umwidmung von Fernsehfrequenzen zu Datendienstfrequenzen auf Dauer ohnehin nicht verhindern lassen wird. Jüngst hat sie erst wieder die EU-Kommissarin Reding gefordert, die sich auch beim Roaming bereits durchsetzte. Andererseits waren die bestehenden Netzbetreiber in Deutschland schon einmal bereit, bei der UMTS-Auktion den Preis weit höher zu steigern als für eine Zuteilung notwendig, in der Hoffnung, dadurch Konkurrenten verdrängen zu können. Am Ende waren es mit sechs Lizenznehmern zwar so viele wie maximal möglich, doch waren die Kosten für Quam und mobilcom wohl doch zu hoch, so dass beiden noch vor dem UMTS-Marktstart die Luft ausging.

Dient Handy-TV also doch nur dazu, UMTS-Monopole zu sichern?