Mediensucht

Drei Prozent der Bevölkerung sind mediensüchtig

Mediensucht kaum untersucht - Experte rät von radikalem Entzug ab
Von ddp / Marc Kessler

Mediensucht gilt als eine der am wenigsten erforschten psychischen Erkrankungen. Schätzungen zufolge sind rund drei Prozent der deutschen Bevölkerung mediensüchtig, stellt Alexander Groppler von der Schweriner Beratungsstelle für exzessive Mediennutzung und Medienabhängigkeit der Evangelischen Suchtkrankenhilfe fest.

Da es aber keine Erhebungen von behandelten Fällen gebe, sei völlig unklar, wie diese Zahl sich entwickeln werde. Das liege insbesondere daran, dass die Medienlandschaft und damit auch die Sucht so vielfältig seien, so Groppler. Auch gebe es noch keine Studien zu Behandlungserfolgen.

"An Internet-Rollenspielen wie 'World of Warcraft' gehen inzwischen die meisten mediensüchtigen Jugendlichen verloren", erläuterte der Psychologe. Tatsächlich könne man sich dem Sog dieses Spiels, bei dem mehrere Teilnehmer in Fantasie-Charaktere schlüpfen und über Tage hinweg in einer Sagenwelt von Elfen und Monstern gemeinsam Prüfungen bestehen müssen, kaum entziehen. "Ich kann doch meine Freunde nicht im Stich lassen", heiße es dann, wenn die Eltern das Spiel stoppen wollten.

Eine Behandlung funktioniert Groppler zufolge nur, wenn der Patient selbst eine Veränderung wünscht. Von radikalem Medienentzug rate er ab. Die meisten reagierten darauf aggressiv oder depressiv. Mit dem Patienten müsse besprochen werden, was genau so verlockend am Spiel sei, um dann alternative Angebote aus dem realen Leben entgegenzusetzen.

Rund 100 Jugendliche aus ganz Deutschland sind laut Groppler an der Schweriner Beratungsstelle seit ihrer Gründung im November 2006 betreut worden. Bundesweit gebe es noch viel zu wenig hauptamtliche Beratungsstellen. Das Schweriner Beratungsprojekt, finanziert durch eine Spende der Evangelischen Kirche Bayern, läuft im November aus. Eine Verlängerung der Präventions- und Beratungsarbeit steht Groppler zufolge aber schon fest.