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BITKOM: EU-Pläne gefährden Telekommunikationssektor

Verband sieht keinen Grund für Trennung von Netzen und Diensten
Von Björn Brodersen

Der Hightech-Verband BITKOM lehnt Pläne der EU-Kommission ab, Netze und Dienste in der Telekommunikation zu trennen. "Damit würde eine komplette Branche ausgebremst", warnt BITKOM-Präsident Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer. Wenn Telekommunikationsanbieter mit eigenem Netz den Netzbetrieb auslagern müssten, würden Investitionsanreize fehlen. "Die EU sollte im Gegenteil alles tun, damit die Unternehmen weiterhin massiv in ihre Netze investieren und so die Grundlagen für neue innovative Dienste schaffen", so Scheer weiter. EU-Telekom-Kommissarin Viviane Reding hat heute in einem Gastbeitrag auf teltarif.de zum Thema 10 Jahre Tk-Marktliberalisierung ihre Forderung nach einer funktionalen Trennung von Netzwerkzugang und Dienstleistungen als mögliches Instrument für die nationalen Regulierungsbehörden wiederholt.

Für eine Trennung von Netzen und Diensten gibt es laut BITKOM auch aus Verbrauchersicht keinen Grund, denn die reinen Gesprächspreise seien seit der Marktöffnung im Festnetz vor zehn Jahren rasant gefallen. Ein Inlandsgespräch zur Tageszeit habe beispielsweise 1997 noch 31 Cent pro Minute gekostet, heute gebe es dieselbe Leistung für 1 Cent. Inzwischen telefonierten die Deutschen mit Call-by-Call auch für 1 Cent pro Minute in die USA - vor zehn Jahren habe der Preis noch bei 74 Cent gelegen. "Das zeigt, dass der Wettbewerb funktioniert", so Prof. Scheer. Darin unterscheide sich die Telekommunikationsbranche grundsätzlich von der Energiewirtschaft, wo eine Trennung von Netzen und Diensten ebenfalls diskutiert wird.

Der Plan zur Auslagerung des Netzbetriebs ist Teil einer Überarbeitung des europäischen Rechtsrahmens für Telekommunikation. Darin schlägt die EU-Kommission auch eine neue europäische Regulierungsbehörde vor, die mit bis zu 140 Mitarbeitern die EU-Kommission beraten soll. "Dieser Vorschlag ist ebenfalls praxisfern", kommentiert BITKOM-Präsident Scheer. "Wir brauchen keine zusätzliche Bürokratie, sondern lediglich eine klare Aufgabenteilung zwischen der Kommission und den nationalen Behörden." Die bisherige dezentrale Regulierung in den EU-Staaten habe sich bewährt. "Unterschiede in den Ländermärkten müssen wir weiterhin berücksichtigen", betont Scheer.

Fernsehfrequenzen für mobile Breitbandzugänge

Der BITKOM setze sich derzeit stark für einen Ausbau der Breitband-Versorgung in Deutschland ein. Im Dezember vergangenen Jahres verfügten der Bundesnetzagentur zufolge rund 47 Prozent der Haushalte über einen schnellen Internetzugang per DSL oder TV-Kabel. Trotz der insgesamt hohen Nachfrage können die Anschlüsse in einigen ländlichen Regionen bisher nicht kostendeckend eingerichtet werden. "Hier sollte es erlaubt sein, frei werdende TV-Frequenzen zur Breitband-Versorgung zu nutzen", sagt BITKOM-Präsident Scheer. Per Funk könne man sich dann mit Hochgeschwindigkeit ins Internet einwählen. Dafür brauche man aber die Unterstützung von Bund und Ländern.