verunsichert

Editorial: Die Telekom-Branche und die Kreditkrise

Bisher schlägt sie sich wacker, aber bleibt das so?
Von

Etwas mehr als sechs Jahre ist es her, da wurde bei einem wochenendlichen Krisentreffen zwischen Wirtschaft und Politik eine umfangreiche Staatsbürgschaft für den Mobilfunk-Provider MobilCom beschlossen. Nach umfangreichen Querelen mit dem Partner France Télécom über den gemeinsamen UMTS-Einstieg war es zur Schieflage gekommen. Das Platzen der dotcom-Blase brachte den Büdelsdorfer Konzern dann fast zum Scheitern.

Mit der Staatsbürgschaft bekam er hingegen frisches Geld, konnte seine Geschäfte wieder ordnen, die Kredite zurückzahlen und die Bürgschaft unbenutzt zurückgeben. Außer Spesen für den Einsatz der Politiker und Personalkosten für die Verwaltung und Abwicklung der Bürgschaft entstanden dem Steuerzahler also keine Kosten. Dafür wurden zahlreiche Arbeitsplätze gerettet.

Dennoch wurde die Rettungsaktion von großen Teilen der Wirtschaftspresse als staatlicher Eingriff in den Markt verurteilt. Auch die EU-Kommission sah die Bürgschaft kritisch und stufte diese als Beihilfe ein, die nur unter der Auflage nachträglich erlaubt wurde, dass mobilcom seinen Onlineshop für sieben Monate schließt. Durchgesetzt hatten das konkurrierende Provider, die damals keine Unterstützung erhalten hatten.

Peanuts

Die Politik wäre hingegen froh, wenn die Probleme in der aktuellen Krise ähnlich überschaubar wären wie die nach dem Platzen der dotcom-Blase. Die Bürgschaft für MobilCom betrug damals 200 Millionen Euro, entsprechend 0,2 Milliarden Euro. Im Vergleich zu den Beträgen, mit denen aktuell in der Finanzkrise jongliert wird, sind das sprichwörtliche Peanuts: Für die Bank Hypo Real Estate wurden zunächst 35 Milliarden, dann gar 50 Milliarden Euro benötigt. Für das aktuelle allgemeine Rettungspaket werden gar bis zu 500 Milliarden bereitgestellt.

Die von Bundeskanzlerin Angela Merkel versprochene, aber anders als das Rettungspaket noch nicht beschlossene, Sicherung aller privaten Spareinlagen deutscher Bürger bei deutschen Banken könnte wertmäßig gar über eine Billion Euro betragen. Jedenfalls sind bezüglich der Summe aller privaten Spareinlagen verschiedene Zahlen in den Medien zu finden; so genau weiß anscheinend keiner, wie viel die Bundesbürger genau auf der hohen Kante haben. Zudem dürfte so mancher auf dubiosen Schwarzgeldkonten geparkte Euro in den nächsten Monaten "Heimweh" bekommen: Lieber von den Zinsen brav Steuern zahlen, als dem Risiko ausgesetzt zu sein, Zinsen samt Kapital zu verlieren.

Schon mit dem Banken-Rettungspaket könnte der Staat für tausende MobilComs bürgen. Der Unterschied: Bei MobilCom ging es um die Arbeitsplätze in der Region. Bei einem Bankencrash würde hingegen dem aktuellen Wirtschaftssystem auf einen Schlag der Boden unter den Füßen weggezogen werden. Das Risiko will kein Politiker tragen, und deswegen stehen sie mit den Milliarden Gewehr bei Fuß, wohlwissend, dass sie genau denjenigen Geld geben, die die Krise zu verantworten haben.