Gericht

Gericht hegt Zweifel an Verfassungsmäßigkeit der TKÜV

Telekommunikations-Überwachungsverordnung ist eine "eine grundsätzlich staatliche Aufgabe"
Von Thorsten Neuhetzki mit Material von ddp

Das Berliner Verwaltungsgericht hat in einer Entscheidung Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV) geltend gemacht. Die 27. Kammer sah eine entschädigungslose Verpflichtung zur Errichtung und Vorhaltung von Überwachungstechnik als möglicherweise nicht mit der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes vereinbar, wie ein Gerichtssprecher heute mitteilte (Az.: VG 27 A 315.07).

Auslandskopfnutzung bei unbekanntem inländischen Anschluss relevant

Die Richter gaben einem Eilantrag eines britischen Telekommunikationsbetreibers statt und setzten die Verpflichtung zur Einrichtung von Vorkehrungen zur sogenannten Auslandskopfüberwachung vorläufig aus. Der Anbieter bietet als Verbindungsnetzbetreiber anderen Telekommunikationsunternehmen den Transport von Sprache und Daten im internationalen Verkehr an und verfügt hierfür in Deutschland über zwei Vermittlungseinrichtungen. Eine Verkehrsführung vom Inland in das Inland bietet der Anbieter nach Angaben des Gerichts nicht an, ebenso verfügt er über keine Endkunden-Anschlüsse. Die Auslandskopfüberwachung spielt nach Angaben der Bundesregierung "in der Praxis [...] nur dann eine Rolle, wenn die Anschlusskennung des inländischen Kommunikationspartners nichtbekannt ist, aber damit gerechnet wird, dass eine Verbindung zu einem bestimmten Anschluss im Ausland aufgebaut werden wird. In diesem Fall steht in Ermangelung einer bekannten inländischen Anschlusskennung, von der aus die Kommunikation erfolgen soll, die Möglichkeit der Überwachung des inländischen Anschlusses nicht zur Verfügung. Die gesuchte Kommunikation wird aber unter Angabe der Zieladresse durch einen Auslandskopf geleitet."

Laut Gericht handelt es sich bei der Verpflichtung um eine staatliche Aufgabe

Das Unternehmen hatte geltend gemacht, einer der ihr nach der TKÜV obliegenden Verpflichtung aus finanziellen Gründen nicht nachkommen zu können. Mit der Umsetzung der zum 1. Januar 2008 fälligen Verpflichtung seien allein Kosten in Höhe von mindestens 180 000 Euro pro Vermittlungseinrichtung verbunden. Auch würden zusätzliche Personalkosten in Höhe von 450 000 Euro pro Jahr entstehen.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts handelt es sich bei der dem Unternehmen auferlegten Verpflichtung um eine grundsätzlich staatliche Aufgabe. Diese könne nicht entschädigungslos auf Private abgewälzt werden. Auch seien die Kosten unabhängig von der konkreten Geschäftslage des Telekommunikationsanbieters nicht als "geringfügig" anzusehen. Die Auslandskopfüberwachung für das Unternehmen bleibt bis zur endgültigen Klärung der Rechtsfrage im Hauptsacheverfahren ausgesetzt.