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Kontakte pflegen im Internet: Social Network aus Köln

wer-kennt-wen.de hat keine Zielgruppe, aber 4,4 Millionen Nutzer
Von dpa / Thorsten Neuhetzki

Als sie in der Mensa für das Essen anstehen mussten, hatten Fabian Jager und Patrick Ohler die zündende Idee. "Wir haben über das Internet diskutiert und darüber, was sich momentan so bewegt", erinnert sich Ohler. In jenem Sommer 2006 waren virtuelle Plattformen, über die Kontakte geschlossen und gepflegt werden, in Deutschland zunehmend ein Thema. Noch am selben Abend entwarf Ohler ein erstes Konzept für ein eigenes, einfach gestricktes "Social Network". Am 3. Oktober 2006 ging es ans Netz. Seitdem ist wer-kennt-wen.de rasant gewachsen: Derzeit zählt das Netzwerk mehr als 4,4 Millionen Mitglieder.

Vor zwei Jahren waren sie noch Studenten der Computervisualistik. Heute leiten Jager (26) und Ohler (27) ihr eigenes Unternehmen mit 40 Mitarbeitern. Lange waren sie sich nicht sicher, ob ihre Plattform erfolgreich sein würde. "Wer-kennt-wen.de war ein Experiment", sagt Jager. Die Firma, die hinter dem Netzwerk steht, heißt lemonline media limited mit Sitz in Köln. Die beiden Jungunternehmer sind daran zu 51 Prozent beteiligt - die restlichen 49 Prozent hält der Fernsehsender RTL über seine Tochter RTL interactive.

Älteste Nutzerin ist 95 Jahre alt

Im Gegensatz zur Konkurrenz - bei Xing geht es beispielsweise vor allem um Geschäftskontakte - wollen Ohler und Jager keine bestimmte Zielgruppen ansprechen. "Es sind alle Interessen und alle Altersgruppen bei uns vertreten", sagt Jager. Dabei soll die Plattform einfach zu bedienen sein - auch für Menschen, die mit dem Internet nicht viel am Hut haben. Die älteste Nutzerin kommt laut Ohler aus dem Saarland und bringt es auf 95 Jahre. Spiegel Online bezeichnete wer-kennt-wen.de im August als "wohl seltsamstes Social Network, das derzeit in Deutschland aktiv ist". Denn dort tummelten sich nicht nur "Manager, Studenten, Nerds (Computerfreaks), PC-Süchtige und Pubertierende, sondern vornehmlich das Otto-Normalverbraucher-Segment der Generation 40plus - und deren Kinder".

Die Nutzer leben nach Angaben der Geschäftsführer in mehr als 80 Ländern. Wer mitmachen möchte, muss von einem bereits registrierten Mitglied eingeladen werden. Die Nutzer geben ihre wirklichen Namen und keine Pseudonyme an und zahlen nichts für die Dienste.

Die Plattform soll sich über Werbung und Partys finanzieren, die in verschiedenen Städten veranstaltet werden, erklären die beiden Geschäftsführer. Angaben zum Umsatz oder Ergebnis machen sie aber nicht. Nach wie vor das größte soziale Netzwerk Deutschlands ist studiVZ. Diese Plattform ist seit Oktober 2005 online und hatte zuletzt mehr als 5,6 Millionen registrierte Mitglieder.

"Es macht etwas Angst, wie viele Tausend Leute pro Tag dazukommen"

Am Start von wer-kennt-wen.de vor zwei Jahren waren rund 100 Leute aus dem Freundes- und Bekanntenkreis der Firmengründer beteiligt. Danach kam zunächst eine zähe Zeit, denn das Wachstum hielt sich lange in Grenzen. Als die Zahlen dann explodierten, hatten die beiden Chefs, die nebenher noch ihr Studium abschlossen, alle Hände voll zu tun, um die technischen Systeme anzupassen. "Teilweise machte es etwas Angst, zu sehen, wie viele Tausende von Leuten pro Tag dazukommen", räumt Ohler ein. Manchmal seien die internen Erwartungen um ein Vielfaches übertroffen worden. Mit Prognosen über weitere Entwicklung sind die Beiden seitdem vorsichtig.